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Rakete und Satelit
150 Jahre TÜV NORD

Eine kurze Geschichte der Raumfahrt

18. Dezember 2019

Die unendlichen Weiten des Weltraums und seine Gestirne faszinieren die Menschheit von jeher. Die theoretische Grund­lage für Ausflüge ins All legt allerdings erst die Raketen­wissenschaft ab den 1920er-Jahren, der Wett­streit der Super­mächte im Kalten Krieg sorgt dann für den nötigen Treib­stoff. Wie sich der Flug in den Welt­raum entwickelt, was sich seit der Mond­landung verändert hat und wie man dafür sorgt, dass Sonden nach einer Reise von Aber­milliarden Kilometern ihr Ziel noch funktions­tüchtig erreichen – das erzählen wir in unserer kurzen Geschichte der Raumfahrt.

Wenn es Nacht wird auf der Erde, gehen seit grauer Vorzeit alle Augen nach oben: Bereits unsere Vorfahren verehrten die rätselhaften Gestirne als astrale Gottheiten und begannen, sich in astronomischen Beobachtungen einen ersten Reim auf die Gesetze des Himmels und seiner Objekte zu machen. Auch der Aufbruch zu fernen Welten hat die Menschen bereits in der Antike beschäftigt. In den „Wahren Geschichten“ des römischen Satirikers Lukian um 200 n. Chr. verweht es ein Segel­schiff bis auf den Mond – wo seine Besatzung in einen inter­planetarischen Krieg zwischen Mondkönig und Sonnen­herrscher verwickelt wird. Rund 1.400 Jahre später wählt der Astronom und Natur­philosoph Johannes Kepler den fantasie­vollen Rahmen einer fiktionalen Mond­reise, um für die wissen­schaftliche Wahr­heit des kopernikanischen Welt­reichs zu werben: 1608 beschreibt der Vater der Astro­physik in seiner Erzählung „Somnium“, wie sich die Erde vom Mond aus zeigen müsste. Kepler ist bereits klar, dass es zur Über­windung der irdischen Gravitation einer gewaltigen Kraft bedarf – für die in seiner Erzählung hilfreiche Dämonen sorgen. Technologisch durch­gespielt wird der Welt­raum­flug erstmals im 19. Jahr­hundert. In seinem Roman „Von der Erde zum Mond“ von 1865 schießt Jules Verne zwei Amerikaner, einen Franzosen, zwei Hunde und diverse Hühner ins All. Abgefeuert wird die Raum­kapsel der inter­planetarischen Reise­gruppe aus einer 300 Meter langen Super­kanone, die mit 200 Tonnen Spreng­stoff geladen ist. Wie rund 100 Jahre später die Astronauten der „Apollo“-Missionen, starten die Raumfahrer in Florida und erneuern den Sauer­stoff auf dem Flug durch chemische Prozesse. Und wie bei realen Welt­raum­projekten müssen zunächst gewaltige Geld­summen gesammelt und diverse Experimente und Test­flüge durch­geführt werden, bevor der Start erfolgen kann.

Raketen statt Kanonen

Vernes Vision trifft einen Nerv im technik­verliebten Jahr­hundert der anbrechenden Industrialisierung. Und das ist kein Wunder: Wo die weißen Flecken auf der irdischen Land­karte weiter schmelzen, suchen sich die grenzen­lose Neugier und der Entdecker­drang des Homo sapiens neue außer­irdische Ziele – die durch technischen Fort­schritt doch auch zu erreichen sein müssen.

Davon ist auch Hermann Oberth überzeugt. 1894 in Sieben­bürgen geboren, verschlingt er als Elf­jähriger Vernes „Von der Erde zum Mond“. Schon bald kann sich Oberth ausrechnen, dass eine Kanone nicht geeignet ist, um Menschen zum Mond zu befördern: Die Reisenden würden den Anpress­druck durch die enorme Beschleunigung nicht überleben. Sein Ausweg ist eine Maschine, die ihren Vortrieb nach dem Rück­stoß­prinzip selbst erzeugt – kurz gesagt: die Rakete.

Sie startet vergleichs­weise langsam und beschleunigt erst am Rande der Atmos­phäre auf Höchst­geschwindig­keit. Das schont die Besatzung und verringert die Luf­treibung, die das Flug­gerät ausbremst. Wie schon einige Jahre zuvor der Russe Konstantin Ziolkowski (1857–1935) – wie Oberth ein passionierter Jules-Verne-Leser – formuliert er die „Raketen­grund­gleichung“ und trägt damit dazu bei, die wissenschaftlich-technischen Grundlagen der Welt­raum­fahrt zu legen.

