26. Oktober 2023
Mit Solaranlagen für Balkon oder Garten können auch Menschen in der Stadt ohne Aufwand eigenen Strom erzeugen. Die Bundesregierung will nun bürokratische und technische Hürden für die Balkonkraftwerke abbauen. Unsere Checkliste klärt die wichtigsten Fragen rund um die kleinen Solaranlagen.
Hao Zhong ist Senior Manager für PV-Systeme bei TÜV NORD.
Was sind Mini-Solaranlagen?
Steckersolargeräte können auf Balkonen, Terrassen und Vordächern montiert oder im Garten aufgestellt werden. Im Vergleich zu PV-Anlagen fürs Dach fallen sie deutlich kleiner aus und sind so konstruiert, dass sie auch von Lai:innen installiert werden können. Bei einem Umzug kann man sie daher einfach mitnehmen. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu ihren großen Verwandten: Der erzeugte Strom dient dazu, einen Teil des eigenen Bedarfs zu decken. Wäschetrockner oder Waschmaschine werden direkt über Balkonstrom versorgt. „Es wird also weniger Strom vom Versorger bezogen, wodurch die Zahlen am Stromzähler langsamer steigen und die Stromrechnung entsprechend geringer ausfällt“, erläutert Hao Zhong, Senior Manager für PV-Systeme bei TÜV NORD. Überschüssiger Strom wird ins Netz eingespeist. Eine Vergütung gibt es – anders als bei Dachanlagen – dafür aber nicht.
Wie funktionieren die Balkonkraftwerke?
Eine Balkon-PV-Anlage besteht aus einem Solarpaneel, einem sogenannten Wechselrichter, einer Halterung und Kabeln. Nach Montage oder Aufstellung wird das eine Ende des Stromkabels mit dem Wechselrichter verbunden. „Der wandelt den Gleichstrom, den das Solarpaneel aus Sonnenlicht erzeugt, in Wechselstrom um“, erklärt Hao Zhong. Das andere Ende des Kabels wird in die Steckdose gesteckt. Der Experte dazu: „Durch die justierbare Halterung kann man den optimalen Neigungswinkel für den Standort und die Jahreszeit einstellen.“ Der liegt in Frühling und Herbst bei 20 bis 25 Grad, im Sommer bei 30 bis 35 Grad und im Winter bei 35 bis 40 Grad. Ein gängiges Steckermodul misst einen Meter mal 1,70 Meter. Zwei Kits können unkompliziert verbunden und ihre Leistung so verdoppelt werden.
Wie effizient sind solche Steckersolargeräte?
PV-Anlagen für den Balkon haben tatsächlich einen höheren Wirkungsgrad als die großen Paneele für Dach oder Feld. „Der Hauptgrund dafür ist ein sehr geringer Effizienzverlust durch die kürzere Kabelübertragung gegenüber großen Solaranlagen“, erläutert Hao Zhong. Stellt man den Winkel des Balkonkraftwerks auf den unterschiedlichen Sonneneinfall der Jahreszeit ein, lässt sich der Wirkungsgrad weiter steigern.
Rechnet sich ein Balkonkraftwerk?
„Balkon-PV-Anlagen rechnen sich quasi immer“, sagt Hao Zhong. Je nach Standort oder Nutzungsverhalten kann es nur etwas länger dauern, bis man die Anschaffungskosten hereingestromt hat. Dabei eignet sich nicht nur der Südbalkon für Balkon-PV. Wichtig ist vor allem, dass der Standort möglichst wenig verschattet ist. Ein Doppelpaneel mit einer Wechselrichterleistung von 600 Watt kostet zwischen 400 und 800 Euro. Seit 1. Januar 2023 sind kleine wie große Solaranlagen von der Mehrwertsteuer befreit. Hinzu kommen aktuell gegebenenfalls noch Installationskosten für eine Sicherheitssteckdose. Bei einem Strompreis von 40 Cent je Kilowattstunde lassen sich jährlich bis zu 200 Euro sparen, überschlägt die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Ein Balkonkraftwerk kann sich so schon nach drei bis vier Jahren rechnen. Die langlebigen Geräte liefern in der Regel 20 Jahre und länger Strom. Da die Netzeinspeisung nicht vergütet wird, ist es wichtig, den Solarstrom direkt zu verbrauchen – also elektrische Geräte anschalten, wenn die Sonne scheint. Ist man tagsüber unterwegs, kann man etwa Waschmaschine, Spülmaschine oder Wäschetrockner auf die Mittagszeit programmieren.
