14. Mai 2020
Lebensmittelverschwendung ist ein globales Problem. Allein in Deutschland landen jährlich Millionen Tonnen Essen im Müll. Raphael Fellmer und seine Mitstreitenden wollen abgelaufene, aber noch genießbare Lebensmittel vor der Tonne retten. Mit ihrem Start-up SIRPLUS kaufen sie Waren auf und verkaufen sie dann günstig weiter – online und analog in eigenen Märkten.
Name:
Raphael Fellmer
Alter:
36
Beruf:
Geschäftsführer
Website:
www.sirplus.de
Was ist SIRPLUS?
Wir machen mit SIRPLUS das Lebensmittelretten zum Mainstream und geben allen Menschen die Möglichkeit, ganz einfach und bequem von zu Hause über unseren Onlineshop oder über unsere fünf Rettermärkte in Berlin überschüssige und abgelaufene Lebensmittel zu retten. Dabei schaffen wir ein Bewusstsein für die Lebensmittelverschwendung und konkrete Möglichkeiten für den Handel und Produzenten.
Wie ist die Idee entstanden?
Nachdem ich in meinem fünfjährigen Geldstreik die geldfreie Lebensmittelrettungsbewegung foodsharing.de gegründet und aufgebaut hatte, entschloss ich mich, mit meinem Mitgründer Martin Schott eine Lösung zu schaffen, mit der wir das Thema Lebensmittelrettung in die Mitte der Gesellschaft bringen, wo jeder ganz einfach Teil der Lösung werden kann.
Die Welt braucht SIRPLUS, weil …
… derzeit über 50 Prozent aller Lebensmittel in Deutschland und Europa verschwendet werden und nicht alle Menschen wissen, dass Lebensmittel mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum auch nach Ablauf noch meistens Wochen oder sogar Monate gegessen werden können.
„Überschneidungen beim Retten gibt es kaum, mit wenigen Ausnahmen wie der Metro, wo SIRPLUS rettet, was die Tafeln nicht mitnehmen.“
Machen Sie dabei nicht den Tafeln Konkurrenz, die überschüssige Lebensmittel kostenlos an benachteiligte Menschen verteilen?
Die Tafeln haben immer Vorrang, und wir unterstützen diese nur. SIRPLUS ergänzt die bedeutende Arbeit der Tafeln vor allem beim Retten von größeren Produktmengen, ausgefalleneren Produkten sowie von Pfandartikeln oder Alkohol. Überschneidungen beim Retten gibt es kaum, mit wenigen Ausnahmen wie der Metro, wo SIRPLUS rettet, was die Tafeln nicht mitnehmen.
Wie wird sichergestellt, dass ich mir an den geretteten Lebensmitteln nicht den Magen verderbe?
Alle Lebensmittel werden von unserem Qualitätsmanagement-Team auf ihre Genießbarkeit geprüft, regelmäßig nachkontrolliert und aus dem Verkauf genommen, bevor die Lebensmittel ungenießbar werden.
Wie hat sich SIRPLUS seit dem Start 2017 entwickelt? Wie soll es weitergehen?
Wir haben zusammen mit Hunderttausenden von Kunden bereits über drei Millionen Kilogramm Lebensmittel gerettet. Besonders stolz sind wir als Impact-Start-up, dass wir bereits 15 Millionen Menschen mit unserer Message in über 500 Medienbeiträgen erreicht haben und so ganz viel Bewusstsein für die Thematik und Wertschätzung für Lebensmittel schaffen konnten. Nach zwei erfolgreichen Crowdfunding-Kampagnen haben wir jetzt auch schon die Hälfte der 900.000 Euro unserer Crowdinvesting-Kampagne eingesammelt. 2020 werden wir noch eine weitere Finanzierungskampagne starten, um weiter zu wachsen, und wir werden mit unserer Eigenmarke in den Einzelhandel gehen, um nach „bio“, „vegan“ und „Fair Trade“ auch gerettete Lebensmittel Mainstream zu machen.
Die größte Herausforderung ist, …
… unsere internen Strukturen anzupassen und effizienter zu werden.
Welches digitale Produkt muss erst noch erfunden werden?
Eine Plattform, auf der alle Dinge, die wir privat nicht mehr brauchen, effizient einen neuen Nutzer finden.
Auf welches könnten Sie verzichten?
Gewalttätige Computerspiele.
Hätten Sie gerne einen Haushaltsroboter?
Manchmal ja, manchmal nein. Ich schätze es auch, total in Ruhe aufzuräumen oder abzuwaschen und dabei einem Hörbuch zu lauschen.
Wann waren Sie das letzte Mal 24 Stunden offline?
Das habe ich einmal in den letzten Jahren gemacht und möchte es aber in Zukunft häufiger machen.
Urlaub ohne WLAN: Traum oder Albtraum?
Ich schalte total gerne ab, aber bin SIRPLUS noch sehr verbunden, und deswegen fällt mir Digital Detox auf längere Sicht noch schwer. Ich bin aber davon überzeugt, noch mehr loszulassen und mein Team zu empowern, sodass ich auch länger offline bleiben kann.
Im #explore-Format „Steckbrief“ kommen regelmäßig spannende und inspirierende Menschen aus der digitalen Szene zu Wort: Forscher*innen, Blogger*innen, Start-up-Gründer*innen, Unternehmer*innen, Hacker*innen, Visionäre und Visionärinnen.