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Nachhaltigkeit

Wohin mit dem Elektroschrott?

14. April 2022

Mixer, Toaster, Smartphones und Waschmaschinen werden oft nicht ordnungsgemäß entsorgt. Warum Elektromüll ein globales Problem ist, wie es hierzulande um das Recycling steht und wo man alte Geräte kostenlos loswird.

Umweltschützerinnen und Umweltschützer schlugen Ende vergangenen Jahres Alarm: Mit rund 57,4 Millionen Tonnen erreichte der weltweite Elektroschrottberg einen neuen Höchststand, so die Schätzungen des WEEE-Forums (Waste of Electrical and Electronic Equipment). Damit wiegen die ausrangierten Smartphones, Monitore, Waschmaschinen und Kühlschränke der Welt schwerer als die Chinesische Mauer. Hauptgründe für das Wachstum des Müllbergs: steigender Konsum und die Kurzlebigkeit der Geräte, die sich zudem oft schlecht reparieren lassen. Setzt sich die Entwicklung so fort, könnte die Masse an Elektroschrott 2030 dann bei 74 Millionen Tonnen liegen, so die Einschätzung der Expertinnen und Experten.

Die größte Menge an E-Waste fällt aktuell in Asien an, wie der Global E-Waste Monitor 2020  festhält, der unter anderem von UN-Forschungseinrichtungen herausgegeben wird. 2019 waren es dort 25 Millionen Tonnen und damit 46 Prozent des Müllaufkommens. In Europa entstanden in dieser Zeit zwölf Millionen Tonnen, davon zwei Millionen in Deutschland. Doch beim Pro-Kopf-Anteil stechen wir wie andere Industrieländer deutlich heraus: Knapp 20 Kilogramm pro Kopf wurden den Forschenden zufolge in dieser Zeit in Deutschland produziert. Fast vierzigmal mehr als im afrikanischen Malawi und 2,5-mal so viel wie im weltweiten Durchschnitt.

 

Kostbare Umweltkiller

Das fundamentale Problem: Nur 17,4 Prozent des weltweiten Elektroschrotts werden nach den Daten der Expertinnen und Experten gesammelt und recycelt. Der Löwenanteil landet dagegen einfach auf Müllhalden oder wird verbrannt. Und mit ihnen die in den Geräten enthaltenen Materialien. Wertvolle wie Gold, Silber, Kupfer oder Platin, aber eben auch klimaschädliche und giftige wie beispielsweise Quecksilber. Rund 50 Tonnen des toxischen Schwermetalls seien 2019 allein in den nicht dokumentierten Elektroschrott-Strömen enthalten gewesen, so die Schätzung der Forschenden.

Der weltweite E-Waste treibt auch den Klimawandel voran, wie der Bericht herausstellt: Weggeschmissene Kühlschränke und Klimaanlagen hätten 2019 fast 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente ausgestoßen und damit 0,3 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen ausgemacht.

Sammelquoten in Deutschland verfehlt

Auch in Deutschland werden nach wie vor viele Geräte falsch entsorgt, problematisiert das Umweltbundesamt (UBA). Kleine Geräte wie elektrische Zahnbürsten landen oft noch im Restmüll oder in der gelben Tonne, große Altgeräte wie Waschmaschinen und gewerblich genutzte Elektrogeräte allzu oft bei nicht zertifizierten Schrottplätzen und Schrottsammlerinnen und -sammlern. Das führt dazu, dass 2019 lediglich 44,3 Prozent der ausgemusterten Elektrogeräte in Deutschland ordnungsgemäß gesammelt wurden. Im Vergleich zum weltweiten Durchschnitt klingt das zwar gar nicht mal schlecht – doch es ist weit vom Mindestsammelziel von 65 Prozent entfernt, das seit 2019 in allen EU-Ländern gilt.

Verbesserungen sollen unter anderem neue Rücknahmepflichten für den Handel bringen, die in diesem Jahr in Kraft treten. So müssen ab dem 1. Juli auch Supermärkte Elektrogeräte zurücknehmen. Verbrauchende könnten die Geräteentsorgung künftig gleich mit dem Wocheneinkauf erledigen, hofft der Präsident des Umweltbundesamts Dirk Messer. Über die neuen Regelungen hinaus müssten sich aber Handel, Herstellerfirmen und Kommunen künftig noch stärker einbringen und ihre Sammel- und Rücknahmemöglichkeiten weiter ausbauen, so der Chef der Umweltbehörde. Beispielsweise durch besser erreichbare Wertstoffhöfe oder flexiblere Annahmezeiten.