Unabhängig voneinander entwickeln die beiden Pioniere der Raum­fahrt auch das Prinzip der Stufen­rakete: Während des Flugs wird die Rakete durch den Verbrauch des schweren Treib­stoffs schnell leichter und kann so ihre Geschwindig­keit immer weiter steigern. Ist eine Stufe aus­gebrannt, wird die leere Hülle abgesprengt, um das Gewicht weiter zu verringern – nur so lassen sich Geschwindig­keiten von 28.000 Kilo­metern in der Stunde zur Über­windung der Erd­anziehungs­kraft erreichen. Die eigentliche Raum­kapsel ist nur die winzige „Spitze des Eisbergs“ der Rakete, die sich zu 90 Prozent aus Treibstoff, 9 Prozent Raketen­körper und nur 1 Prozent Nutz­last zusammen­setzt.

Oberths Buch „Die Rakete zu den Planeten­räumen“ von 1923 fasst die Grund­lagen der Welt­raum­physik zusammen und macht sie einem breiten Publikum verständlich. Die erste Flüssig­keits­rakete zündet allerdings 1926 Robert Hutchings Goddard in Massachusetts. Oberths erster Raketen­motor für flüssige Treib­stoffe brennt drei Jahre später. Bei den weiteren Versuchs­arbeiten zur „Kegel­düse“ helfen ihm junge Techniker und andere Raketen­enthusiasten, darunter der Student Wernher von Braun.

Dieser wird später technischer Direktor des ersten Raketen­versuchs­zentrums in Berlin-Kummersdorf und anschließend in Peenemünde. Hier wird unter seiner Leitung ab 1939 das „Aggregat 4“ entwickelt. Unter dem Namen „V2“ soll die erste funktions­tüchtige Flüssig­keits­rakete der Welt Nazi-Deutschland als „Wunder­waffe“ den Sieg sichern. Nach der Nieder­lage sichern sich die USA diverse Raketen, Baupläne und das Know-how Wernher von Brauns sowie weiterer deutscher Raketen­wissenschaftler. Die Sowjets gehen größten­teils leer aus – trotzdem wird der Start­schuss zur Raum­fahrt zehn Jahre später im heutigen Kasachstan gegeben.

Der „Sputnik“-Schock

Ein leises Piepen aus dem All versetzt im Oktober 1957 die ganze Welt in Erstaunen – und die USA in einen Schock­zustand. Abgesendet wird es vom Satelliten „Sputnik“, den die Sowjets kurz zuvor mit der gleich­namigen Rakete ins All geschossen haben. Gerade mal 58 Zenti­meter groß und nur 84 Kilo schwer, trifft der kugel­runde Erd­trabant die Vereinigten Staaten mit gewaltiger Wucht: Die Vorherrschaft im Welt­raum und die militärische Sicherheit im Kalten Krieg auf der Erde scheinen durch die Raketen der Russen massiv bedroht. Und die lassen im darauffolgenden Monat erneut ihre technologischen Muskeln spielen.

Um herauszufinden, ob Lebewesen die Schwere­losig­keit verkraften, schicken die Sowjets am 3. November 1957 die Hündin Laika ins All. Als erstes Lebe­wesen umkreist Laika die Erde – stirbt aber wenige Stunden nach dem Start an Stress und Über­hitzung. Die USA gründen 1958 die Raum­fahrt­agentur National Aeronautics and Space Administration, besser bekannt unter dem Kürzel „NASA“, und beginnen ihrerseits mit Tier­versuchen, um ihr „Mercury“-Programm auf den Weg zu bringen. Mit einer Redstone-Rakete schießen sie 1959 den Rhesus­affen Sam bis an die suborbitalen Ränder des Weltraums. Die Rakete gelangt also nicht auf eine Umlauf­bahn – dafür ist Sam nach der Landung noch am Leben. Ziel des nach dem römischen Götter­boten benannten „Mercury“-Programms: den ersten Astronauten ins Weltall zu bringen. Doch auch hier kommen den US-Amerikanern die Sowjets zuvor.

