16. März 2023
In „Jurassic Park“ finden Forschende in einer in Bernstein eingeschlossenen Mücke das Blut eines Dinosauriers. Daraus lassen sie die riesigen Reptilien wiederauferstehen – mit zunächst imposanten, dann katastrophalen Folgen. Aber wäre es überhaupt möglich, Dinosaurier oder andere Tiere der Urzeit aus DNA wieder zum Leben zu erwecken?
Was in der Fiktion reibungslos funktioniert, ist in der Realität dann oft doch nicht so einfach. Das gilt auch für die Dinosaurier-DNA aus dem Bernstein. Das fossile Baumharz wirkt zwar von außen wie ein optimaler Container für Lebewesen. Schließlich scheinen Mücken oder andere Insekten in ihm perfekt erhalten. Allerdings hält Bernstein viel Wasser, was den Zerfallsprozess von DNA begünstigt. Und von den eingeschlossenen Tieren ist durch die Zersetzung nach ihrem Ableben zumeist ohnehin nur noch der Chitinpanzer übrig. Und der enthält grundsätzlich keine DNA. In Permafrostböden gekühlte, in Mooren mumifizierte oder verkalkte Urzeittiere gelten daher als die deutlich vielversprechenderen DNA-Quellen. Aber auch deren Haltbarkeitsdatum ist nicht unbegrenzt.
Eine Frage der Halbwertszeit
Wenn ein Organismus abstirbt, zerfällt nach und nach seine DNA. Die Halbwertszeit des Erbguts liegt bei 521 Jahren. Nach dieser Spanne ist also nur noch die Hälfte der DNA übrig, nach weiteren 521 Jahren ein Viertel und so weiter und so fort. Bei guter Kühlung – konkret bei Temperaturen von minus fünf Grad – kann sich die Halbwertszeit auf 158.000 Jahre verlängern, wie ein internationales Team von Forschenden herausgefunden hat. Daher sei es durchaus möglich, dass urzeitliches Erbgut bis zu eine Million Jahre überdauert. Die großen Dinosaurier haben aber bereits vor 66 Millionen Jahren das Zeitliche gesegnet. Dass man in ihren Überresten noch genügend brauchbares DNA-Material finden kann, ist daher ausgesprochen unwahrscheinlich.
Den Tyrannosaurus im Hühnchen wecken
Der Traum von der Dino-Auferstehung lebt dennoch weiter. Der US-Paläontologe Jack Horner setzt dazu auf die Nachfahren der Saurier: Vögel. Durch genetische Manipulation will er die Evolution zurückdrehen und die Dino-Merkmale der Vögel wieder hervorholen. Weiteren Forschenden in den USA ist es tatsächlich bereits gelungen, Küken-Embryos mit reptilienartigen Schnauzen zu erzeugen. Anders als Horner wollten sie damit aber nur herausfinden, wie die Vögel zu ihren Schnäbeln kamen. Horners eigene und langjährige Versuche, Vögeln Echsenschwänze wachsen zu lassen, sind bis dato erfolglos geblieben. Ob aus Hühnern eines Tages wieder Raubsaurier werden, steht also noch in den Sternen.
Comeback des Mammuts?
Andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wenden sich einem jüngeren Urzeitbewohner zu: dem Mammut. Von den großen Steppenbewohnern liegt – anders als bei den Dinos – recht gut erhaltenes Erbgut vor. Harvard-Forscher George Church will nun aus der DNA eines mumifizierten Mammutkalbs den zotteligen Vierbeiner neu züchten. Besser gesagt: einen Hybriden aus Mammut und Elefant. Der soll aussehen und sich verhalten wie das Wollhaarmammut, das noch vor 4.000 Jahren durch die sibirische Tundra stapfte. Church und sein Team wollen dazu etwa Erbgutabschnitte für zotteliges Haar und eine dicke, kälteisolierende Fettschicht in das Erbgut eines asiatischen Elefanten einschleusen. Auf diese Weise soll ein Embryo entstehen, der entweder von einer Elefantenkuh als Leihmutter ausgetragen oder in einer künstlichen Gebärmutter aufgezogen wird.
Church hat mittlerweile Investoren und Mitstreiter für sein Mammut-Projekt gefunden. Mit dem Start-up Colossal will er bereits bis 2027 einen Mammut-Elefanten-Embryo zur Welt bringen. Seine Vision: Die Tiere sollen wieder die sibirische Tundra bevölkern – und dabei den Permafrostboden vor dem Auftauen bewahren, indem sie bei der Nahrungssuche mit ihren massiven Füßen und den langen Stoßzähnen Schneeschichten wegkratzen, wodurch die Kälte tiefer in die Erde eindringen kann. Eine urzeitliche Strategie zum Klimaschutz, denn Permafrostböden speichern große Mengen Treibhausgase, die beim Auftauen in die Atmosphäre entweichen.
Ob Church seinen ambitionierten Wiederbelebungsplan tatsächlich technisch realisieren kann, noch dazu innerhalb der anvisierten Zeit, daran gibt es in der Wissenschaftscommunity laute Zweifel. Aber auch wenn es gelingt: Damit der Fußabdruck des Mammuts für das globale Klima tatsächlich ins Gewicht fällt, bräuchte es laut Forschenden aus Potsdam gigantische Herden, die über viele Jahrzehnte heranwachsen müssten, und außerdem Investitionen in Milliardenhöhe. Sehr viel Geld, das man schon heute in andere Klimaschutzmaßnahmen stecken könnte. Oder das man dazu verwenden könnte, einige der 50 Tierarten zu erhalten, die jeden Tag von unserer Erde verschwinden. Ökologisch gesehen ist schließlich jede von ihnen ein Verlust – selbst wenn Schwebfliegen oder Feldhamster nicht so große und imposante Zähne haben wie das Mammut oder der Tyrannosaurus Rex.