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Klimaneutraler Verkehr

Was sind E-Fuels?

23. November 2023

Ab 2035 dürfen in der EU nur noch abgasfreie Pkw und leichte Nutzfahrzeuge neu zugelassen werden. Mit einer Ausnahme: Neuwagen mit Verbrennungsmotor erhalten eine Zulassung, wenn sie ausschließlich mit synthetischen und zu 100 Prozent CO2-neutralen Treibstoffen unterwegs sind. Während einige die sogenannten E-Fuels für eine ideale Lösung halten, sehen andere den Einsatz im Auto kritisch. Wir klären die wichtigsten Fragen rund um die synthetischen Kraftstoffe.

 

Was sind E-Fuels?

E-Fuels ist die Abkürzung für Elektrokraftstoffe. Sie werden mithilfe von Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) gewonnen und haben nahezu dieselben Eigenschaften wie fossiles Benzin oder Diesel. Daher können sie auch ohne Umrüstung in normalen Verbrennungsmotoren eingesetzt werden, sofern die Hersteller die Nutzung des alternativen Kraftstoffes für das jeweilige Fahrzeug freigegeben haben.

 

Wie werden die grünen Stromkraftstoffe hergestellt?

Zunächst wird in der Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Der Wasserstoff wird dann im sogenannten Fischer-Tropsch-Verfahren mit CO2 zu einem synthetischen Rohöl verarbeitet und anschließend in unterschiedliche Kraftstoffe raffiniert. Dabei entstehen immer sowohl E-Benzin und E-Diesel als auch E-Kerosin. „Für alle drei Endprodukte braucht es Abnehmer:innen. Es wäre also nicht wirtschaftlich, E-Fuels etwa nur in der Luftfahrt einzusetzen“, sagt Manuel Hagemann, Experte für alternative Antriebe bei TÜV NORD.

 

Wie klima- und umweltfreundlich sind E-Fuels?

Wie bei konventionellem Benzin oder Diesel werden bei der Verbrennung von E-Fuels Stickoxide, Feinstaub und CO2 freigesetzt. Dieses CO2 ist aber unter zwei Voraussetzungen klimaneutral:

  • Die E-Fuels werden ausschließlich mit erneuerbaren Energien produziert.
  • Das erforderliche CO2 wird mit der sogenannten „Direct Air Capture“-Methode aus der Atmosphäre gefiltert oder aus unvermeidlichen Emissionsprozessen etwa der Zement- oder Stahlindustrie aufgefangen.

Dadurch geht bei der Verbrennung der synthetischen Kraftstoffe kein zusätzliches Kohlendioxid in die Luft, und die Emissionsbilanz ist insgesamt CO2-neutral. Im Gegensatz zu Batterie - oder Brennstoffzellenautos kann die Stickoxid- und Feinstaubbelastung der Städte durch den Einsatz von E-Fuels jedoch nicht gesenkt werden. „Diese Emissionen lassen sich aber durch vorhandene Abgasreinigungssysteme signifikant reduzieren“, sagt Helge Schmidt, Experte für Abgasemissionen bei TÜV NORD. „Da sich die Zusammensetzung der E-Fuels bei der Herstellung beeinflussen lässt, versucht man auch auf diesem Wege, die Emissionen von Schadstoffen zu minimieren.“

 

Manuel Hagemann ist Experte für E-Mobilität und alternative Antriebe bei TÜV NORD. Im TÜV-Verband leitet der studierte Maschinenbauingenieur den Arbeitskreis Elektromobilität.

Helge Schmidt ist Experte für Abgasemissionen bei TÜV NORD. Im TÜV-Verband leitet der studierte Maschinenbauingenieur den Arbeitskreis Emissionen im Kraftfahrzeugverkehr.

 

Wie steht es um die Energiebilanz von E-Fuels?

Die Energiebilanz der synthetischen Kraftstoffe ist das gewichtigste Argument gegen einen breiten Einsatz im Straßenverkehr. Denn ihre Herstellung erfordert enorm viel Energie, und Verbrennungsmotoren sind ungleich ineffizienter als E-Motoren.

  • Bei der Produktion von E-Fuels gehen bis zu 60 Prozent der ursprünglich im Strom vorhandenen Energie verloren.
  • Wird der synthetische Kraftstoff anschließend in einem Motor verbrannt, kommen weitere 40 Prozent der im E-Fuel gespeicherten Energie als Abwärme abhanden.
  • Am Ende werden kaum mehr als 16 Prozent der Ausgangsenergie für den Antrieb des Fahrzeuges genutzt.

Ein mit E-Fuels betankter Pkw benötigt daher pro Kilometer gut fünfmal so viel Energie wie ein Elektroauto. Und Grünstrom ist auf absehbare Zeit nicht im Überfluss vorhanden.