 

Wo man alte Elektrogeräte kostenlos loswird

Die durchgestrichene Mülltonne auf Elektrogeräten macht es deutlich: Sie gehören auf keinen Fall in den Hausmüll! Das gilt auch für LED-, Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren. Alte Elektrogeräte können kostenlos an kommunalen Wertstoffhöfen abgeben werden. Kleinere auch bei den Schadstoff- oder Elektroschrottmobilen, die zu festen Terminen in ländlichen Regionen unterwegs sind. In vielen Kommunen wird außerdem eine sperrmüllbegleitende Abholung angeboten. Die Elektrogeräte müssen dann mit dem Sperrmüll entsprechend angemeldet werden.

Kleine Elektrogeräte mit einer Kantenlänge von bis zu 25 Zentimetern – also etwa Handys, Toaster, Rasierer, elektrische Zahnbürsten – können kostenlos bei Elektrofachgeschäften, Onlinehändlern und ab dem 1. Juli auch in Supermärkten abgeben werden. Ganz egal, ob man die Geräte dort erworben hat oder ein neues kaufen will! Das gilt für Geschäfte und Onlinehändler mit einer Verkaufs- beziehungsweise Lagerfläche von mindestens 400 Quadratmetern, bei Supermärkten ab einer Fläche von 800 Quadratmetern, die zumindest gelegentlich Elektrogeräte anbieten. Die Onlinehändler müssen dafür Rückgabestellen in „zumutbarer Entfernung“ einrichten. Einige Händler bieten alternativ einen kostenlosen Rückversand an.

Bei größeren Geräten gilt das Prinzip Alt gegen Neu. Kauft man einen neuen Fernseher, Drucker oder eine neue Waschmaschine, muss das alte Gerät kostenfrei zurückgenommen werden. Das gilt auch bei Lieferung. In diesem Fall muss man bei der Bestellung angeben, dass ein Altgerät bei der Auslieferung mitgenommen werden soll. Onlinehändler müssen seit dem 1. Januar 2022 aktiv auf die Möglichkeit der kostenlosen Abholung hinweisen.

LED-, Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren

Statt ausgemusterte Handys jahrelang in der Schublade zu horten, kann man sie auch an gemeinnützige Organisationen spenden, etwa an den NABU oder die Deutsche Umwelthilfe.

 

Was sich beim Recycling verbessern muss

Bei Eisen, Kupfer oder Aluminium ist die Recyclingausbeute bereits sehr gut, so das Umweltbundesamt (UBA). Anders sieht es bei Edelmetallen und Sondermetallen wie Tantal oder seltenen Erden aus. Diese stecken jeweils nur in geringen Mengen in den Geräten und sind oft komplex verbaut. In einer Tonne Handys sind laut UBA etwa 250 Gramm Gold enthalten – fünfzigmal so viel wie in einer Tonne Golderz. Verbesserungen bei den Schredder- und Sortiertechnologien könnten die Ausbeute dieser Metalle erhöhen. Bestenfalls würden entsprechende Bauteile wie Leiterplatten oder Stecker aber häufiger als heute vor dem Schreddern manuell demontiert.

Verbesserungspotenzial gibt es laut der Umweltbehörde auch bei der Entsorgung von Bildschirmgeräten wie LCD-Fernsehern und -Monitoren. Diese würden zumeist in großen Containern gesammelt und dabei beschädigt. Das erschwere die weitere Verwertung, außerdem können giftige Stoffe wie Quecksilber austreten.

Ein gravierendes Problem aus Sicht des UBA: Alte Kühlschränke landen nicht selten bei illegalen Schrottsammlerinnen und -sammlern. Bauen diese die kupferhaltigen Kompressoren aus, entweicht das klimaschädliche Kühlmittel ungehindert in die Atmosphäre. Aufgrund des Kostendrucks, unter dem manche professionelle Recyclinganlagen stehen, sei eine vollständige Entnahme der FCKW-haltigen Kühlmittel auch hier noch nicht immer sichergestellt.

Recht auf Reparatur

Kühlschränke, Spülmaschinen oder Tablets zu reparieren ist oft teurer, als neue zu kaufen. Nach dem Willen der EU soll sich das künftig ändern. Seit März 2021 gilt in Europa eine Ökodesign-Richtlinie nach dem Prinzip „reparieren statt wegschmeißen“. Hersteller großer Haushaltsgeräte müssen dafür sorgen, dass Ersatzteile sieben bis zehn Jahre lang verfügbar sind. Außerdem müssen sie ihre Produkte so bauen, dass man sie mit herkömmlichen Werkzeugen auseinandernehmen kann, ohne etwas kaputtzumachen. Die Bundesregierung hat angedacht, das „Recht auf Reparatur“ auch auf Smartphones, Laptops oder elektrische Zahnbürsten auszuweiten.

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