Juri Gagarin, der erste Mensch im All

Am 12. April 1961 startet der Armeeoffizier Juri Gagarin mit der „Wostok 1“ vom Welt­raum­bahnhof Baikonur. Statistisch gesehen liegen seine Über­lebens­chancen bei unter 50 Prozent, wie russische Raketen­wissenschaftler errechnen. Doch gegen die Wahr­scheinlichkeit gelingt die Mission: Gagarin umkreist in seiner runden Raum­kapsel in 106 Minuten einmal den Globus und landet in der Nähe der süd­west­russischen Stadt Saratow wohl­behalten als erster Mensch im All auf der Erde. Ein Meilen­stein der noch blut­jungen Raum­fahrt­geschichte – und ein bedeutsamer Etappen­sieg beim Wettlauf ins All gegen den Erzfeind aus Übersee. 

Zehn Monate später, am 20. Februar 1962, können die USA mit dem ersten bemannten Orbital­flug in der „Mercury-Atlas 6“ zur Sowjetunion aufschließen, die jedoch nach Anzahl und Dauer der Raum­flüge noch immer führt.

Kennedy und die Mond-Mission

Ein spektakulärer Erfolg soll nun die bisherigen Niederlagen im „Space Race“ bedeutungs­los machen, so die Idee von US-Präsident John F. Kennedy. Bereits sechs Wochen nach dem Gagarin-Coup der Sowjetunion verkündet der Präsident vor dem Kongress: Noch vor dem Ende des Jahr­zehnts soll ein US-amerikanischer Astronaut auf dem Mond landen und gesund zur Erde zurück­kehren. „Kein anderes Raum­fahrt­projekt wird die Menschheit mehr beeindrucken oder für die Fern­erkundung des Welt­raums wichtiger sein“, wirbt der Präsident und schwört die US-amerikanische Öffentlichkeit zugleich auf einen unvergleichlich langwierigen und kost­spieligen Wett­lauf ein.

Unter der Mitwirkung Wernher von Brauns startet ab 1965 das „Gemini“-Projekt, das die Flüge der „Apollo“-Missionen zum Mond vorbereiten soll. Auf ihrem Höhe­punkt wird „Apollo“ 4 Prozent des Staats­budgets verschlingen – 400.000 Menschen arbeiten direkt oder indirekt an der Mond­mission.

Ein Ausstieg im All ist kein Spaziergang

Bevor die ersten Erfolge sichtbar werden, kann die UdSSR aber noch einige prestige­trächtige Premieren für sich verbuchen: 1963 bringt die Sowjet­union die erste Frau ins All. Auf einer fast drei Tage dauernden Reise umkreist Walentina Tereschkowa an Bord von „Wostok 6“ die Erde 48 Mal. Fast 20 Jahre bleibt sie die einzige Frau im Weltraum – und ist bis heute die einzige Astronautin der Raum­fahrt­geschichte, die im Allein­flug ins All aufgebrochen ist.

Mit der „Woschod“-Raumkapsel schießt die Sowjetunion im Oktober 1964 erstmals drei Kosmonauten gleich­zeitig in den Weltraum. Bei der „Woschod 2“-Mission im folgenden Jahr steigt Alexej Leonow als erster Mensch aus dem Raumschiff ins All. Zwölf Minuten und neun Sekunden verbringt er an einer fünf Meter langen Sicherungs­leine im freien Raum. Doch der Wieder­einstieg gestaltet sich kritisch: Leonows Raum­anzug hat sich aufgebläht – der Kosmonaut passt nicht mehr durch die Luft­schleuse. Auf die Gefahr hin, dass ihm der Sauer­stoff knapp wird, lässt er Druck ab und schiebt sich, Kopf voran, unter größten Anstrengungen zurück in die Schleuse. Dass der erste Ausstieg eines Menschen beinahe tödlich geendet hätte, wird erst in der Gorbatschow-Ära bekannt.

„Gemini 7“ – zwei Wochen im Weltraum

1965 und 1966 führt die USA im Rahmen des „Gemini“-Programms insgesamt zehn Welt­raum­flüge durch, bei denen die für den Mond­flug wichtigen Techniken entwickelt und erprobt werden. Die Crews sammeln Erfahrungen im Umgang mit Computer­steuerung, Kopplungs­manövern und der Arbeit außerhalb des Raum­schiffs. Mit „Gemini 7“ stellt die NASA einen neuen Lang­zeit­rekord für den Welt­raum­flug auf: Fast 14 Tage sind Frank Borman und Jim Lovell im All unter­wegs, führen dabei diverse Experimente durch und beweisen, dass sich Astronauten ohne medizinische Probleme länger in der Schwere­losig­keit aufhalten können, als für einen Mond­flug erforderlich ist.

