06. März 2025
Ohne Wasser wären wir alle nicht existent. H2O ist Lebenselixier für Menschen, Pflanzen und Tiere. Doch der weltweite Wasserbedarf wächst jährlich um ein Prozent. Zugleich frisst der Klimawandel an der kostbaren Ressource. Wie lässt sich die Wasserversorgung in Zukunft sichern und verbessern?
Hahn auf, Wasser marsch: Was in unseren Küchen und Badezimmern so einfach scheint, ist es längst nicht überall auf der Welt. Jeder vierte Mensch auf unserem Blauen Planeten hat keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. Jeder zweite – rund vier Milliarden Menschen – lebt nach Angaben der Vereinten Nationen in Regionen, wo mindestens einen Monat pro Jahr das Wasser sehr knapp wird.
Wasser sparen in Indien
In keinem anderen Land der Erde sind mehr Menschen von dieser Wasserknappheit betroffen als in Indien. 18 Prozent der Weltbevölkerung leben dort – und damit mittlerweile mehr als in China. Das Land zwischen Pakistan, Nepal und Myanmar verfügt aber nur über vier Prozent der weltweiten Süßwasserreserven. Ein großes Problem, dem die indische Regierung unter anderem mit Sparsamkeit begegnen will: Industriebetriebe, die mehr als 100 Kubikmeter Grundwasser pro Tag verbrauchen, wurden dazu verpflichtet, ihren Verbrauch innerhalb von drei Jahren um 20 Prozent zu reduzieren. Durch effizientere Prozesse oder indem sie ihr Abwasser für die industrielle Nutzung wieder aufbereiten.
Unterstützt werden die Sparmaßnahmen durch die Expertinnen und Experten von TÜV NORD India. Die Fachleute führen Prüfungen in besonders wasserdurstigen Industrien durch – von der Zementproduktion über Brauereien und die Stahlindustrie bis zur Möbelproduktion. Dabei ermitteln sie systematisch, wie viel Wasser die Unternehmen tatsächlich verbrauchen und wie viel H2O sich wo konkret einsparen lässt. „Unsere Erfahrung zeigt, dass der Wasserverbrauch durch unser Wasser-Audit um mindestens fünf bis zehn Prozent gesenkt werden kann“, sagt Manojkumar Borekar von TÜV NORD India.
© Adobe StockExtreme Trockenheit auch in Deutschland: Zwischen den Jahren 2018 und 2020 hatte die Landwirtschaft durch die anhaltende Dürre mit Ernteausfällen zu kämpfen.
© Adobe StockMeerwasserentsalzungsanlagen sind weltweit in Betrieb. Es wird daran gearbeitet, sie weniger energieintensiv, weniger teuer und weniger umweltschädlich zu betreiben.
Niedrigwassermanagement in Brandenburg
In Deutschland kommt bislang immer und überall noch genug Wasser aus dem Hahn. Aber die Folgen des Klimawandels machen sich auch hierzulande längst bemerkbar: mit häufigeren und heftigeren Starkniederschlägen, erhöhten Temperaturen und langen Trockenphasen.
Durch die anhaltende Dürre zwischen den Jahren 2018 und 2020 hatte die Landwirtschaft mit Ernteausfällen zu kämpfen, streichholztrockene Wälder fielen leichter dem Borkenkäfer oder Bränden zum Opfer. Das gilt insbesondere für Brandenburg, eines der gewässerreichsten und zugleich niederschlagsärmsten Bundesländer. Um niedrigen Pegelständen in Flüssen, Seen ebenso wie im Grundwasser entgegenzuwirken, hatte die damalige Landesregierung daher 2021 ein Niedrigwasserkonzept (siehe auch Infokasten) entwickelt. Das erklärte Ziel: die auf Entwässerung getrimmte Landschaft in Brandenburg wieder so zu gestalten und die Wassernutzung so zu steuern, dass ein Wassermangel so weit als möglich vermieden wird. Die Umsetzung des Niedrigwasserkonzepts läuft über fünf Jahre, das Projektmanagement haben Fachleute von DMT, einer Tochter der TÜV NORD Group, übernommen.
Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Neubildung von Grundwasser: Das Wasser soll unter anderem durch ein angepasstes Wassermanagement, die Wiedervernässung von Sümpfen und Mooren und die Renaturierung von Gewässern möglichst lange in der Landschaft gehalten werden, damit es in den Boden sickern und so die Grundwasserspeicher kontinuierlich auffüllen kann. Denn aus dem Grundwasser speisen sich Seen ohne Zuflüsse, aber auch die Trinkwasserversorgung, die in Brandenburg zu 95 Prozent mit H2O aus der Tiefe bestritten wird.
Was weltweit zu tun ist
Wasserstress gibt es rund um den Globus. Wie man ihm begegnen kann, liegt für viele Fachleute in Grundzügen auf der Hand: In Industrienationen müssten – wie es in Brandenburg geplant ist – Flüsse und Feuchtgebiete renaturiert, aber auch die Wasserverschwendung reduziert und die Wiederverwendung vorangetrieben werden. Außerdem gilt es, die wasserwirtschaftliche Infrastruktur so anzupassen, dass sie besser für lange Trockenphasen gerüstet ist. In Afrika werden laut der UN in vielen Ländern südlich der Sahara riesige Grundwasserreserven bisher nicht genutzt, die kostengünstiges wie sauberes Wasser liefern könnten. Insbesondere in vielen Entwicklungsländern steht und fällt die Gesundheit von Mensch und Nutztier mit einer verbesserten Wasserreinigung.
