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Elektromobilität

Batteriezellen in Deutschland: Wer baut wo?

20. April 2023

Batteriezellen sind das Herzstück eines Elektroautos – technisch wie wirtschaftlich. Seit Jahren kamen die energiereichen Zellen größtenteils aus Asien. Politik und Autoindustrie wollen das ändern: Seit 2020 werden Batteriezellenprojekte in der EU gefördert. Mehr und mehr Akkufabriken werden in Europa angekündigt, hochgezogen oder gehen bereits in Betrieb. Besonders Deutschland will sich dabei zum Mekka der Batterieproduktion mausern. Wir geben einen Überblick, was wo von wem geplant und gebaut wird.

 

Arnstadt (Thüringen): CATL

Ende Januar 2023 hat der chinesische Batteriehersteller CATL am Erfurter Kreuz seine neue Fabrik in Betrieb genommen. Es ist das erste Werk des Unternehmens außerhalb Chinas und bislang das größte seiner Art in Westeuropa: Die Fabrik ist zunächst auf 2.000 Mitarbeitende und eine jährliche Kapazität von 14 Gigawattstunden ausgelegt. Beide Planzahlen werden voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres erreicht. Damit lassen sich etwa 270.000 elektrische Kleinwagen wie der Renault Zoe oder 130.000 Langstreckenstromer wie der Mercedes EQS bestücken. Schrittweise ist ein Ausbau auf 24 Gigawattstunden geplant, um neben Mercedes unter anderem auch BMW mit Batterien zu versorgen. Der bayerische Autobauer ist an CATL beteiligt und hat bis 2030 für 7,3 Milliarden Euro Batteriezellen bei den Chinesen bestellt. Die von BMW in Leipzig, Dingolfing und München produzierten E-Modelle sollen aus dem Werk in Arnstadt bestückt werden, in das CATL nach eigenen Angaben 1,8 Milliarden Euro investiert hat. Die Chinesen ihrerseits haben bereits den Bau einer weiteren Batteriefabrik im ungarischen Debrecen angekündigt: Sie ist auf eine beachtliche Produktionskapazität von 100 Gigawattstunden ausgelegt. Mit Mercedes steht bereits auch der erste Großabnehmer fest. Die Stuttgarter kooperieren seit 2020 mit CATL und betrachten das neue Werk in Ungarn als wichtigen Teil ihres Plans, bis Ende des Jahrzehnts zusammen mit Partnern weltweit acht Zellfabriken mit einer Produktionskapazität von insgesamt mehr als 200 Gigawattstunden zu bauen.

 

​​​​​​​Grünheide (Brandenburg): Tesla

Im März 2022 wurde Teslas Gigafabrik in Brandenburg eröffnet. Mittlerweile laufen in Grünheide 5.000 E-Autos pro Woche vom Band – umgerechnet 250.000 pro Jahr. In der ersten Ausbaustufe sollen es bis 500.000 Stromfahrzeuge werden. Danach will das Unternehmen die Kapazitäten auf bis zu eine Million E-Autos pro Jahr erweitern. Im März 2023 hat Tesla auch eine eigene Batteriefabrik in Grünheide in Betrieb genommen. Komplette Batterien von der Zelle bis zur Montage werden hier aber zunächst noch nicht gebaut. Überhaupt ist die „weltgrößte“ Batteriezellfabrik, die Tesla-Chef Elon Musk 2020 für Grünheide in Aussicht stellte, aktuell unwahrscheinlich geworden. Grund dafür ist der sogenannte Inflation Reduction Act in den USA, der deutliche Steuervergünstigungen für E-Autos und Batteriezellen vorsieht, die in den Vereinigten Staaten produziert werden – oder in Mexiko und Kanada, mit denen die USA entsprechende Freihandelsabkommen abgeschlossen haben. Tesla will sich bei neuen Zellfabriken daher zunächst auf Nordamerika konzentrieren. Die Batteriezellenpläne für Deutschland habe man aber nicht aufgegeben, sondern eher „pausiert“, heißt es vonseiten des E-Autobauers. Wie und wann es in Grünheide mit dem Batteriebau weitergeht und in welchem Maßstab, ist aktuell noch offen.

 

Salzgitter (Niedersachsen): Volkswagen

Der aktuell zweitgrößte Autohersteller der Welt schmiedet momentan die wohl ambitioniertesten E-Auto-Pläne. Bis 2030 will Volkswagen in Europa zusammen mit Partnern sechs Zellfabriken mit einer Gesamtkapazität von 240 Gigawattstunden betreiben, das hatte der damalige VW-Chef Herbert Diess 2021 als Ziel ausgegeben. Den Anfang macht das Werk von Partner Northvolt im nordschwedischen Skellefteå. Das Unternehmen hat im Mai 2022 die ersten Zellen ausgeliefert. In den nächsten Jahren soll die Fertigung auf 60 Gigawattstunden pro Jahr steigen. In Deutschland geht es für VW in Salzgitter los: Ab 2025 soll am niedersächsischen Motorenwerk die Produktion der sogenannten Einheitszelle anlaufen – zunächst mit einer Fertigungskapazität von 16 Gigawattstunden. Später sollen bis zu 2.000 Mitarbeitende Zellen mit einer Kapazität von 40 Gigawattstunden herstellen. Eine dritte europäische Fabrik hat VW in Spanien geplant: Die „Gigafabrik Valencia“ soll 2026 mit der Produktion beginnen und mehr als 3.000 Menschen beschäftigen.