1966 startet die NASA mit dem „Apollo“-Programm die letzte und entscheidende Phase auf dem Weg zum Mond. Die beginnt mit der größt­möglichen Katastrophe: Bei Vorbereitungen zur „Apollo 1“-Mission verbrennen am 27. Januar 1967 die drei Astronauten in der Kommando­kapsel. Doch auf dem Weg zum Mond den Sowjets das Feld zu über­lassen kommt für die USA nicht infrage. In unbemannten Missionen werden die gewaltige „Saturn V“-Trägerrakete und die Mond­lande­fähre erprobt. Im Oktober 1968 erfolgt mit „Apollo 7“ der nächste bemannte Raum­flug der NASA in einem grund­legend über­arbeiten „Apollo“-Raumschiff der zweiten Generation.

Finale Flüge vor der Mondlandung

Mit „Apollo 8“ startet zwei Monate später, am 21. Dezember, ein Astronauten­team zum ersten bemannten Flug in den Mond­orbit. James Lovell, Frank Borman und William Anders umkreisen zehn­mal den Mond, testen die Lande­fähre und sind die ersten Menschen, die die Rück­seite des Mondes mit eigenen Augen sehen. Erste grob­körnige Schwarz-Weiß-Fotos von der dunklen Seite des Erd­trabanten hatte die russische Sonde „Lunik 3“ bereits im Oktober 1959 zur Erde gefunkt.

Doch der Schnappschuss, den Astronaut Anders außer­plan­mäßig am 24. Dezember knipst, soll unseren Blick auf die Erde funda­mental verändern: Im Vorder­grund die kahle graue Mond­land­schaft, im Hinter­grund die „aufgehende“ Erde: blau, weiß, zerbrechlich im nacht­schwarzen All. Dem Historiker Robert Poole gilt „Earthrise“ als Geburts­stunde der Umwelt­bewegung. Das „Time Magazine“ nimmt das Bild in seine Auswahl der 100 einfluss­reichsten Fotografien der Geschichte auf.

Große Sprünge im Meer der Ruhe

Ganz große Raum­fahrt­geschichte soll dann im folgenden Jahr geschrieben werden. Am 16. Juli 1969 starten Neil Armstrong, Michael Collins und Edwin „Buzz“ Aldrin zum Mond und erreichen nach drei Tagen und fast 400.000 Kilo­metern dessen Um­lauf­bahn. Am 20. Juli ist es so weit: Collins hält im Kommando­modul der Raumfähre „Columbia“ die Stellung. Armstrong und Aldrin landen mit der Mond­lande­fähre „Eagle“ im Meer der Ruhe. Zuerst macht Armstrong seinen großen Sprung für die Menschheit, 20 Minuten später betritt auch Aldrin den Mond.

600 Millionen Menschen sehen in ihren Wohn­zimmern auf der Erde zu, wie die beiden Astronauten zwei­einhalb Stunden auf der Mond­ober­fläche verbringen, Experimente durch­führen, die US-amerikanische Fahne in den Staub stecken und 21 Kilo­gramm Mond­gestein sammeln. Zehn weitere US-amerikanische Astronauten werden Armstrong und Aldrin bis zur Einstellung des „Apollo“-Programms folgen. Am 14. Dezember 1972 steigt Eugene Cernan als letztes Crew­mitglied von „Apollo 17“ in die Mond­fähre. Seither hat kein Mensch mehr den Erdtrabanten betreten.

Auf den Wettlauf folgt die Wissenschaft

Mit dem Ende des kostspieligen „Apollo“-Programms werden auch die enormen Budgets der Raum­fahrt­agenturen in den USA und der Sowjetunion drastisch gekürzt. War der Wettlauf um den Mond vor allem eine Frage der Ehre im Kampf der Systeme, soll nun verstärkt das Wissen um das Weltall gemehrt werden. Etwa mit Raum­sonden wie der „Pioneer 10“, die im März 1972 zum Gas­planeten Jupiter startet. An Bord eine inter­stellare Flaschen­post in Form einer vergoldeten Plakette. Sie soll außer­irdischen Intelligenzen zeigen, wie wir aussehen und wo im Sonnen­system wir zu finden sind. Die Sonde misst die Stärke von Sonnen­stürmen, durchquert den Asteroiden­gürtel jenseits des Mars und erreicht im November 1973 das Jupiter­system. Ihre Missions­zeit ist eigentlich auf 21 Monate angesetzt. Doch die „Pioneer“ ist robuster als gedacht und wird als erstes menschen­gemachtes Flug­objekt unseres Sonnen­systems 31 Jahre lang Signale aussenden.