Fachleute der UN plädieren aber auch für die Nutzung ungewöhnlicher Wasserressourcen, um der steigenden Trockenheit entgegenzusteuern: etwa eine konsequentere Nutzung von Regenwasser und von Wasser aus der Atmosphäre, vor allem aus Wolken und Nebel. Besonders in den Hochgebirgen der Erde gibt es Gebiete, in denen Regen rar, aber Nebel beziehungsweise eine hohe Luftfeuchtigkeit an der Tagesordnung ist. In Chile, Bangladesch, Ecuador, Tansania und in Israel wurden daher Pilotprojekte auf den Weg gebracht, um das Tröpfchenwasser des Nebels in großen Netzen zu sammeln. In einem Projekt in Nepal konnten sieben dieser Netze eine Siedlung mit 75 Einwohnenden ganzjährig mit Trinkwasser versorgen.
Das Meer entsalzen
Allerdings müssen wir künftig auch die größten Wasserspeicher unseres Blauen Planeten stärker anzapfen, so die Forschenden der UN: Rund 22.000 Meerwasserentsalzungsanlagen sind bereits weltweit in Betrieb, fast 40 Prozent davon im Nahen Osten, etwa in Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien und Israel. Hierzulande sorgen Entsalzungsanlagen auf Helgoland für Trinkwasser. Ägypten ist gerade dabei, seine Entsalzungskapazitäten massiv auszubauen, denn das Land der Pyramiden verfügt neben dem Nil über keine nennenswerten Süßwasserquellen. Bei der Errichtung einer großen Anlage in Port Said waren die Fachleute von TÜV NORD Egypt von Anfang an beteiligt, prüften etwa Pumpen, Druckaustauscher und Druckbehälter.
Doch die Entsalzung von Meerwasser ist eine energieintensive und damit eine ebenso kostspielige wie klimaschädliche Angelegenheit, zumindest wenn sie mit fossilen Brennstoffen betrieben wird. Das United Nations University Institute for Water, Environment and Health empfiehlt in einer Studie daher den verstärkten Einsatz von Strom aus Sonne oder Wind. Günstiger Solarstrom soll in Ägypten bei 17 neu geplanten Anlagen auch die Kosten der Entsalzung deutlich reduzieren. Im Dezember 2024 wurde auf der Halbinsel Soma Bay die bis dato größte komplett solarbetriebene Entsalzungsanlage in Ägypten in Betrieb genommen.
Aber auch die Umweltauswirkungen der Entsalzungsanlagen wollen künftig gemildert werden. Denn bei der Produktion von Trinkwasser bleibt hochkonzentrierte Salzsole zurück, die zumeist mit Chemikalienrückständen aus dem Produktionsprozess zurück ins Meer geleitet wird. Dort kann sie Mikroorganismen zerstören, den Sauerstoffgehalt senken und so küstennahe Ökosysteme gefährden. Das erklärte Ziel etwa von Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme: effizientere Methoden der Meerwasserentsalzung zu entwickeln und voranzutreiben, mit weniger Chemie und einem konsequenten Sole-Recycling. Um den weltweiten Durst aus Ozeanen möglichst nachhaltig zu stillen.
© Adobe StockEine wirksame Maßnahme gegen Wasserstress ist die Renaturierung von Flüssen und Feuchtgebieten.
Wie das Niedrigwasserkonzept in Brandenburg umgesetzt wird
Wo sich früher Moore und Feuchtgebiete erstreckten, wachsen heute in Brandenburg Roggen, Weizen und Mais. Um der Natur Ackerland abzutrotzen, ist hier über die Jahrhunderte ein komplexes Entwässerungssystem entstanden: Entwässerungsgräben wurden angelegt, Bachläufe verändert oder künstlich geschaffen. Gesteuert wird das Entwässerungssystem über mehr als 20.000 Stauanlagen, erläutert Wolf Raber, Projektleiter bei DMT: „Diese Stauanlagen werden seit 1989 vielfach nicht mehr bewirtschaftet und sind defekt. Mit der Folge, dass die Landschaft besonders auf den Hochflächen kontinuierlich leerläuft.“ Für das niederschlagsärmste Bundesland ein eminentes Problem und daher auch ein wichtiger Fokus im brandenburgischen Niedrigwasserkonzept, dessen Umsetzung Raber koordiniert.
„Mit lokalen Verbänden, Gemeinden und Flächennutzenden sowie Behördenvertreterinnen und -vertretern des Landes und der Landkreise entwickeln wir Bewirtschaftungskonzepte für mehr Wasserrückhalt in hydrologischen Einzugsgebieten. So können auch die Bedarfe von Landwirtinnen und Landwirten ebenso wie von der Fischerei bei der Sanierung und Bewirtschaftung von Stauanlagen und anderen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen berücksichtigt werden“, erläutert Raber das Vorgehen. Das Ziel, das dabei alle Beteiligten verbinde: „Die Grundwasserstände und Niedrigwasserabflüsse in Brandenburg zu stabilisieren und die ökologische Qualität der Gewässer, die Wasserversorgung sowie eine nachhaltige Bewirtschaftung der Flächen langfristig zu sichern.“