 

Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz): Automotive Cells Company

Neben Deutschland gilt Frankreich als größter Motor beim Aufbau einer europäischen Batteriezellenfertigung. In Kaiserslautern machen Unternehmen aus den Nachbarländern gewissermaßen gemeinsame Sache: Im dortigen Opel-Werk sollen ab Ende 2025 Batteriezellen mit einer Gesamtkapazität von über 13 Gigawattstunden produziert werden. Opels französische Konzernmutter Stellantis (vormals PSA) und die Total-Tochter Saft haben dazu ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Namen Automotive Cells Company (ACC) gegründet. Mittlerweile ist auch Mercedes an dem Joint Venture beteiligt. In der finalen Ausbaustufe ist eine Kapazität von 40 Gigawattstunden geplant, um jährlich 600.000 E-Autos zu versorgen. 2.000 Arbeitsplätze sollen dabei entstehen. Parallel baut das Konsortium im nordfranzösischen Douvrin eine weitere 40-Gigawattstunden-Fabrik, die bereits in der zweiten Jahreshälfte 2023 in Betrieb gehen soll. Ein drittes europäisches Werk will ACC im süditalienischen Termoli aufbauen. Die Gesamtinvestitionen belaufen sich laut dem Unternehmen auf sieben Milliarden Euro. 1,3 Milliarden davon steuern Deutschland und Frankreich bei, aus Italien kommen 370 Millionen Euro an Fördergeldern.

 

 

Parsdorf (Bayern): BMW

Ende 2022 hat der bayerische Autobauer in Parsdorf sein Kompetenzzentrum Batteriezelle eröffnet. Die Batteriezellen, die hier produziert werden, sind allerdings nicht für Serienfahrzeuge vorgesehen. Vielmehr werden in dem Pilotwerk Prototypenzellen zu Entwicklungs- und Erprobungszwecken gebaut. Etwa für die nächste leistungsfähigere Batteriegeneration, die BMW ab 2025 in den Automodellen seiner „Neuen Klasse“ einsetzen will. Die neuen Batteriezellen sollen eine höhere Energiedichte als die bisherigen bieten, also eine größere Reichweite ermöglichen, schneller laden und sich dabei kostengünstiger produzieren lassen. Noch 2023 will BMW außerdem in Parsdorf mit der Erprobung von Feststoffbatterien des Kooperationspartners Solid Power beginnen. Das erklärte Ziel: eine Serienproduktion von Feststoffbatterien auf den Weg zu bringen, die als eine der vielversprechendsten Akkutechnologien der Zukunft gehandelt werden.

 

Heide (Schleswig-Holstein): Northvolt

Ursprünglich sollte Northvolt die Zellfabrik in Salzgitter zusammen mit VW bauen. Diese Pläne sind mittlerweile vom Tisch. Dafür planen die Schweden nun eine eigene Batteriezellfabrik in Deutschland. Und zwar in Schleswig-Holstein in der Nähe von Heide im Kreis Dithmarschen. Der Spatenstich ist für die zweite Jahreshälfte 2023 angesetzt. Ab 2025 sollen hier Batteriezellen mit einer Jahreskapazität von 60 Gigawattstunden produziert werden und 3.000 Arbeitsplätze entstehen. Die Schweden werden dafür von Bund und Land mit insgesamt 155 Millionen Euro gefördert. Da in den USA aber durch den Inflation Reduction Act nun Subventionen in Milliardenhöhe winken, denkt Northvolt darüber nach, zunächst in Nordamerika eine Zellfabrik zu bauen. Um das Projekt in Heide nicht zu gefährden, hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dem Unternehmen weitere Förderungen durch den Bund in Aussicht gestellt. Außerdem ist ein günstigerer Industriestrompreis im Gespräch, der die Industrie allgemein entlasten soll. Das Bundeswirtschaftsministerium will bis Sommer 2023 einen entsprechenden Vorschlag entwickeln.