Die UdSSR hat ihr bemanntes Mond­programm bereits Anfang der 1970er-Jahre nach diversen Rück­schlägen still und leise beendet. Erfolg­reicher ist sie mit ihren unbemannten Mond­flügen. So gelingt es den Sowjets, 1971 mit „Lunochod 1“ den ersten fern­gesteuerten Rover auf einem fremden Himmels­körper abzusetzen. Parallel hat die UdSSR bereits ein neues Programm gestartet: „Leben und Forschen im All“ heißt die neue Vision. Möglich machen soll das eine Raum­station in der Erd­umlauf­bahn.

Forschen im Orbit – russische Raumstationen und US-amerikanische Spaceshuttles

1971 bringt „Sojus 10“ die Raumstation „Saljut 1“ ins All. 16 Meter lang und 19 Tonnen schwer, ist sie, wie ihre Nach­folgerinnen, von vornherein auf eine begrenzte Lebens­dauer ausgelegt. In den kommenden Jahren sammeln die Sowjets Erfahrungen mit insgesamt sieben Generationen der temporären Raum­stationen. Am 26. August 1978 startet der NVA-Offizier Sigmund Jähn als erster Deutscher ins Weltall und stattet der „Saljut 6“ einen etwa acht­tägigen Besuch ab.

Auch die USA wollen künftig Forschung im All betreiben. Dazu entwickeln sie die Space­shuttles – wieder­verwert­bare Raum­fähren, die den Flug in den Orbit erschwinglicher machen sollen als die bisherigen Ein­weg­raketen. Im Vergleich mit den Mond­raketen haben sie eine erheblich kleinere Reich­weite. Dafür können sie bis zu acht Astronauten und rund 24 Tonnen Nutzlast in eine niedrige Umlauf­bahn transportieren, um dort Sonden auszusetzen oder Satelliten einzusammeln und zurück zur Erde zu schaffen.

Beteiligt an dem Programm ist zum ersten Mal auch die 1975 gegründete European Space Agency (ESA). Die Europäische Raum­fahrt­organisation stellt Forschungs-Astronauten und entwickelt für die Raum­fähre das Welt­raum­labor „Spacelab“. Bei dessen Jung­fern­flug im November 1983 ist der Physiker Ulf Merbold als erster ESA-Astronaut an Bord. Der zweite Deutsche im Weltall steht auch für einen Wachwechsel im Weltall: Bislang wurden Astronauten und Kosmonauten vornehmlich unter erfahrenen Test­piloten rekrutiert. Nun braucht es neben Stress­resistenz und Flug-Know-how vor allem auch wissenschaftliche Kompetenz, um ein Ticket ins All zu lösen.

Kooperation statt Konkurrenz – die Internationale Raumstation ISS

Die politische Tauwetterlage erlaubt erstmals auch Kooperationen über System­grenzen hinweg: 1988 verbringt der französische Astronaut Jean-Loup Chrétien drei Wochen auf der russischen Raumstation „Mir“. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs beteiligt sich die ESA in größerem Stil am russischen Raum­fahrt­programm. 1994 forscht Ulf Merbold einen Monat auf der „Mir“. 1995 verbringt der Astronaut Thomas Reiter ein halbes Jahr auf der russischen Raumstation, an die nun auch die US-amerikanischen Space­shuttles regel­mäßiger andocken. Bereits zwei Jahre vor Reiters Aufenthalt schmieden die USA und Russland erste Pläne für eine gemeinsame Raum­station. Bis 1998 schließen sich 13 weitere Staaten dem Projekt an – Kanada, Japan und elf europäische Länder. Im November 1998 wird dann das erste Bauteil der „International Space Station“ (ISS) ins All gebracht, die Station Jahr für Jahr weiter ausgebaut.

Hochgeschafft werden Material und Module überwiegend mit den US-amerikanischen Space­shuttles. Die Mehr­weg­raum­schiffe haben sich zwar als erheblich teurer erwiesen als ursprünglich geplant, doch durch seine Nutz­last­kapazitäten kann das „Arbeits­pferd“ der NASA noch mal seine Stärke aus­spielen – bis die Raum­fähren 2011 aus Kosten- und Sicherheits­gründen in den Ruhe­stand geschickt werden.

