13. Januar 2022
Bei automatisierten Fahrzeugen sind sie unverzichtbar, aber auch in anderen Bereichen leisten LiDAR-Sensoren heute wichtige Dienste. Was hinter der Technik steckt und wie sie zum Beispiel auch bei der Planung von Windenergieanlagen behilflich ist, erklärt Christine Peeck von TÜV NORD.
Was ist LiDAR?
LiDAR steht kurz für „light detection and ranging“. Frei übersetzt bedeutet das so viel wie „lichtgestützte Objekterkennung und Abstandsmessung“. Anders als der verwandte Radar arbeiten LiDAR-Systeme nicht mit Radiowellen, sondern mit Laserstrahlen. Sie werden beispielsweise verwendet, um hochauflösende und dreidimensionale Karten zu erstellen – etwa für den Bergbau, die Geologie, die Archäologie oder die Seismologie. Eine Schlüsselrolle übernehmen LiDAR-Sensoren bei automatisierten Fahrzeugen. Im Zusammenspiel mit Radar, Ultraschall und Kameras geben sie Auskunft darüber, wo sich Objekte in der Umgebung des Fahrzeugs befinden. Mit LiDAR lassen sich aber auch atmosphärische Parameter messen, also etwa die Konzentration von Wasserdampf oder von Spurengasen wie Stickoxiden, Schwefeldioxiden oder Methan. Auf diese Weise kann etwa an Industrieanlagen ermittelt werden, ob die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte eingehalten werden. LiDAR-Systeme sind grundsätzlich auch geeignet, um die Atmosphäre und die Oberfläche der Erde aus dem All zu erkunden. Das stellt die Technik allerdings vor große Herausforderungen. Die Kolleginnen und Kollegen von Alter Technology haben daher ein Verfahren entwickelt, mit dem LiDAR-Sensoren für den Einsatz an Satelliten erprobt werden können.
Sie nutzen LiDAR bei Standortgutachten für Windenergieanlagen. Wie funktioniert das konkret?
Wir nutzen LiDAR zur Messung der Windgeschwindigkeit. Das herkömmliche Instrument zur Windmessung ist das Anemometer. Dabei handelt es sich im Prinzip um einen Stiel, auf dem sich Kugelschalen drehen. Der Wind wird dabei genau an diesem Punkt, also lokal, gemessen. LiDAR-Systeme arbeiten dagegen mit Licht und erlauben eine Messung aus der Entfernung. Die Lichtstrahlen haben eine gewisse Wellenlänge, die sich einstellen lässt – und dann weiß man eben, wie lange das Licht von A nach B braucht. Auf ihrem Weg treffen die Lichtstrahlen auf kleine Schwebeteilchen, die sogenannten Aerosole. Die kennen wir seit Corona als Mikrotröpfchen, es können aber auch Staubpartikel sein oder Rußpartikel aus einem Autoauspuff. Von diesen Aerosolen wird das Licht reflektiert und zum LiDAR-Gerät zurückgesendet. Über den sogenannten Dopplereffekt lässt sich dann ermitteln, wie schnell sich dieses Staubteilchen dort oben bewegt, also mit welcher Geschwindigkeit der Wind weht.
„Das Charmante an der LiDAR-Technologie ist, dass sich die Windgeschwindigkeit vom Boden aus in bis zu 200 Metern Höhe zuverlässig messen lässt.“
Welche Vorteile ergeben sich dadurch?
Das Charmante an der LiDAR-Technologie ist eben, dass sich die Windgeschwindigkeit vom Boden aus in bis zu 200 Metern Höhe zuverlässig messen lässt. Neuere Windenergieanlagen haben Nabenhöhen von über 160 Metern. Einen klassischen Messmast mit Anemometer in solcher Höhe aufzubauen bedeutet einen enormen Aufwand: Man braucht eine Baugenehmigung, viel Platz und Zeit für die Installation – und wenn oben auf dem Turm ein Gerät kaputt ist, muss jemand hinaufklettern. Das von uns verwendete LiDAR-System ist dagegen ein kompakter Würfel von 60 mal 60 Zentimetern, der sich in einem kleinen Anhänger transportieren und betreiben lässt. Den kann man ohne großen Vorlauf aufs Feld fahren und dort die Messung starten. Wir arbeiten bereits seit gut fünf Jahren mit dieser Methode, zunächst mit Leihgeräten oder zusammen mit anderen Messinstituten. Seit Herbst vergangenen Jahres haben wir auch das erste eigene LiDAR-Gerät im Einsatz.
