04. September 2019
E-Mail, Onlineshopping, Internetbanking, Videotelefonie oder digitale Kontaktbörsen: Das Netzzeitalter hat viele Möglichkeiten eröffnet. Doch manche Senioren sind davon noch immer ausgeschlossen. Zu kompliziert und uneinheitlich sind oft die Navigationspfade, um sich auf den unterschiedlichsten Onlineplattformen zum eigenen Ziel zu klicken. Um das zu ändern, entwickelt Paul Lunow mit seinen Mitstreitern ein Tablet samt Software für die Generation 65+, das den Einstieg ins Internet so einfach wie möglich machen soll.
Name:
Paul Lunow
Alter:
33
Beruf:
Programmierer
Website:
www.nepos.de
Was ist Nepos?
Nepos ist ein Unternehmen, das eine Brücke zwischen den älteren Menschen und dem digitalen Angebot baut. Vor allem ist es ein Team, das mit Leidenschaft und großem Engagement die einfachste Bedienoberfläche der Welt entwickelt hat – optimiert für die Generation 65+.
Wie ist die Idee entstanden?
Als Programmierer war ich schon immer auch gleichzeitig der Systemadministrator meiner Familie. Die größten Schwierigkeiten hatte dabei meine Großtante. Mit einer langen Liste bewaffnet empfing sie mich bei unseren Familientreffen. Irgendwann habe ich mir gedacht: Das ist unfair. Sie sollte neue Technologien genauso einfach nutzen können, wie wir anderen es auch tun. Also fing ich an zu entwickeln.
Die Welt braucht Nepos …
Stimmt. Der Satz kann so stehen bleiben.
Wie haben sich Idee und Tablet seit 2015 entwickelt?
Aus einer Idee ist ein Produkt geworden! Erst in meinem Kopf gereift, dann im Kopf meines Mitgründers und schließlich in den Köpfen verschiedener Unterstützerinnen und Investoren gewachsen. Daraus hat sich eine starke, gemeinsame Vision entwickelt. Diese haben wir über die vergangenen vier Jahre mit über 1.000 Nutzenden immer wieder auseinandergenommen und schließlich in einer selbst entwickelten Kombination aus Soft- und Hardware perfektioniert. Heute arbeiten zehn Personen in Vollzeit an der Weiterentwicklung und Verbreitung unserer Produkte.
„Unser Ziel ist es, eine universelle Lösung anzubieten, die der Generation 65+ einen autarken Umgang mit Onlinediensten ermöglicht und damit den Zugang zu einer bisher nicht zugänglichen Welt schafft.“
Was macht das Tablet mit seiner Bedienoberfläche denn überhaupt so anders als herkömmliche Geräte oder sogenannte Senioren-Smartphones?
Es gibt Softwarelösungen für Senioren, die Funktionen einfacher darstellen. Diese sind allerdings nur eine vereinfachte Übersicht des Startbildschirms, die darunterliegenden Anwendungen folgen keinem einheitlichen Bedienkonzept. Andere legen ihren Schwerpunkt auf Einzelanwendungen wie Spiele, Überwachung oder Medikamentenerinnerung. Unser Ziel ist es, eine universelle Lösung anzubieten, die der Generation 65+ einen autarken Umgang mit Onlinediensten ermöglicht und damit den Zugang zu einer bisher nicht zugänglichen Welt schafft. Aus der einheitlichen Gestaltung aller Anwendungen schöpfen unsere Nutzer das Selbstvertrauen, neue Dinge auszuprobieren. Wir haben schon überzeugte Internetgegner dazu bewogen, Onlinebanking zu nutzen und an einem virtuellen Konzert der Philharmonie teilzunehmen.
Die größte Herausforderung ist …
… eine Idee umzusetzen. Gegen alle Widerstände. Ideen gibt es unzählige, aber konstant und beharrlich daran zu arbeiten ist die große Herausforderung.
Programmieren ist für mich …
… ein großer Spaß. Es ist toll, dass ich daraus meinen Beruf machen konnte. Aber es ist auch anstrengend und oft frustrierend. Zum Glück wird immer deutlich: Für jedes Problem gibt es eine Lösung, und jede noch so ausweglose Situation lässt sich auflösen. Eine Nacht drüber zu schlafen hilft meistens schon.
„Zum Glück wird immer deutlich: Für jedes Problem gibt es eine Lösung.“
Welches digitale Produkt muss erst noch erfunden werden?
Die sich selbst programmierende Maschine.
Auf welches könnten Sie verzichten?
Systeme ohne Schnittstellen, die ihre Daten und Funktionen horten und davon ausgehen, dass sie Sicherheit über Geheimhaltung erreichen können.
Wie smart ist Ihr Zuhause?
Mein Ziel ist es, dass nichts mehr funktioniert, wenn kein Internet da ist. Aber da zieht meine Frau nicht mit. Deshalb nur Musik und hier und da eine Glühbirne.
Welche technische Anwendung wird Ihnen immer ein Rätsel bleiben?
Bei der Entwicklung des Tablets haben wir einen tiefen Einblick in die Produktion technischer Geräte erhalten. Es ist mir ein Rätsel, wie viele es davon gibt, die tatsächlich funktionieren. Die halbwegs funktionieren. Noch! Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass ein Gerät nach dem Kauf Aktualisierungen braucht und auch hinterher noch Sicherheitslücken bekannt werden können. So begeben sie sich in eine kaum überschaubare Gefährdungssituation. Gleichzeitig ist es erstaunlich, dass dies nicht in noch viel größerem Maße ausgenutzt wird.
Wann waren Sie das letzte Mal 24 Stunden offline?
Beim Familienausflug in die Schweiz. Mein EU-Daten-Roaming umschließt nicht die Ländergruppe 1, und der Traffic meiner Mutter war schnell aufgebraucht.
Urlaub ohne WLAN: Traum oder Albtraum?
WLAN ist egal, aber eine Datenverbindung muss sein. Wir bauen ein außergewöhnliches Produkt, und dafür muss ich auch im Urlaub ab und zu Gespräche führen, Notizen machen und weiterdenken. Im Gegenzug kann ich im Büro hin und wieder familiäre Angelegenheiten regeln.
Im #explore-Format „Steckbrief“ kommen regelmäßig spannende und inspirierende Menschen aus der digitalen Szene zu Wort: Forscher*innen, Blogger*innen, Start-up-Gründer*innen, Unternehmer*innen, Hacker*innen, Visionärinnen und Visionäre.