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Steckbrief

Sandra Westermann: Die Jobvermittlerin für Eltern

04. November 2020

Ist das erste Kind auf der Welt, ist die Freude erst mal groß. Nach der Elternzeit wieder in das Berufsleben einzusteigen ist dagegen oft weniger erfreulich – wie auch Sandra Westermann erfahren musste. Deshalb gründete die TV-Produktionsleiterin mit Superheldin.io eine Jobbörse, die Eltern und familienfreundliche Unternehmen zusammenbringt

Name:
Sandra Westermann

Alter:
40

Beruf:
Unternehmerin

Website:
​​​​​​​www.superheldin.io

Was ist Superheldin.io?

Superheldin.io ist die erste Plattform in Deutschland, die Mütter und familienfreundliche Unternehmen zusammenbringt.

Wie ist die Idee entstanden?

Die Idee kam mir, als ich als Produktionsleiterin beim Fernsehen nach der Geburt meiner Tochter selbst große Schwierigkeiten hatte, eine geeignete Stelle zu finden. Als ich mich dann im Bekanntenkreis oder bei Müttern im Hort erkundigte, ging es vielen genauso. Zwei von drei Müttern steigen in einen Job ein, für den sie überqualifiziert sind, andere finden erst gar keinen. Auf der anderen Seite suchen Unternehmen teilweise drei Monate nach geeignetem Personal. Als ich mich tiefergehend mit dieser Ungleichheit befasst habe, war die Idee zu Superheldin.io geboren.

Die Welt braucht Superheldin.io, weil …

… es so viele talentierte Mütter auf der einen Seite und sehr viele familienfreundliche Unternehmen auf der anderen Seite gibt. Mit Superheldin.io gibt es jetzt auch eine Plattform, die beide zusammenbringt.

Mit welchen Widerständen und Vorurteilen haben junge Eltern auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen?

Oft herrscht das Vorurteil, es ginge jungen Müttern nur um Teilzeitmodelle. Das stimmt jedoch nicht. Viele wollen Vollzeit arbeiten, brauchen dazu aber mehr Flexibilität, was die Zeiten angeht. Weiterhin ist es für Mütter schwierig, nach der Elternzeit einen Job zu finden, der zu ihren Qualifikationen und ihrer Arbeitserfahrung passt. Auf unserem Portal können Firmen und Arbeitssuchende gezielt Kriterien wie Gleitzeitmodelle, Betriebskindergarten oder die Möglichkeit zur Ferienbetreuung eingeben.

Übrigens: Junge Väter wollen sich ebenfalls immer mehr einbringen. Oft hapert es aber auch für Väter an flexiblen Arbeitszeitmodellen.

Welche Kompetenzen bringen Eltern in das Berufsleben ein?

Es liegt auf der Hand, dass jemand, der Kinder aufzieht, ein echter Teamplayer und ein wahres Organisationstalent sein muss. Arbeitgeber können von diesen Skills enorm profitieren. Mütter sind motivierte und überaus effizient handelnde Mitarbeiter. Das Potenzial ist enorm, und das Schöne ist, dass das auch immer mehr Unternehmen erkennen. Gleichwohl: Es gibt noch viel zu tun. Solange es das Problem des Fachkräftemangels einerseits und Mütter, die zurück in den Arbeitsmarkt wollen, andererseits gibt, wird Superheldin.io weiterhin gebraucht werden, weiterwachsen und Erfolg haben – und mit ihr alle kooperierenden Unternehmen.

 

Was macht ein familienfreundliches Unternehmen aus?

Das Zauberwort, unter dem sich fast alles subsumieren lässt, heißt FLEXIBILITÄT. Dazu zählt vor allem, in flexibler Teilzeit oder Vollzeit zu arbeiten, zudem komplettes Remote-Arbeiten, Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit. In Skandinavien beispielsweise gibt es eine reduzierte Vollzeit für beide Elternteile, etwa jeweils 30 Stunden. Dort haben Arbeitgeber vieles richtig gemacht. Ein Umdenkprozess hat auch hierzulande begonnen. Aber es gibt noch viel Luft nach oben.

 

Wie stellen Sie sicher, dass die Unternehmen auf Ihrem Portal auch tatsächlich familienfreundlich sind?

Unternehmen, die sich auf unserer Stellenbörse registrieren, durchlaufen einen Zehn-Punkte-Fragenkatalog rund um die Themen flexible Arbeitsmodelle und Betreuung. Je mehr familienfreundliche Kriterien sie erfüllen, desto grüner wird ein Balken, der dann auch in der Stellenanzeige sichtbar wird. Ist der Prozess abgeschlossen, erhalten die Unternehmen ein Superheldin-Gütesiegel, das sie auf ihrer eigenen Homepage einbinden können. Wir screenen jede Anzeige, die veröffentlicht wird, und beraten auf Wunsch auch bei der Formulierung. Im Zweifel einer nicht familienfreundlichen Stellenanzeige kontaktieren wir die Unternehmen und besprechen die Anzeige. Qualität geht uns vor Quantität.

 

Ihre Jobbörse wendet sich schwerpunktmäßig an Mütter. Haben Väter da weniger Bedarf?

Klar doch, auch Väter sind angesprochen! 20 Prozent unserer Facebook-Follower sind Männer. Sie sind auf unserer Plattform herzlich willkommen. Der Punkt ist nur: Väter benötigen diesen „Push“ durch eine familienfreundliche Jobbörse nicht so sehr wie Frauen mit Kindern. Väter werden im Vorstellungsgespräch nicht nach ihrer Kinderplanung gefragt. 80 Prozent der Führungspositionen sind von Männern belegt. Hätten beispielsweise Väter ebenfalls die Möglichkeit flexibler Arbeitszeitmodelle, wäre auch den Müttern sehr geholfen. Männer sollten von dem Zugang zu familienfreundlichen Jobs ebenfalls profitieren.

 

Wie hat sich Superheldin.io seit dem Start 2019 entwickelt?

Wir sind auf einem sehr guten Weg, wenngleich auch uns die Corona-Krise um ein paar Monate zurückgeworfen hat. Die aktuelle Situation ändert aber grundsätzlich nichts daran, dass immer mehr familienfreundliche Unternehmen gezielt nach „working Moms“ suchen und ihr Recruiting darauf ausrichten. Viele Unternehmen haben diese Vorteile bereits erkannt, darunter Coca-Cola, Vattenfall, Creditreform oder der Food-Markenartikler Kühne. Das sind nur vier von inzwischen mehr als 350 Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten.

 

Welches digitale Produkt muss erst noch erfunden werden?

Alles, was bei der digitalen Erziehung unserer Kinder hilft. Hier sehe ich enormen Nachholbedarf.

 

Hätten Sie gerne einen Haushaltsroboter?

Wer hätte den nicht gerne, ob Mann oder Frau?

 

Wann waren Sie das letzte Mal 24 Stunden offline?

Hmm, daran kann ich mich nicht erinnern.

 

Urlaub ohne WLAN: Traum oder Albtraum?

Definitiv ein Traum. Das Schöne ist: Manchmal gehen Träume ja auch in Erfüllung. 

Im #explore-Format „Steckbrief“ kommen regelmäßig spannende und inspirierende Menschen aus der digitalen Szene zu Wort: Forscher*innen, Blogger*innen, Start-up-Gründer*innen, Unternehmer*innen, Hacker*innen, Visionäre und Visionärinnen.