 

Schwarzheide (Brandenburg): BASF

BASF will in diesem Jahr an seinem brandenburgischen Standort mit der Herstellung von Basismaterialien für Batterien beginnen. Konkret geht es um Material für die Kathode. 200 Arbeitskräfte sollen jährlich bis zu 400.000 Elektrofahrzeuge mit Materialien aus Schwarzheide versorgen. Außerdem will der Chemiekonzern an diesem Standort künftig Akkurecycling betreiben: Anfang 2023 soll eine Pilotanlage in Betrieb gehen, um neben Kobalt und Nickel künftig auch Lithium aus alten Akkus zurückzugewinnen. BASF wird dabei mit 175 Millionen Euro vom Bund und vom Land Brandenburg gefördert. Bis Anfang 2024 ist außerdem eine Anlage geplant, um die sogenannte schwarze Masse – also das, was übrig bleibt, wenn eine Batterie für das Recycling aufbereitet wurde – von 15.000 Elektroautobatterien pro Jahr zu recyceln.

 

 

Batterieförderung in der EU und in Deutschland

Die Batteriezellenproduktion wurde Ende 2019 von der EU-Kommission offiziell als „wichtiges Projekt von gemeinsamem europäischem Interesse“ – kurz IPCEI – anerkannt und darf von Deutschland und weiteren EU-Ländern mit Milliardensummen gefördert werden. Das gilt sowohl für die Aufbereitung der Rohstoffe als auch für die Herstellung der Batteriezellen und das Recycling alter Akkus. Nach Schätzungen der European Battery Alliance könnten mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze im Batteriebereich entstehen, der Markt für E-Auto-Akkus aus Europa könnte bis ins Jahr 2035 auf bis zu 250 Milliarden Euro wachsen. Mit der batterieorientierten Joboffensive will die Politik auch die Arbeitsplatzverluste bei Autoherstellern ebenso wie bei Zulieferern auffangen, die im Zuge des Technologiewandels erwartet werden. Schließlich ist ein Elektroauto einfacher aufgebaut und benötigt weniger Bauteile sowie Arbeitsschritte als ein Verbrenner.

Aktuell (Stand April 2023) sind an den beiden IPCEI-Förderprojekten fast 60 Unternehmen aus zwölf EU-Staaten beteiligt, davon alleine 15 Firmen in Deutschland. Vom Bundeswirtschaftsministerium werden sie in diesem Rahmen mit knapp drei Milliarden Euro gefördert, zwei weitere Milliarden kommen aus anderen Töpfen. Rund acht Milliarden Euro wollen die Unternehmen ihrerseits investieren und dabei 10.000 Arbeitsplätze schaffen. So sollen Produktionskapazitäten für Batteriezellen von über 180 Gigawattstunden entstehen.

 

 

Überherrn (Saarland): SVolt

Eigentlich wollte der chinesische Hersteller SVolt bereits ab 2023 im saarländischen Überherrn Batteriezellen für E-Autos produzieren. Mittlerweile ist klar: SVolts Pläne verzögern sich deutlich. Das Unternehmen rechnet nun damit, dass erst ab Ende 2027 eine Vorserienproduktion und ab 2028 die Serienproduktion starten wird. Anfangs sollen Batterien mit einer Gesamtkapazität von sechs Gigawattstunden produziert werden. Abhängig von der Nachfrage ist ein Ausbau auf 24 bis 32 Gigawattstunden angedacht. Grund für die Verzögerung sei unter anderem das langwierige Ansiedlungsverfahren und die „hochkomplexen Planungen“ für eine solche Fabrik, von denen es bislang wenige in Europa gibt. Auch mit der Modul- und Packfabrik im 30 Kilometer entfernten Heusweiler geht es langsamer voran als ursprünglich erwartet. Statt ab Mitte 2022 sollen hier erst ab Anfang 2024 Batteriezellen zu Modulen montiert werden.

 

Lauchhammer (Brandenburg): SVolt

Um die Verzögerung in Überherrn zu überbrücken, hat SVolt zwischenzeitlich eine Alternative aufgetan: Im brandenburgischen Lauchhammer wollen die Chinesen nun ein weiteres Batteriezellwerk bauen. Dabei hat sich SVolt für den ehemaligen Standort des Windradherstellers Vestas entschieden. Der Vorteil von Lauchhammer: Da es sich anders als in Überherrn bereits um eine bestehende Industriefläche handelt, müssen Fabrik und Infrastruktur nicht von Grund auf neu gebaut werden. Und auch die erforderlichen verfahrensrechtlichen Schritte fallen übersichtlicher aus. SVolt rechnet damit, dass nach diversen Umbaumaßnahmen und einer Testphase die Serienproduktion Anfang 2025 anlaufen kann. Die Kapazität des Werks soll bei 16 Gigawattstunden pro Jahr liegen. Außerdem ist in Lauchhammer eine Modulfabrik geplant, um die Batteriezellen vor Ort direkt zu montieren. Zu den europäischen Abnehmern von SVolt zählt der Stellantis-Konzern mit Marken wie Peugeot, Citroën, Fiat oder Opel. Stellantis will ab 2025 Batteriezellen von SVolt beziehen. Darunter auch Akkus, die komplett ohne das kritische und kostspielige Kobalt  auskommen.

 

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