 

Welche Rolle können E-Fuels im Autoverkehr spielen?

In der Luftfahrt ebenso wie im Schiffsverkehr sind Batterien auch auf lange Sicht keine Alternative – insbesondere auf der Langdistanz. Diese Branchen wollen daher ihre Wege künftig mit Wasserstoff und mit E-Fuels CO2-ärmer machen. Im Automobilbereich hingegen gilt der E-Motor als beste und effizienteste Lösung zum Erreichen der Klimaziele. Doch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor werden aus dem Straßenverkehr nicht so schnell verschwinden, konstatiert Helge Schmidt von TÜV NORD. Selbst wenn ab 2035 keine konventionellen Verbrenner mehr verkauft werden, dürfte es Schätzungen zufolge rund 15 Jahre dauern, bis der gesamte Fahrzeugbestand in der EU erneuert ist. „Der Einsatz von synthetischen Treibstoffen kann in dieser Übergangsphase wichtig sein, um CO2-Emissionen im Straßenverkehr bilanziell zu reduzieren“, sagt Experte Schmidt.

 

Was kostet der synthetische Kraftstoff?

Um für Autofahrende infrage zu kommen, müssen E-Fuels vor allem erschwinglich sein. Aktuell sind sie allerdings noch keine preisliche Alternative zu fossilen Kraftstoffen, auch da sie bislang nur in geringen Kleinstmengen hergestellt werden. Wenn die industrielle Produktion von E-Fuels anläuft, könnten sich Schätzungen zufolge zunächst Herstellungskosten von zwei bis drei Euro pro Liter ergeben. Damit wären sie drei- bis fünfmal teurer als ein Liter fossiles Benzin, der im Oktober 2023 für rund 60 Cent an den Großmärkten gehandelt wurde. Die Preise für E-Fuels dürften aber sinken, wenn die Produktion weiter steigt und die Herstellungsverfahren optimiert werden. Außerdem wäre die Mineralölsteuer eine Möglichkeit, mit der die Politik synthetische Kraftstoffe gegenüber fossilen wettbewerbsfähig machen könnte.

 

Wann kann man E-Fuels an der Tankstelle zapfen?

E-Fuels können wie fossiles Benzin oder Diesel über das bestehende Tankstellennetz verteilt werden. Die Infrastruktur ist also bereits vorhanden. Bislang werden die synthetischen Kraftstoffe aber nur in einigen wenigen Versuchsanlagen produziert – etwa in einer Pilotanlage im windreichen Chile, an der auch Porsche beteiligt ist. Das Karlsruher Unternehmen Ineratec will 2024 in Frankfurt am Main die erste großindustrielle Produktionsanlage für die Erzeugung vor allem von E-Kerosin in Deutschland in Betrieb nehmen.

Laut einer Analyse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sindbis 2035 weltweit etwa 60 neue E-Fuel-Projekte angekündigt. Davon ist aber nur bei einem Prozent die Finanzierung bereits final geklärt. Selbst wenn alle 60 Anlagen tatsächlich gebaut werden, könnten sie zusammen gerade einmal zehn Prozent des Bedarfs in Deutschland decken. Und das nur dort, wo E-Fuels unverzichtbar sind, also in der Luft- und Schifffahrt und in der chemischen Industrie. Um Investitionen in Produktionsstätten für E-Fuels anzukurbeln, will die EU Unternehmen mit einer festen Quotenregelung Sicherheit für zukünftige Planungen geben.

 

EU-Quote für E-Fuels

2030 müssen nach EU-Vorgaben 29 Prozent der im Verkehrssektor verbrauchten Energie aus erneuerbaren Quellen stammen.

  • Mindestens 5,5 Prozent davon sollen E-Fuels oder moderne Biokraftstoffe aus Abfällen sein.
  • In der Luftfahrt gilt ab 2030 eine E-Fuels-Quote von 1,2 Prozent, ab 2050 sind es 35 Prozent.
  • In der Schifffahrt soll ab 2034 der Anteil von Elektrokraftstoffen bei mindestens zwei Prozent liegen.

 

Wie können Autos ab 2035 „E-Fuels-only“ fahren?

Wie diese neue Fahrzeugkategorie aussehen soll, ist derzeit noch offen. „Es muss unter anderem sichergestellt werden, dass neu zugelassene Fahrzeuge tatsächlich ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können“, sagt Helge Schmidt. „Eine Möglichkeit wären etwa smarte Zapfsäulen, die mit dem Fahrzeug kommunizieren“, so der Abgasexperte. Diskutiert werden auch spezielle Tankstutzen, auf die nur eine E-Fuels-Zapfpistole passt. Mit entsprechenden gesetzlichen Regelungen ist aber erst in den kommenden Jahren zu rechnen.

 

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