Was sollte man beim Kauf beachten?
Eine Produktnorm für die Geräte wird aktuell entwickelt und für Mitte 2024 erwartet. Bis es so weit ist, sollte man beim Kauf darauf achten, dass das Gerät die Norm VDE-AR-N 4105 und den Sicherheitsstandard der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS 0001:2023-01) erfüllt.
Werden Steckersolargeräte gefördert?
Die Anschaffung und die Installation von Balkonkraftwerken werden in einigen Bundesländern und von vielen Kommunen bezuschusst. In Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern gibt es aktuell bis zu 500 Euro, in Schleswig-Holstein bis zu 200 Euro. Eine Liste von fördernden Städten im Bundesgebiet gibt es hier. Sind die Fördertöpfe erschöpft, können zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder neue Programme aufgelegt werden. Sich vor der Anschaffung der Balkon-PV-Anlage nach aktuellen Fördermöglichkeiten zu erkundigen lohnt sich daher in jedem Fall!
Strom für den Eigenbedarf: Mini-Solaranlagen für den Balkon werden immer beliebter.
Was soll sich durch das Solarpaket 1 für Balkon-PV-Anlagen ändern?
Mit dem Solarpaket 1 will die Bundesregierung den PV-Ausbau auf Dächern und Freiflächen ankurbeln und dabei auch Hürden für Balkonkraftwerke abbauen. So soll die Meldepflicht beim Netzbetreiber künftig entfallen. Erforderlich ist künftig nur noch eine Onlineregistrierung im sogenannten Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur, die zudem auf wenige Angaben vereinfacht werden soll. Hat man die eigene Anlage dort registriert, wird der Netzbetreiber automatisch informiert und gegebenenfalls aufgefordert, den analogen Stromzähler der Nutzenden durch einen digitalen auszutauschen.
Was ist mit den analogen Zählern?
Eine weitere wichtige Neuerung: Ein digitaler Stromzähler soll nicht länger die Grundvoraussetzung sein, um eine Balkonanlage betreiben zu können. Bis zum Austausch durch den Netzbetreiber dürfen übergangsweise die alten analogen Zähler genutzt werden. Wenn man Strom ins Netz einspeist, läuft das Rädchen des Stromzählers dann einfach rückwärts. Selbst wenn man den Balkonstrom also nicht direkt in den eigenen Geräten nutzt, sinkt die Strommenge und damit die Rechnung, die man seinem Versorger bezahlen muss.
Welcher Stecker ist gefordert?
Mini-PV-Anlagen sollten nach bisheriger Empfehlung des Verbands der Deutschen Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) mit einem Wieland-Schutzstecker betrieben werden. Um ihre Installation zu erleichtern, könnte künftig ein einfacher Schukostecker reichen. Die technische Norm, über die der Steckereinsatz geregelt ist, wird aktuell vom VDE überarbeitet.
Darf künftig jede:r ein eigenes Steckersolargerät nutzen?
Mit einem weiteren Gesetzesentwurf will die Bundesregierung die Rechte von Mieter:innen und Wohnungseigentümer:innen in Mehrfamilienhäusern stärken. Die Balkonkraftwerke sollen – wie bereits Wallboxen für E-Autos – in den Katalog der privilegierten baulichen Änderungen aufgenommen werden. Mieter:innen und Wohnungseigentümer:innen haben also einen Anspruch darauf, dass Vermieterinnen und Vermieter sowie die Eigentümergemeinschaft die Installation der Steckeranlage gestatten. Letztere sollen aber ein Mitspracherecht haben, wie die Anlage installiert wird. Der Bundestag muss über die Gesetzesänderung ebenso wie über das Solarpaket 1 noch beraten.