Elektronik für den Flug ins All

Dass diverse elektronische Geräte an Bord der ISS auch nach Jahr­zehnten unter außer­irdischen Bedingungen zuverlässig funktionieren – darum kümmert sich auch Alter Technology. Die TÜV NORD-Tochter wurde 1986 gegründet. Schon bald war die Expertise der Sicher­heits­experten bei den meisten wissenschaftlichen erd­beobachtenden und bemannten Raum­flug­missionen in Europa aber auch welt­weit gefragt. Beteiligt sind sie etwa beim Wetter­satelliten „Envisat“ – dem größten Satelliten, der je in Europa gebaut wurde –, beim Aufbau des europäischen Wetter­satelliten­systems „Meteosat“ und bei den Welt­raum­teleskopen Planck und Herschel, die Forschern zwischen 2009 und 2013 neue Erkenntnisse über die Entstehung von Sternen in fernen Galaxien und über unser eigenes Sonnen­system eröffnet. Involviert sind die Spezialisten auch in die Mission des Mars-Rovers „Curiosity“, der seit dem 6. August 2012 für die NASA auf dem Roten Planeten nach Spuren von Leben sucht.

Mission „Rosetta“ und die Kinderstube des Kosmos

Zwei Jahre später, im August 2014, erreicht die Raumsonde „Rosetta“ den Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko, kurz: „Tschuri“. Nach einer Reise von zehn Jahren, fünf Monaten, vier Tagen und 6,4 Milliarden Kilo­metern setzt die Raum­sonde erstmals in der Geschichte der Raum­fahrt einen Lande­roboter auf einem Kometen ab. Die wissenschaftliche Frage hinter der wohl spektakulärsten Mission der ESA: Brachten Kometen einst Wasser und Leben auf unsere Erde?

Alle 21 wissenschaftlichen Instrumente an Bord funktionieren – und das nach jahre­langem Tief­schlaf in eisiger Dunkelheit. Auch die komplizierte Landung in der „Kinder­stube des Kosmos“ gelingt – eine gewaltige Heraus­forderung auch für die Experten von Alter Technology, die vorab und während der Mission dafür verantwortlich waren, die Zuverlässigkeit der Geräte an Bord zu gewähr­leisten.

Schließlich ist der Weltraum nicht nur für Menschen, sondern auch für technische Geräte eine feindliche Umgebung: Die Apparate müssen der Strahlung von Sonne und Sternen, dem luftleeren Raum, extremen Temperatur­schwankungen und den Vibrationen, Erschütterungen und der enormen Beschleunigung beim Start stand­halten. Reparaturen sind im All unmöglich. Um sicher­zustellen, dass die Geräte auch nach Jahren unter außerirdischen Extrem­bedingungen funktionieren, werden sie daher von den Experten im Vorfeld aufwendigen Belastungs­tests unter­zogen, die die Bedingungen im All simulieren.

Weltraum in der Hosentasche

Heute haben menschen­gemachte Raum­sonden jeden Planeten unseres Sonnen­systems umflogen. Und während die techno­logischen Augen im All unser Wissen über das Universum Flug für Flug vermehren, sind ihre erdnahen Geschwister in unserem Alltag längst unverzicht­bar geworden. Ob Navigations­systeme, Mobil­telefonie oder Wetter­dienste – ein Leben ohne den Segen der Satelliten­technologie können wir uns kaum noch vor­stellen.

Um den weltweiten Breit­band­hunger zu stillen, schicken auch jüngere Unternehmen immer häufiger Satelliten ins All. „SpaceX“ versorgt mit seiner Falcon-Rakete die ISS und hat unlängst seine ersten 60 Satelliten aus­gesetzt. Bis zu 12.000 Satelliten sind geplant, mit denen das Unter­nehmen von Tesla-Gründer Elon Musk auch die hintersten Winkel der Erde mit schnellem und preis­wertem Internet verbinden will. Doch anders als NASA oder ESA verfügen die New­comer im All nicht über eine jahr­zehnte­lange Erfahrung.

Alter Technology hat deshalb eine Big-Data-gestützte Such­maschine für Satelliten­bau­teile entwickelt. Mit ihr können junge Welt­raum­agenturen beim Bau der künstlichen Erd­trabanten auf das gesammelte Wissen ihrer Vor­gänger zurück­greifen.

Die neueste Entwicklung der Prüf­experten für die Raum­mission setzt ihrer­seits auf das Internet: eine Online­plattform, über die Raum­fahrt­tests aus der Ferne durch­geführt werden können. So lassen sich aufwendige Raum­fahrt­projekte in kürzerer Zeit auf den Weg bringen, damit unser Hunger nach rasantem Internet, vor allem aber unsere grenzen­lose Neugier auf ferne Planeten zumindest ein wenig gestillt werden kann.

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