13. März 2025
Neben staatlichen Weltraumbehörden haben längst auch private Unternehmen das All für sich entdeckt: Sie arbeiten unter anderem daran, Raketenstarts erschwinglicher zu machen. Start-ups entwickeln innovative Antriebe – Forschende simulieren den Mond auf der Erde oder setzen sowohl auf ungewöhnliche als auch auf traditionsreiche Baustoffe, um Weltraumschrott zu reduzieren. Wir stellen vier interessante Ansätze und Entwicklungen vor.
Raketen recyceln
13. Oktober 2024, Boca Chica in Texas: Die Szene wirkt, als hätte man das Video rückwärts abgespielt. Wenige Minuten nach dem Start einer Raumfähre ins All kehrt die 71 Meter lange Erststufe des Starships zurück zur Startrampe, wo sie von riesigen Greifarmen eingefangen wird. Der Jubel des Teams von SpaceX war gewaltig: Dem privaten Raumfahrtunternehmen war es erstmalig gelungen, eine Raketenstufe wohlbehalten wieder an der Startrampe „einzuparken“. Ein weiterer großer Schritt zum erklärten Ziel von SpaceX: ein vollständig wiederverwendbares Raketensystem, das künftig auch Menschen zum Mond und später zum Mars bringen soll.
Schon die Erststufe der Trägerrakete Falcon 9 von SpaceX kann auf einer schwimmenden Plattform im Ozean oder nach einem Rückflug in der Nähe des Startorts landen. Auch die Nutzlastverkleidung der Rakete kann aus dem Ozean gefischt und wiederverwendet werden. Verbunden mit einer seriellen Fertigung seiner Raketen, konnte SpaceX die Startkosten damit deutlich verringern und sich so zu einem führenden Unternehmen für kommerzielle Weltraumtransporte mausern. Doch während eine Erststufe der Falcon 9 bislang bis zu 25-mal wiederverwendet wurde, soll die Erststufe des Starships bis zu 1.000-mal zum Einsatz kommen, was die Kosten noch einmal drastisch senken würde.
SpaceX ist allerdings nicht das einzige Raumfahrtunternehmen, das an wiederverwendbaren Raketen arbeitet. Die New-Shepard-Rakete von Blue Origin, dem Raumfahrtunternehmen von Amazon-Gründer Jeff Bezos, ist bereits 2015 erstmals an Fallschirmen unbeschadet wieder auf dem Erdboden gelandet und seitdem mehrmals erneut gestartet. Allerdings zählt sie mit ihren 18 Metern zu den kleinen Raketen und befördert in erster Linie Weltraumtouristinnen und -touristen in vergleichsweise niedrige 110 Kilometer Höhe. Anders als die Raketen von SpaceX ist sie also nicht auf größere Nutzlasten und Flüge in die Erdumlaufbahn und darüber hinaus angelegt. Doch mittlerweile hat Blue Origin gegenüber dem großen Konkurrenten an Boden gewonnen und im Januar zum ersten Mal seine neue Schwerlastrakete New Glenn in den Orbit geschossen, deren Erststufe wiederverwendbar sein soll. Und auch die chinesische Raumfahrtagentur plant eine recycelbare Rakete, dasselbe gilt für die Europäische Weltraumagentur ESA. Mit dem wiederverwendbaren Nachfolger der Ariane 6 ist allerdings erst im nächsten Jahrzehnt zu rechnen.
© Adobe StockAuf der Erde entstehen Innovationen fürs All – häufig geht es dabei um Kostenreduktion, neue Raketenantriebe und wiederverwertbare Baustoffe.
© Adobe StockSchutz der Atmosphäre: Beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglüht der CubeSat vollständig. Der Holzsatellit erzeugt lediglich einen Sprühnebel aus biologisch abbaubarer Asche.
Nachwachsende Satelliten
Seit Dezember 2024 zieht ein kleiner Würfel seine Kreise um die Erde. Ungewöhnlich ist dabei nicht seine Würfelform und Größe, denn sogenannte CubeSats mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern kommen seit Jahren vermehrt zum Einsatz. Besonders macht ihn vielmehr sein Material: Der LignoSat, wie das Entwicklerteam der Universität Kyoto seinen Minisatelliten nennt, besteht aus Magnolienholz. Die Idee dahinter: Am Ende seiner Einsatzzeit soll der Holzsatellit beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre vollständig verglühen und nur einen Sprühnebel aus biologisch abbaubarer Asche erzeugen. Anders als herkömmliche Satelliten würde er also keine Metallpartikel freisetzen, die die Atmosphäre schädigen und die Telekommunikation beeinträchtigen können, wie die Entwicklerinnen und Entwickler des LignoSat von der Universität Kyoto betonen.
