14. Juni 2018
Auf dem Land sind 3D-Drucker oder Lasercutter meist Hunderte von Kilometern entfernt. Jugendliche, die mit solchen digitalen Zukunftstechnologien experimentieren wollen, gehen deshalb meist leer aus. Der Designer Sebastian Piatza und seine Mitstreiter wollen das ändern. Mit einem rollenden Labor, dem „Fabmobil“, steuern sie Schulen, Jugendzentren und Begegnungsorte in Ostsachsen an und bringen die digitalen Technologien zu den Jugendlichen vor Ort.
Name:
Sebastian Piatza
Alter:
32
Beruf:
Designer und Designforscher, DIY-Pädagoge und Busfahrer
Website:
www.fabmobil.org // www.theconstitute.org
Was ist das Fabmobil?
Das Fabmobil ist ein fahrendes Kunst-, Kultur- und Zukunftslabor für die Oberlausitz. Es ist ein mit Digitaltechnik und Werkzeugmaschinen ausgestatteter Doppeldeckerbus und bietet Workshops und Kurse an – für Kids, Jugendliche und darüber hinaus. Ziel des Fabmobils ist es, „creative technologies“ wie 3D-Druck, Virtual Reality, Robotik und Programmierung in den ländlichen Raum zu bringen: zur Vitalisierung und Aktivierung bestehender Angebote und zum Aufbau neuer, digitaler und zeitgenössischer Kultur- und Erlebnisformate. Das Fabmobil ist regelmäßig in Ostsachsen unterwegs und macht bei Schulen, Jugendzentren und Begegnungsorten halt.
Wie ist die Idee entstanden?
Die Idee entstand aus einer intensiven Betrachtung des ländlichen Raumes und dem dort herrschenden Bedarf nach neuen und digitalen Technologien. Viele junge Leute sind abgewandert, es gibt kaum innovative und zeitgeistige Impulse in den ländlichen und dezentralen Regionen. Unser Engagement hat auch einen politischen Aspekt, denn wir arbeiten mit unseren Projekten und Workshops mit offenen Systemen und schaffen dadurch eine offenere Gesellschaft.
Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Fabmobil?
Es gibt in den ländlichen Regionen Ostdeutschlands eine extreme Leerstelle im Bereich der kulturell-politischen Bildung und der Bildung auf dem Gebiet der neuen Medien. Ziel dieses Projekts ist es, durch regelmäßiges Entwerfen, Testen und Arbeiten mit neuen Technologien ein tieferes Verständnis für die digitalisierte Welt von heute und morgen zu erlangen. Das ist unserer Meinung nach für einen beginnenden Lebensweg im 21. Jahrhundert unabdingbar. Dabei thematisieren wir inhaltlich vor allem kulturelle, soziale und gesellschaftspolitische Aspekte. Es ist uns ein persönliches Anliegen, einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der kulturellen, künstlerischen und sozialen Kompetenz der Jugendlichen in diesen Gebieten zu leisten.
„Mit dem Fabmobil wird das Informationsmaterial breiter verteilt und Aufmerksamkeit für ein regionales Kulturangebot erzeugt, was zur Knüpfung von neuen Netzwerken führen kann.“
Warum haben Sie sich für ein rollendes Labor entschieden?
Mit dem Fabmobil gelangen wir direkt zu den Jugendlichen, was auf dem Land ein großer Vorteil ist. Das Fabmobil verbindet darüber hinaus in intergenerationellen Angeboten jugendliche Smartphone-Profis mit arbeitserfahrenen und teils pensionierten Technikexperten – so kann ein langfristiger und generationsübergreifender Lernprozess stattfinden. Durch den mobilen Charakter des Projekts entsteht eine engere Vernetzung der in der Region verteilten Kultur- und Bildungsorte. Somit wird das Informationsmaterial breiter verteilt und Aufmerksamkeit für ein regionales Kulturangebot erzeugt, was zur Knüpfung von neuen Netzwerken führen kann.
Die größte Herausforderung ist …
… der knappe Zeitraum, den wir haben. Wir brauchen mehr Zeit und mehr Mittel, um das Projekt in die Breite zu entwickeln.
Warum haben Sie sich Ostsachsen als Einsatzort ausgesucht?
Weil wir da ursprünglich herkommen. Ich bin Sorbe, mein Kollege Christian Zöllner ist Oberlausitzer. Wir sind in der Region vielfältig verwurzelt. Ohne ein übertrieben romantisiertes Heimatgefühl.
„Das Fabmobil soll auch 2019 durch Ostsachsen fahren. Und vielleicht in andere Regionen ausschwärmen.“
Wie trägt das Werkeln mit 3D-Druckern, Lasercuttern oder Robotikbaukästen zur Emanzipation der Jugendlichen bei?
Die selbstständige und eigeninitiative Aneignung der Maschinenfunktionen und der Prozesse ist beispielhaft für viele Dinge in digitalen Kontexten. Es geht ums unkomplizierte Loslegen, Fragen, Recherchieren in Onlineforen, das konstruktive Miteinander, gemeinsames interkulturelles und interdisziplinäres Arbeiten … Das erzeugt eine Selbstwirksamkeitserfahrung, und die führt zu Emanzipation.
Wie soll es mit dem Fabmobil weitergehen?
Das Fabmobil soll auch 2019 durch Ostsachsen fahren. Und vielleicht in andere Regionen ausschwärmen, vielleicht gibt es ein Fabmobil-Mini … Wer weiß?
Welches digitale Produkt muss erst noch erfunden werden?
Die Zeitmaschine. Wobei die Frage lautet: „Muss die digital sein?“
Auf welches können Sie verzichten?
99 Prozent aller Geräte und Services, die mit „Smart“ beginnen.
Hätten Sie gerne einen Haushaltsroboter?
Natürlich.
Welche technische Anwendung wird auch Ihnen immer ein Rätsel bleiben?
Laubbläser.
Wann waren Sie das letzte Mal 24 Stunden offline?
Offline, online … Diese Trennung ist echt zwanzigstes Jahrhundert.
Urlaub ohne WLAN: Traum oder Albtraum?
Was ist Urlaub?
Im #explore-Format „Steckbrief“ kommen regelmäßig spannende und inspirierende Menschen aus der digitalen Szene zu Wort: Forscher*innen, Blogger*innen, Start-up-Gründer*innen, Unternehmer*innen, Hacker*innen, Visionäre*innen.