22. Juli 2021
Jeder Mensch in Deutschland produziert im Schnitt 227 Kilogramm Verpackungsmüll pro Jahr. Der Rest- und Plastikmüll von Shia Su und ihrem Mann Hanno passt hingegen in ein bis zwei Einmachgläser. Die Zero-Waste-Bloggerin gibt auf „Wasteland Rebel“ Tipps für einen nachhaltigeren und abfallärmeren Alltag. Ihr Buch „Zero Waste: Weniger Müll ist das neue Grün“ ist bereits in der fünften Auflage und mittlerweile auch auf Englisch und Chinesisch erschienen.
Name: Shia Su
Alter: 37
Beruf: Klimastreberin
Website: wastelandrebel.com
Was ist „Wasteland Rebel“?
„Wasteland Rebel“ ist der Name meines Blogs und ein Wortspiel. Der englische Begriff „wasteland“ bedeutet „Einöde“, und das passiert ja gerade als Folge des Klimawandels. Das Wort selbst kann man aber auch wörtlich als „Land des Abfalls“ beziehungsweise „Land der Verschwendung“ übersetzen – und auch da sind wir schon angekommen. Wer das nicht einfach hinnehmen, sondern was machen will, ist ein Wasteland Rebel. :)
Welche Themen stoßen bei den Leserinnen und Lesern auf besonders großes Interesse?
Nachhaltiges Leben, Zero Waste, Veganismus.
Der Müll Ihres Zweipersonenhaushalts passt mittlerweile weitestgehend in ein Einmachglas. Was war für Sie der Impuls, Ihr Leben auf Zero Waste umzustellen?
Vorweg: Unsere Müllmenge schwankt, jetzt zu Corona-Zeiten ist es natürlich deutlich mehr. Wir sind im letzten Jahr auf zwei Einmachgläser pro Person gekommen. Mein Partner und ich wollten so wenig wie möglich auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt leben. Dass das aber so ausgeartet ist, war zu keinem Zeitpunkt geplant und eher ein Unfall …
Möglichst müllarm zu leben mag für viele Menschen zunächst unheimlich anstrengend, zeitaufwendig, unbequem und kaum praktikabel klingen. Wie sind Ihre Erfahrungen?
Genauso empfanden mein Partner und ich es auch, als wir das erste Mal von Zero Waste erfuhren. Wir wollten das gar nicht, sondern nur hier und dort etwas weniger Müll machen, wo es für uns realisierbar erschien. Das Typische eben … Wir haben versucht, daran zu denken, den Stoffbeutel einzustecken, und haben gefragt, ob wir den Kaffee auch in unseren eigenen Thermobechern bekommen können. Ganz unspektakulär eigentlich. Am Anfang haben wir das andauernd vergessen, aber mit der Zeit ist es mehr und mehr zur Gewohnheit geworden, und wir haben uns an weitere Dinge rangetraut. Aber pssst … auch heute vergesse ich noch hin und wieder meine Trinkflasche oder den Stoffbeutel.
Was sind gute Tipps, um sich an einen müllreduzierten und nachhaltigeren Alltag heranzutasten?
Loslassen von der Alles-oder-nichts-Mentalität. Seid nicht so streng mit euch, denn jedes bisschen zählt! Schaut einfach mal, was euch für euren Alltag machbar erscheint oder worauf ihr gerade Bock habt: Es gibt viele coole Sachen, die man ausprobieren kann! Von DIYs, wie sein Deo selber zu machen – übrigens das BESTE Deo, das ich je hatte! –, bis zu neuen Produkten wie Haarseifen kann man alles Mögliche austesten. Ist spannend und macht irre Spaß! Und ja, man darf sich über Erfolge freuen, und ich klopfe mir dann auch einfach mal selbst auf die Schulter. ;) Ich bin außerdem fest davon überzeugt, dass es kein Verzicht, sondern eine große Bereicherung ist. Nur dass man eben manchmal für die richtige Richtung etwas gegen den Strom schwimmen muss.
Wie vermeidet man einen Jo-Jo-Effekt – also maximal motiviert zu starten und dann irgendwann entnervt wieder auf die praktische Plastikverpackung zurückzugreifen?
Siehe oben. ;)
„Für mich ist das der deutlich bessere Lebensstil. Ich bin viel mehr mit mir und meinen Werten im Einklang, lebe gesünder als vorher und bin aus dem Konsum-Hamsterrad rausgekommen.“
Was bleibt für Sie die größte Herausforderung im Alltag?
Für mich ist das der deutlich bessere Lebensstil. Ich bin viel mehr mit mir und meinen Werten im Einklang, lebe gesünder als vorher und bin aus dem Konsum-Hamsterrad rausgekommen, das uns suggeriert, dass wir das Glück im Materiellen finden. Das Einzige, was jetzt noch fehlt, ist, dass die gesellschaftlichen Strukturen da hinterherkommen – aber hier hat sich auch schon viel getan!
Welches digitale Produkt muss erst noch erfunden werden?
Wir haben bereits mehr, als wir brauchen, und mehr, als diese Erde auf Dauer verträgt.
Auf welches könnten Sie verzichten?
Ich habe mal einen Monat Digital Detox gemacht und festgestellt, dass mir Social Media kein bisschen fehlt, was mich selbst total überrascht hat. Am liebsten hätte ich mir direkt ein altes Dumbphone geholt, aber in den 30 Tagen hat sich leider auch gezeigt, dass ich dann meinen Job los wäre. Ich hatte WhatsApp schon gelöscht, bis ich von allen Seiten gedrängt wurde, es wieder zu installieren …
© Wasteland Rebel
Hätten Sie gerne einen Haushaltsroboter?
Kommt drauf an. Die Realität momentan ist ja, dass es kein hundertprozentig ethisch und auch ökologisch vertretbar hergestelltes elektrisches Gerät gibt, unser Strommix nicht komplett aus regenerativen Quellen kommt und auch die Entsorgung oft problematisch ist. Wie umwelt- und klimafreundlich wäre denn der Haushaltsroboter?
Welche technische Anwendung wird Ihnen immer ein Rätsel bleiben?
So rätselhaft finde ich das alles ehrlich gesagt gar nicht, aber ich habe auch einen Informatik-Background.
Wann waren Sie das letzte Mal 24 Stunden offline?
Keine Ahnung, muss noch vor Corona gewesen sein. Denn da war ich beruflich viel eng getaktet unterwegs und kam teilweise nicht dazu, mal fix meine E-Mails zu checken.
Urlaub ohne WLAN: Traum oder Albtraum?
Ich fahre gerne und viel Rennrad. Zumindest in der Zeit auf dem Rad bin ich komplett offline und brauche das auch abends nicht wirklich, denn da falle ich nur noch platt ins Bett. Um die Route zu planen und vor der Fahrt mit meinem Navi zu synchronisieren, brauche ich dann aber doch einen Internetzugang … Also: kein Albtraum, aber vielleicht hier und da etwas unpraktisch, wenn es um Navigation geht oder darum, Öffnungszeiten nachzuschauen.
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