© VISIONPLUS CO., Ltd.Das LiDAR-System, ein kompakter Würfel von 60 mal 60 Zentimetern, hier zu sehen in Südkorea.
Die Steuerung des Systems erfolgt dann vor Ort oder digital?
Dieses System wird am Einsatzort völlig autark über Sonnenenergie und eine Brennstoffzelle betrieben. Man benötigt also etwa keine Stromleitungen. Drei Solarpaneele speisen dabei eine Batterie, über die das LiDAR-Gerät beheizt und mit Strom versorgt wird. Wenn die Sonne nicht stark genug scheint, springt die mit Methanol betriebene Brennstoffzelle ein. Über einen Onlinezugang können wir dann aus der Ferne auf das Gerät zugreifen. Voraussetzung ist die Verfügbarkeit des 4G-Mobilfunknetzes vor Ort oder ein anderweitiger Zugang zum Internet. Wenn ein Blatt auf den Sensor fällt und den Laserstrahl blockiert oder ein anderer Fehler auftritt, schickt das System eine Mail. Ich kann vom Büro aus sogar den Scheibenwischer bedienen, der vorne auf der Optik sitzt. Wir müssen also nur selten rausfahren, um Methanol für die Brennstoffzelle oder Wischwasser nachzufüllen. Für beides kann man aber auch eine Landwirtin oder einen Landwirt vor Ort anlernen. Das macht den Betrieb des Systems noch einmal kostengünstiger.
Und das funktioniert auch bei der Planung von Offshore-Windanlagen?
Ganz genau. Das LiDAR-System wird in diesem Fall auf einer schwimmenden Plattform installiert. Windmessungen, ob onshore oder offshore, werden ja grundsätzlich nicht nur ein paar Tage, sondern üblicherweise über mindestens zwölf Monate durchgeführt. Denn wir wollen ja die Windverhältnisse über den gesamten Jahresverlauf ermitteln – vom wilden Aprilwetter über das laue Sommerlüftchen. Nur so lässt sich verlässlich prognostizieren, was die geplante Windenergieanlage im realen Betrieb produzieren wird. Das ist für die Planenden und Betreibenden von Windanlagen auch ein finanzieller Faktor: Um an einer EEG-Ausschreibung teilzunehmen, müssen sie seit 2017 einen Nachweis über die Eignung des geplanten Standorts vorlegen. In diesen Standortgutachten geben sie auch an, wie viele Kilowattstunden Strom diese Anlagen pro Jahr erzeugen werden. Pro Kilowattstunde erhalten sie dann einen bestimmten Cent-Betrag über die EEG-Umlage. Stellt sich im Betrieb aber heraus, dass diese Anlagen weniger effizient produzieren als veranschlagt, müssen die Betreibenden den Mehrbetrag zurückzahlen, und zwar mit Zinsen. Und mit möglichst präzisen Prognosen über genaue Messungen können sie diese Kosten vorab vermeiden.
ZUR PERSON
© TÜV NORD
Christine Peeck ist Gruppenleiterin für Wind & Technical Site Assessment bei TÜV NORD. Die studierte Meteorologin kümmert sich um Standortgutachten, die vor dem Bau und während des Betriebes einer Windenergieanlage erforderlich sind. Mit ihren Kolleginnen und Kollegen ermittelt sie das Windpotenzial vor Ort. Aber auch, ob die geplanten Anlagen Anwohnerinnen und Anwohner und die Tierwelt sowie andere Windenergieanlagen beeinträchtigen könnten.
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