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Gute Frage, nächste Frage

Wie funktioniert Feuerwerk?

19. Dezember 2024

Für viele Menschen ist die erste Nacht des Jahres die spektakulärste. Und in zwei Wochen ist es wieder so weit: Während sich Hunde und Katzen unter Tischen verstecken, staunen wir hinauf in den Himmel. Aber wie steigen Feuerwerksraketen überhaupt in die Luft, und warum explodieren sie dort in den unterschiedlichsten Farben und Formen?

 

Knisternd frisst sich die Flamme die Zündschnur entlang, erreicht den Boden der Rakete, die zischend hinauf in den Nachthimmel schießt, um hoch über den Häusern in rote, gelbe, grüne Kugeln zu zerplatzen oder sich in langen Leuchtspuren auszubreiten, die unten in den Straßen für offene Münder und große Augen sorgen.

Feuerwerk fasziniert – und das seit Jahrhunderten. Im chinesischen Kaiserreich ließ man es das erste Mal krachen. Wohl Mitte des elften Jahrhunderts wurde dort das Schwarzpulver erfunden und für Brandsätze verwendet. Bei religiösen Festen füllten die Chinesen die leicht entzündliche Mischung aber auch in Bambusrohre und warfen diese ins Feuer – die ersten Chinaböller. Später wurden solche gefüllten Rohre ebenfalls an Pfeile gebunden, angezündet und in die Luft geschossen: mal um Feinde abzuschrecken, mal um böse Geister zu vertreiben.

Niederländische Seefahrer brachten das Schwarzpulver wohl nach Europa, das dort zunächst nur zu militärischen Zwecken verwendet wurde. Erste „Lustfeuerwerke“ sind in Italien für das Jahr 1475 dokumentiert. In Deutschland wurde das erste verbürgte Feuerwerk 1506 gezündet – zu Ehren Kaiser Maximilians I. Im Barock mauserte sich das Feuerwerk dann zum Must-have für jede Fürstenfeier. Mit einem furiosen Lichtspektakel am Himmel ließ sich die eigene Macht und Herrlichkeit schließlich wunderbar und weithin sichtbar demonstrieren.

 

Treibladung mit Tradition

Selbst wenn die Raketen damals noch einfarbig explodierten – an der Treibladung, die sie nach oben schoss, hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert: Schwarzpulver. Diese Mischung aus Holzkohle, Schwefel und Salpeter brennt rasend schnell und setzt dabei Gase wie CO2 oder Stickstoff frei.

Würde man ein Häufchen Schwarzpulver etwa auf einen Tisch streuen und entzünden, würde es einfach abbrennen. Aber eingesperrt in die Papierhülle eines Böllers entsteht durch die sich ausdehnenden Gase ein enormer Druck: Der Böller explodiert mit einem kleinen Lichtblitz und einem lauten Knall.

In einer Rakete wiederum lässt man den Gasen einen kleinen Ausweg: das Loch, das die Zündschnur in den Boden der Rakete gebrannt hat. Aus dieser Düse strömt das Gasgemisch und erzeugt einen Rückstoß – die Rakete hebt ab und steigt bis zu 100 Meter hoch in den Himmel.

 

Stabilisierende Stäbe

Dass sie dabei nicht ins Trudeln gerät, dafür sorgt der lange Holzstab, der an ihrer Seite befestigt ist. Er hält den Schwerpunkt der Rakete unter der Treibladung und sorgt so für einen stabilen Flug. Deshalb sollte man Raketen mit abgebrochener Holzstange auf keinen Fall zünden, da sie andernfalls unkontrolliert durch die Straßen zischen und Menschen verletzen können.

Häufig steigt die Rakete mit einem Heulen oder Pfeifen in die Höhe. Verursacht werden diese Töne von kleinen Explosionen, die pro Sekunde drei- bis viertausendfach aufeinander folgen. Ähnlich wie bei einer Flöte versetzen diese Explosionen eine Luftsäule im Inneren des Feuerwerkskörpers in eine schnelle Schwingung: Es pfeift. Und so wie man mit einer längeren oder dickeren Flöte andere Töne erzeugen kann, kann man je nach Länge und Durchmesser der Raketenhülle und durch den Aufbau des Brennmaterials auch andere akustische Effekte erzielen.

 

Nächste Zündstufe: Effektfüllung

Der Schwarzpulver-Treibstoff für den Aufstieg ist so kalkuliert, dass er genau dann aufgebraucht ist, wenn die im Inneren der Rakete langsam weiterbrennende Lunte das Herzstück des explosiven Flugobjekts erreicht: eine Kammer mit einer weiteren Schwarzpulverladung und den Zutaten für die Leuchteffekte. Die sogenannte Effektfüllung besteht meist aus einer Mischung von Metallsalzen.

Diese zum Leuchten zu bringen ist eine Frage der Atomphysik: Die Metallsalze verbrennen bei Temperaturen von über 1.000 Grad. Diese Hitze regt die Elektronen um ihre Atomkerne an. Sie springen auf ein höheres Energieniveau, von dem sie blitzschnell wieder zurückfallen. Dabei wird Energie in Form von Licht frei. Welche Farbe das Licht hat, hängt von dem jeweiligen chemischen Element ab: Kaliumsalze leuchten violett, Strontiumsalze rot, Bariumsalze grün, Kupfersalze blau, während Natriumsalze – also quasi Kochsalz – gelbe Farbtöne erzeugen.

 

Gut abgemischte Formen

Ob die Rakete in einem Leuchtball explodiert oder sich als Trauerweide aus knisternden Funken über den Nachthimmel ausbreitet, ist abhängig von ihrer Bauweise und der Verpackung der Metallsalze: Will man viele kleine Sterne blitzen lassen, schließt man die Chemikalien in viele kleine, stabile Kügelchen ein. Diese halten die Metalle bei der Explosion länger zusammen und erzeugen so kompakte Lichteffekte. Werden die Effekt-Chemikalien kreisförmig um den Sprengsatz angeordnet, entstehen große, runde Explosionsbilder. In der Pyrotechnik spricht man von einem Bouquet, also einem Blumenstrauß am Firmament.

Mit zylindrisch aufgebauten Explosionskammern wiederum lassen sich Formen wie der Goldregen erzeugen, dessen ausgreifende Funkengebilde wie die Zweige und Blüten des namensgebenden Busches tief hinunter auf die Erde zu reichen scheinen. Und sollen die Raketen beim Aufstieg einen Funkenschweif hinter sich herziehen, stattet man sie mit einer zusätzlichen Effektfüllung aus, die gleichzeitig mit der Treibladung gezündet wird.

 

Feuerwerksbudget in Millionenhöhe

Die verwendeten Effekte und Formen sind über die Jahre und Jahrzehnte immer raffinierter und eindrucksvoller geworden. Doch wie beim Treibmittel Schwarzpulver bleibt das Feuerwerk auch in einem weiteren Punkt seinen Ursprüngen treu: Über 90 Prozent der weltweit benutzten Raketen und Kracher werden in China hergestellt. Größter Importeur sind die USA. Allein das jährliche Feuerwerksbudget für die Freizeitparks der Walt Disney Company wird auf rund 50 Millionen US-Dollar geschätzt. Das ist immerhin gut ein Drittel dessen, was ganz Deutschland pro Jahr verballert. Das bislang teuerste Feuerwerk wurde allerdings 2009 in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, gezündet. Der Wüstenstaat ließ sich die Farbexplosionen zum Nationalfeiertag stolze 17,5 Millionen Euro kosten.

 

Entdeckt, erklärt, erzählt: Der Podcast von #explore