Prinzipiell ist Holz im Weltall beständiger als auf der Erde. Schließlich gibt es dort weder Wasser noch Sauerstoff, die es zersetzen oder entzünden können. Wie der natürliche Baustoff mit den Temperaturen und der Strahlung im Orbit zurechtkommt, wird von den Forschenden nun während des Tests mit Sensoren gemessen. Überwacht wird außerdem, ob das Magnetfeld der Erde die hölzerne Struktur durchdringen und die eingebaute Technik stören kann. Ist der Test erfolgreich, könnte Holz künftig Aluminium beim Satellitenbau ablösen, so die Hoffnung der Forschungsgruppe. Und eines Tages gar hölzerne Habitate auf Mond oder Mars entstehen.
Mit Wachs ins Weltall
Der 3. Mai 2024 war für das deutsche Start-up HyImpulse Technologies ein besonderer Tag: Auf dem Testgelände Koonibba in Südaustralien hob erstmals seine zwölf Meter lange Trägerrakete SR75 ab. Mit dem ersten kommerziellen Raketenstart eines deutschen Unternehmens seit Jahrzehnten habe man ein „Zeichen für die Leistungsfähigkeit der Raumfahrtnation Deutschland“ gesetzt und „den Zugang Europas zum Weltraum“ erweitert, so Mitgründer Mario Kobald. Mit seinen Raketen will das Start-up aus Neuenstadt am Kocher in Baden-Württemberg den wachsenden Markt für Kleinsatelliten bedienen, in den auch die EU mit dem geplanten Satellitensystem IRIS² einsteigen will.
Dazu setzt HyImpulse auf einen speziellen Treibstoff: flüssiger Sauerstoff kombiniert mit Paraffin – besser bekannt als Kerzenwachs. Paraffin ist preiswert, kann nicht explodieren. Und es erfordere eine weniger komplexe Technologie, so das Start-up. Auf diese Weise will man die Satelliten-Transportkosten gegenüber konventionellen Kerosinantrieben um bis zu 50 Prozent senken. Der Bedarf an kommerziellen Transportraketen in Europa sei dem Unternehmen zufolge riesig. Entsprechend ist das Team von HyImpulse beileibe nicht das einzige, das auf unserem Kontinent an Miniträgerraketen tüftelt.
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Die Trägerrakete Falcon 9 von SpaceX kann auf einer schwimmenden Plattform im Ozean oder in der Nähe des Startorts landen. Auch die Nutzlastverkleidung der Rakete kann aus dem Ozean gefischt und wiederverwendet werden.
Hierzulande entwickeln beispielsweise auch Isar Aerospace aus München und die Rocket Factory Augsburg eigene Systeme. Zu den potenziellen Kunden zählt etwa die Automobilindustrie, die Satelliten für die Navigation und das automatisierte Fahren benötigt. Die SR75 von HyImpulse soll Satelliten mit bis zu 250 Kilogramm auf eine Höhe von 250 Kilometern bringen können. Das Start-up arbeitet außerdem an einer größeren Rakete, die ab 2026 Kleinsatelliten bis 600 Kilogramm Nutzlast in einem niedrigen Erdorbit von 500 Kilometern entlassen soll.
Mond in Köln
Wie es sich auf dem Mond arbeitet und lebt, darauf können sich Astronautinnen und Astronauten mittlerweile in Köln vorbereiten. In der dortigen Luna-Halle haben die ESA und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf 700 Quadratmetern die Oberfläche unseres Trabanten simuliert. Der Mondstaub – das sogenannte Regolith – wird dabei durch 900 Tonnen Sand aus Vulkangestein ersetzt, der dessen besonderen Eigenschaften entspricht: Weil es auf dem Mond keine Atmosphäre gibt, wird Sand und Staub dort nicht durch Wind und Wetter glatt geschliffen, sondern bleibt extrem scharfkantig. Der Mondstaub ist dadurch „gefährlich beim Einatmen und kann auch die Ausrüstung schädigen“, erklärt ESA-Astronaut Matthias Maurer, Berater des Projekts gegenüber Euronews. Bei Menschen führt Mondstaub zu Atemwegsreizungen und kann mittelfristig Krebs erregen, bei Maschinen kann er in Dichtungen oder mechanische Bauteile gelangen und so ihre Lebensdauer drastisch verkürzen. Das macht ihn laut einer Studie der NASA zu einer der größten Herausforderungen für künftige Mondmissionen.
In der Luna-Halle können Hersteller von Raumanzügen oder Rovern nun testen, ob diese dem extrem feinen Mondstaub standhalten und dicht bleiben. Weitere Schutzmaßnahmen gegen den gefährlichen Staub sollen hier ebenfalls erprobt werden, um den Einsatz auf der lebensfeindlichen Mondoberfläche so sicher wie möglich zu machen. Künftige Mondfahrende können sich aber auch darüber hinaus auf die dortigen Bedingungen vorbereiten: Dass man auf dem Mond aufgrund seiner geringeren Schwerkraft nur ein Sechstel so viel wiegt wie auf der Erde, wird mit einer speziellen Seilaufhängung simuliert. Und dank eines Sonnensimulators können sich die Mondfahrerinnen und -fahrer in Köln an die spezielle Lichtsituation an den Mondpolen gewöhnen, um bei der Landung weniger geblendet zu sein.