02. April 2020
2030 ist das neue 2000: Wer große Pläne für die Zukunft macht, der schmiedet sie aktuell für das Jahr 2030. #explore hat sich angeschaut, was Staaten, Unternehmen und Start-ups in den nächsten zehn Jahren auf die Beine stellen wollen, um unsere Welt zu verbessern.
Europa wird umweltfreundlicher
Bis 2030 sollen sich die Treibhausgasemissionen in der EU um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 verringert haben. Wenigstens ein Drittel der Energie soll dann aus Wind, Sonne oder Wasser stammen und die Energieeffizienz um mindestens 32,5 Prozent erhöht sein, so die Zielvorgaben der Europäischen Union. Norwegen will den eigenen Treibhausgasausstoß bis dahin sogar um 50 bis 55 Prozent senken. Die ambitioniertesten Klimaziele hat sich Dänemark gesetzt: Bis 2030 will das Land seine Emissionen um 70 Prozent zurückfahren – ohne dabei mit Atomkraft auszuhelfen. Nach Berechnungen des Energieverbands Dansk Energi soll die dänische Stromproduktion bis 2028 zu 100 Prozent grün sein. Bis 2030 werde man neun Prozent mehr Strom produzieren, als im eigenen Land benötigt wird.
Frischer Wind für Großbritannien
Das Vereinigte Königreich will bis 2030 seine Offshore-Windparks deutlich ausbauen. Über 30 Prozent des Elektrizitätsbedarfs sollen dann mit Windrädern vor den Küsten gedeckt werden. Wird der Plan in dieser Form in die Tat umgesetzt, würden nach Regierungsangaben im Jahr 2030 rund 70 Prozent des britischen Stroms aus kohlenstoffarmen Quellen stammen.
© Getty ImagesPlatz und Wind in Massen: Offshore-Windparks könnten erheblich zum Energiegewinn beitragen.
Klimaneutrale Unternehmen
Unternehmen wie Siemens, Infineon und die Sky-Gruppe wollen bis 2030 klimaneutral sein. Microsoft will bis dahin CO2-negativ werden, also mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre zurückholen, als der Konzern verursacht. Der Plan geht sogar noch einen Schritt weiter: Bis 2050 möchte der Tech-Riese den gesamten Kohlenstoff aus der Atmosphäre entfernen, den er seit seiner Gründung im Jahr 1975 entweder direkt oder durch seinen Stromverbrauch ausgestoßen hat.
Stromtankstellen für Millionen
Die Bundesregierung hat angekündigt, bis 2030 insgesamt eine Million öffentliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zu schaffen. Auf deutschen Straßen sollen dann zehn Millionen Elektroautos und 500.000 elektrische Nutzfahrzeuge unterwegs sein, so das Ziel von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Aktuell fahren hierzulande rund 137.000 reine E-Autos und etwas mehr als 100.000 Plug-in-Hybride, die an 24.000 öffentlichen Ladepunkten Strom tanken können. Ein weiter Weg also bis 2030, den die Regierung unter anderem mit der aktuellen Anhebung des Umweltbonusses und weiteren Fördermaßnahmen ebnen will. Die Tendenz ist jedenfalls da: Die Zahl der Ladesäulen ist 2019 um 50 Prozent gestiegen, reine Elektrobusse und E-Autos legten bei den Neuzulassungen um jeweils 60 Prozent zu. Ab diesem Jahr werden alternative Antriebe in Deutschland wie Europa dann richtig durchstarten, prognostizieren Automobilexperten und Branchenverbände – auch weil die Autobauer empfindliche Strafzahlungen für EU-Flottengrenzwerte vermeiden wollen, die seit diesem Jahr gelten.
© Getty ImagesNoch sind sie eher Mangelware: öffentliche Elektroladesäule.
Erste emissionsfreie Schiffe stechen in See
Flugzeuge, Dieselautos und Kohlekraftwerke sind als Klimasünder feste Größen. Der Schiffsverkehr läuft dagegen in der Umweltdebatte überwiegend unter dem Radar – dabei ist er für rund zwei Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen verantwortlich. Ändern will das die „Getting to Zero Coalition“. Bis 2030 plant der Zusammenschluss von über 50 Unternehmen, die ersten „Zero-Emission Vessels“ in See stechen zu lassen. Damit soll dann auch etwa der CO2-Fußabdruck von BMW deutlich schrumpfen. Denn der wird in den Transportketten des Autobauers bislang zu 50 Prozent durch den Schiffsverkehr bestimmt.
Flugtaxis starten durch
Im Jahr 2030 sind weltweit 12.000 fliegende Taxis unterwegs, kalkuliert eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger. Spätestens 2050 sollen knapp 100.000 elektrische Fluggefährte Passagiere über und zwischen den Städten transportieren. Nicht nur in den USA und in Südostasien, auch in deutschen Städten und Regionen wie dem Ruhrgebiet, im Rhein-Main-Raum oder zwischen München, Augsburg und Ingolstadt werden sie dann das Reisen auf Kurz- und Mittelstrecken erheblich beschleunigen, zeigen sich die Studienautoren überzeugt. Luftfahrtexperten geben allerdings zu bedenken, dass die Flugtaxis bis dahin noch diverse technische und regulatorische Hürden nehmen müssen.
Roboter kosten uns Jobs oder greifen uns unter die Arme
Bis zum Jahr 2030 werden 20 Millionen Arbeitsplätze in Fabriken rund um den Globus nicht länger von Menschen, sondern von Robotern besetzt sein, erwarten die Experten von Oxford Economics. Am stärksten wird die Automatisierung dabei vor allem Regionen treffen, deren Bewohner überwiegend ein verhältnismäßig niedriges Ausbildungs- und Einkommensniveau haben. Ein optimistischeres Bild der zukünftigen Zusammenarbeit von Mensch und Roboter zeichnet das Forschungsprojekt AQUIAS: Kollaborative Roboter sollen den Forschern zufolge 2030 zum Beispiel schwerbehinderte Produktionsmitarbeiter im Job entlasten. Die meisten Arbeitnehmer in Deutschland würden die Zusammenarbeit mit Produktionsrobotern dann als interessant und abwechslungsreich erleben.
© Getty ImagesIst es bald ganz normal mit Robotern zusammenzuarbeiten?
Jedes zehnte Auto fährt autonom
Jedes zehnte Auto fährt im Jahr 2030 autonom, prognostizieren die Analysten von Statista. Private Besitzer autonomer Fahrzeuge sind aus Sicht des Statistikportals dann aber eine Ausnahme der Regel. Der Löwenanteil selbstfahrender Autos entfalle vielmehr auf „Robotaxis“, die Passagiere via App und gegen Bezahlung zum Ziel kutschieren. Das Wachstum der Straßenroboter hängt laut Statista neben den Produktionskapazitäten der Hersteller vor allem auch von der Verbraucherakzeptanz ab. Umfragen zufolge würden sich gerade mal 18 Prozent der Deutschen in einem autonomen Auto sicher fühlen. Das Prognos-Institut rechnet aus diesen und anderen Gründen damit, dass echte autonome Autos erst ab 2040 in größerer Zahl unterwegs sein werden.