04. Oktober 2018
Daten sind der Rohstoff des digitalen Zeitalters. Täglich wachsen die etwa von Unternehmen oder Behörden erzeugten Datenberge weiter in die Höhe. Das eröffnet auch neue Möglichkeiten für den Journalismus: Immer mehr Redaktionen beschäftigen Datenjournalisten, die sich der Auswertung der Datenschätze widmen. Was hinter dem Datenjournalismus steckt und warum er gerade heute so wichtig ist, erklärt die Journalistin Bettina Figl, die am Reuters Institute in Oxford zu Datenjournalismus geforscht hat.
Name:
Bettina Figl
Alter:
34
Beruf:
Journalistin
Website:
http://bettinafigl.net
Was ist Datenjournalismus?
Datenjournalismus bedeutet, dass man große Datensätze in Hinsicht auf eine bestimmte Fragestellung auswertet und die Daten zu einem zentralen Gegenstand einer journalistischen Geschichte macht. Die Präsentation der Daten kann dabei unterschiedlichste Formen annehmen: Sie kann als interaktive Grafik, als klassische Story oder als musikalische Komposition daherkommen. Natürlich eignen sich manche Geschichten und Themen eher für datenbasierte Recherche und/oder datenbasierte Aufarbeitung als andere, aber mir fällt kein Bereich ein, für den Datenjournalismus per se nicht infrage käme.
Journalisten haben ja von Haus aus mit Daten und Fakten zu tun. Was ändert sich im digitalen Zeitalter?
Es sind heute viel mehr Daten verfügbar als früher, und durch entsprechende Tools können wir sie leichter und schneller verarbeiten und visuell aufbereiten.
Nennen Sie doch einmal einige Beispiele für gelungenen Datenjournalismus.
Zu meinen absoluten Lieblingsbeispielen gehört die oben erwähnte Komposition, die den Absturz der SPD in den Wahlumfragen in Töne übersetzt: „Der Sound zum tiefen Fall der SPD“.
Die Diversität Berlins, illustriert anhand der Stationen der von mir als Neukölln-Liebhaberin oft frequentierten Buslinie M29: „M29 – Berlins Buslinie der großen Unterschiede“.
Überhaupt empfehle ich allen, die an Datenjournalismus interessiert sind, zu verfolgen, was die Berliner Morgenpost so macht.
Beeindruckend ist auch diese Story von Buzzfeed zum Thema Absprache und Betrug im Profi-Tennis: „The Tennis Racket“.
Oder diese Datenbank, die zeigt, welche Ärzte Geld von der Pharmaindustrie bekommen und welche nicht: „Finde Deinen Arzt“. Meine Hausärztin habe ich nicht gefunden, Glück gehabt ;)
„Daten liefern Fakten, und das wird in Zeiten von „Fake News“-Vorwürfen immer wichtiger.“
Warum ist Datenjournalismus gerade heute so wichtig?
Daten liefern Fakten, und das wird in Zeiten von „Fake News“-Vorwürfen immer wichtiger. Journalisten sollten so weit wie möglich offenlegen, woher sie die Daten haben.
Müssen nun alle Journalisten zu Codern werden?
Nein, aber sie sollten verstehen, was Coding und Scraping – also das Extrahieren von Daten aus Websites und Dokumenten – ermöglichen, um mit Codern besser zusammenarbeiten zu können. Coden zu können ist für die Jobsuche aber sicher kein Nachteil. ;)
Welches digitale Produkt muss erst noch erfunden werden?
Ich träume von einem guten, fehlerfreien Spracherkennungs-Tool, um nie wieder Interviews abtippen zu müssen (Hinweise gerne an mich! <3).
Auf welches können Sie verzichten?
Alexa finde ich spooky.
Hätten Sie gerne einen Haushaltsroboter?
Alexa soll bei mir putzen? Nein danke.
Welche technische Anwendung wird auch Ihnen immer ein Rätsel bleiben?
Mit Snapchat wurde ich nie warm.
Wann waren Sie das letzte Mal 24 Stunden offline?
Bei einer 2-Tages-Wanderung im Sommer.
Urlaub ohne WLAN: Traum oder Albtraum?
Ein Traum, aber man muss mich zu meinem Glück zwingen. Funktioniert am besten, wenn es konsequent und weitflächig kein Internet gibt. Vor einigen Jahren war Kuba noch ziemlich offline, da ging das gut! Kann aber auch zum Albtraum werden – wie um drei Uhr früh im Taxi in Nairobi, wo der frischgebackene Taxifahrer genauso offline und orientierungslos war wie ich …
Im #explore-Format „Steckbrief“ kommen regelmäßig spannende und inspirierende Menschen aus der digitalen Szene zu Wort: Forscher*innen, Blogger*innen, Start-up-Gründer*innen, Unternehmer*innen, Hacker*innen, Visionäre*innen.