12. Januar 2023
Im Gegensatz zu Wespen oder Hornissen gelten Hummeln als eher gemütliche und friedfertige Hautflügler. Diesen Ruf verdanken sie dem Umstand, dass sie meist alleine und selten aggressiv unterwegs sind – und nicht zuletzt auch ihrer pelzig-rundlichen Erscheinung. Gerade die aber hat die Staaten bildenden Insekten der Gattung Bombus in einen physikalischen Verdacht gebracht: Ihre Körper seien zu dick beziehungsweise ihre Flügel zu klein zum Fliegen. Warum können sie es trotzdem?
Das sogenannte Hummel-Paradoxon geht angeblich auf eine Begebenheit zurück, von der Studierende des deutschen Physikers Ludwig Prandtl berichteten. Demnach soll Anfang der 1930er-Jahre bei einem Abendessen ein Biologe einen Aerodynamiker gefragt haben, warum eine Hummel fliegen könne. Der Aerodynamiker habe flugs auf einer Serviette das Gewicht und die Flügelfläche der Hummel berechnet und festgestellt: Der Auftrieb reicht zum Fliegen nicht aus. Wäre die Hummel so groß und so gebaut wie ein Flugzeug, könnte sie tatsächlich nicht fliegen. Ist sie aber nicht. Denn ihre Flügel sind keine starren Tragflächen, sondern bestehen vielmehr aus dem äußerst elastischen und biegsamen Protein Resilin. Das lässt sich auf die dreifache Länge dehnen, ohne dabei zu reißen. So können Hummeln mit einer kleinen Flügelgrundfläche eine relativ große Luftmasse bewegen.
Im Rotationsprinzip
Im Unterschied zum Flugzeug sind die Flügel der Hummeln außerdem nicht starr an ihren kleinen Körpern befestigt. Die pelzigen Tierchen rotieren ihre Flügel vielmehr kreisförmig umher. Und zwar 200-mal pro Sekunde! Ein Prinzip, das sich auch Hubschrauber zunutze machen. Bei dieser Rotation entsteht ein Wirbel an der Kante der Flügel. Der britische Zoologe Charles Ellington konnte 1996 diesen sogenannten Vorderkantenwirbel erstmals bei einem Nachtfalter nachweisen. Er gibt Faltern, Hummeln und weiteren Insekten den nötigen Auftrieb, um abheben zu können. Nicht zuletzt besitzen die Hummeln in ihren Flügeln ein spezielles Gelenk, das bei Bienen und anderen Insektenarten bislang noch nicht nachgewiesen wurde. Damit können sie beim Fliegen ihren Flügel abknicken und ihre aeronautischen Fähigkeiten weiter erhöhen: Fixierten die Forschenden das Gelenk, konnten die Hummeln 8,5 Prozent weniger Gewicht nach oben ziehen. Ohne eine solche Einschränkung sind die Tiere dagegen in der Lage, problemlos das Doppelte ihres Körpergewichts an Blütenpollen durch die Luft zu bewegen.
Über dem Basislager
Überhaupt sind die rundlichen Summer bewegliche Meisterflieger. Sie können nicht nur vorwärts oder seitwärts, sondern sogar rückwärts fliegen. Und sie kommen dabei überraschend hoch hinaus: Auf dem Mount Everest wurden fliegende Hummeln in einer Höhe von 5.600 Metern beobachtet. Theoretisch sind sie sogar in der Lage, über den Gipfel des höchsten Bergs der Erde hinaus zu kommen. In Laborversuchen sind Hummeln unter Bedingungen geflogen, die der dünnen Luft in 9.000 Metern Höhe entsprechen.
Nichts mehr verpassen: Jetzt kostenlosen #explore-Newsletter abonnieren