16. August 2018
Neue Automodelle müssen sich bereits seit Herbst 2017 für die Typgenehmigung dem neuen Testzyklus WLTP unterziehen. Ab 1. September 2018 gilt dieses Verfahren zur Messung von Abgasemissionen und Verbrauch auch für sämtliche neu zugelassene Fahrzeuge. #explore erklärt, was sich mit dem neuen Prüfzyklus ändert.
Ab dem 1. September 2018 ist es amtlich. Dann müssen alle Fahrzeuge für die Zulassung das neue Verfahren „Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure“ (WLTP) durchlaufen. WLTP soll Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß realistischer messen als der bisherige Standard NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Für die Typzulassung neuer Modelle ist er bereits seit 1. September 2017 in der EU verbindlich. Seitdem erhalten Autos vom Kraftfahrt-Bundesamt nur noch dann eine Typgenehmigung, wenn sie den Abgasnormen 6c und 6d-TEMP entsprechen. Für letztere müssen die Fahrzeuge zusätzlich zum Test auf dem Rollenprüfstand erstmalig auch eine Abgasmessung auf der Straße absolvieren. Über den „Real Driving Emissions“-Test (RDE) soll ermittelt werden, ob die Grenzwerte für Stickoxide im realen Betrieb auf der Straße ebenfalls eingehalten werden. Dabei dürfen die Emissionen den Prüfstandwert zunächst noch um einen bestimmten Faktor übersteigen; bis 2020 müssen die Werte im Labor und auf der Straße aber bis auf eine Messtoleranz identisch sein.
Die WLTP-Prüfung wird, wie zuvor der NEFZ, komplett unter Laborbedingungen durchgeführt. Das Fahrzeug steht dabei auf einem Rollenprüfstand und fährt einen standardisierten Zyklus mit genau vorgeschriebenen Elementen. Im Unterschied zum NEFZ basiert der Zyklus im WLTP-Verfahren erstmals auf realen Daten von Autofahrern von Italien bis Indien. 750.000 Kilometer wurden insgesamt für Messfahrten durch 14 Länder in Europa, Asien und Nordamerika zurückgelegt.
© TÜV NORDBereit für den RDE-Test auf der Straße: Die Daten sammelt die mobile Messtechnik „Portable Emissions Measurement System“ (PEMS) am Fahrzeugheck.
Die neuen Testbedingungen
Auch längere Fahrstrecken und höhere Geschwindigkeiten sollen den Test realistischer machen. Mit 30 Minuten dauert der neue Zyklus 50 Prozent länger als bisher, und die Standzeit reduziert sich von knapp 24 auf 13 Prozent. Statt 11 Kilometer sind die Testfahrzeuge nun 23 Kilometer auf dem Rollenprüfstand unterwegs. Um Autobahnfahrten besser abbilden zu können, steigt die Höchstgeschwindigkeit von 120 auf 131 Kilometer pro Stunde. Das macht sich auch in einer höheren Durchschnittsgeschwindigkeit bemerkbar, die von 34 auf 46 Kilometer pro Stunde klettert. Und anstatt innerstädtischen und außerstädtischen Verkehr kombiniert zu simulieren, wird jetzt in vier Phasen getestet, wie gut oder schlecht sich ein Fahrzeug auf Landstraße, Schnellstraße, Autobahn oder im Stadtverkehr schlägt.
Brems- und Beschleunigungsverhalten fallen künftig ebenfalls praxisnäher aus. Wurden die Testfahrzeuge im NEFZ in 26 Sekunden von 0 auf 50 Kilometer pro Stunde beschleunigt, werden sie mit dem neuen Prüfzyklus jetzt öfter und stärker auf Touren gebracht oder abgebremst. Auch die Testtemperaturen sind ab sofort genau definiert. Im bisherigen NEFZ waren Temperaturen bis 30 Grad möglich. Im WLTP gilt nun eine feste Testtemperatur von 23 Grad. Weil das immer noch über der europäischen Durchschnittstemperatur liegt, wird in Europa ein Zusatztest bei 14 Grad Celsius durchgeführt. Auch das sorgt für authentischere Messungen. Denn bei niedrigen Außentemperaturen, wie sie hierzulande in Frühling, Herbst und Winter an der Tagesordnung sind, braucht der Motor länger, um warm zu werden, und verbraucht entsprechend mehr Kraftstoff.
Anders als im NEFZ wird bei WLTP nicht länger nur die Basisvariante eines Automodells getestet. Zukünftig müssen auch alle Modellvarianten mit ihren unterschiedlichen Karosserieformen, Getriebekombinationen und Sonderausstattungen auf den Prüfstand. Schließlich erhöhen Extras wie ein Schiebedach das Gewicht, breitere Reifen den Rollwiderstand und damit Kraftstoffverbrauch und Emissionsausstoß. In der Summe steigen durch diese Neuerungen Dauer und Zahl der Prüfungen und auch der damit verbundene Dokumentationsaufwand hinsichtlich Durchführung und Auswertung.
Der Reality-Check auf der Straße
Ergänzend zu den WLTP-Zyklen auf dem Rollenprüfstand müssen sich neue Fahrzeugtypen im aufwendigen RDE-Test auf der Straße bewähren. Denn auch verbesserte Laborverfahren wie WLTP bleiben eine Annäherung an die Realität. Ihr Vorteil liegt jedoch in ihrer Vergleichbarkeit, denn Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller werden unter identischen Bedingungen geprüft. Als ergänzender Realitätscheck für die Emissionen von Stickoxiden und Feinstaub ist der RDE-Test seit September 2017 für die Typzulassung nach 6d-TEMP verpflichtend. Die mobile Messtechnik, die dabei zum Einsatz kommt, wird seit 2011 bei der Typprüfung von Euro-VI-Lkw verwendet. Anders als im Labor variieren auf der Straße zwar Testbedingungen wie Windverhältnisse, Verkehrslage, Temperatur oder Beschleunigung. Dennoch sind auch die RDE-Tests auf größtmögliche Vergleichbarkeit ausgelegt. Neben den Fahrtanteilen auf Landstraße, Autobahn und in der Stadt sind etwa Mindest- und Höchstgeschwindigkeiten und Höhenunterschiede festgelegt.