04. Juni 2020
Wenn über nachhaltigere Mobilität diskutiert wird, bewegt sich der Schiffsverkehr in der öffentlichen Wahrnehmung überwiegend unter dem Radar. Dabei wird schon heute der größte Teil aller Waren über die Weltmeere verschifft. Und der Verkehr zu Wasser wächst und wächst. Eine effizientere Logistik, Flüssiggas oder Wasserstoff, aber auch die wiederentdeckte Kraft des Windes sollen die Schifffahrt in den kommenden Jahren sauberer machen.
Rund 90 Prozent des weltweiten Warenverkehrs werden auf dem Seeweg abgewickelt. Der Anteil der internationalen Seeschifffahrt an den globalen CO2-Emissionen liegt bei 2,6 Prozent. Das klingt erst einmal wenig – doch es ist mehr, als Deutschland in einem Jahr in die Atmosphäre entlässt. Und der Verkehr auf dem Wasser wird in den kommenden Jahren weiterwachsen. Laut der UNO-Schifffahrtsorganisation IMO könnten die klimaschädlichen Emissionen des Wasserverkehrs von 2012 bis 2050 um bis zu 250 Prozent steigen. Dabei hat sich die Branche über die IMO eigentlich zum Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß bis 2050 im Vergleich zu den Zahlen aus dem Jahr 2008 um mindestens 50 Prozent zu senken.
Der Kreuzfahrtbetreiber Aida Cruises setzt dazu verstärkt auf LNG, also flüssiges Erdgas. Im Unterschied zu herkömmlichem Schiffsdiesel werden beim Verbrennen von Flüssiggas weder Schwefeldioxid noch Feinstaub ausgestoßen und deutlich weniger Stickoxide und Ruß.
Mit Flüssiggas auf Kreuzfahrt
Mit der „Aida Nova“ hat Aida Cruises 2018 das weltweit erste Kreuzfahrtschiff vom Stapel gelassen, das ausschließlich mit flüssigem Erdgas fahren kann. Laut Angaben des Unternehmens verringere sich der Stickoxidausstoß gegenüber herkömmlichem Schweröl um 80 Prozent, die CO2-Emissionen immerhin um 20 Prozent. 2021 und 2023 sollen zwei weitere LNG-Schiffe auf Reisen gehen. Seit Frühjahr 2020 verschiffen zudem die ersten Flüssiggas-Autofrachter der Welt Fahrzeuge von Volkswagen aus dem ostfriesischen Emden an die Ostküste der USA. Und noch in diesem Jahr soll die „CMA CGM Jacques Saade“ Container zwischen Asien und Nordeuropa umweltfreundlicher transportieren. Der 400 Meter lange und 61 Meter breite Containergigant ist das erste von neun Schiffen der 23.000-TEU-Klasse, die die französische Reederei CMA CGM in Auftrag gegeben hat.
170 Flüssiggasschiffe waren laut Statista 2019 weltweit unterwegs, 70 bestellt und 123 LNG-ready – also so konstruiert, dass sie auf den emissionsärmeren Antrieb umgerüstet werden können. Gegenüber einer Weltflotte von rund 60.000 größeren Schiffen eine ziemlich übersichtliche Zahl. Und auch die Infrastruktur für die Versorgung mit dem tiefgekühlten Gas ist zwar in den vergangenen Jahren gewachsen, aber noch längst nicht flächendeckend verfügbar.
LNG in der Kritik
Während LNG nur langsam Fahrt aufnimmt, wird grundsätzliche Kritik an dem alternativen Kraftstoff laut. „Das Flüssigerdgas entpuppt sich als schädlicher Irrweg“, befindet die Umweltorganisation NABU. Sie beruft sich auf eine Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT), die LNG eine klimaschädlichere Wirkung als herkömmlichem Schiffsdiesel attestiert. Ursache sei das Methan, das bei Förderung, Transport und Einsatz von LNG in die Atmosphäre entweiche – und die Erde dabei noch deutlich stärker erwärme als CO2. Anstatt Geld in Flüssiggas zu pumpen, empfehlen die Forscher des ICCT, besser in energiesparende Technologien, CO2-neutrale Treibstoffe, Batterien, Brennstoffzellen und windassistierte Antriebe zu investieren.
Die Maritime LNG Plattform, eine Lobby-Organisation, will diese Befunde nicht so stehen lassen. Die ICCT-Studie trage dem aktuellen Stand der Motorenentwicklung keine Rechnung, die den Methanschlupf deutlich reduziere. Und anders als von den Forschenden angenommen, werde LNG heute nicht zu 50 Prozent in den USA durch das sogenannte Fracking gewonnen, wodurch besonders viel Methan freigesetzt wird.
„Sinnvoll ist auch der Einsatz von grünem Wasserstoff als Treibstoff. Technologisch ist das der nächste konsequente Schritt.“
Fest steht: Selbst wenn das Methan-Problem gelöst wird – das Potenzial zur CO2-Einsparung bleibt bei LNG begrenzt. „Als Übergangstechnologie ist Flüssiggas trotzdem ein sinnvoller Weg“, sagt der Schifffahrtsexperte Ralf Brauner. Nicht zuletzt, weil in den Gasmotoren später auch künstliches und regenerativ erzeugtes Erdgas verbrannt werden könne, erklärt der Professor für Seefahrt und Logistik an der Jade Hochschule in Elsfleth. „Sinnvoll ist auch der Einsatz von grünem Wasserstoff als Treibstoff. Technologisch ist das der nächste konsequente Schritt“, so Brauner. Wird der Wasserstoff mit Strom aus Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft produziert, entlassen die Schiffe nur noch Wasserdampf in die Luft, fahren also vollständig emissionsfrei.
Brennstoffzelle auf dem Baldeneysee
In Essen kann man sich seit 2017 mit dem Ausflugsschiff „MS Innogy“ mittels Brennstoffzelle und Elektromotor über den Baldeneysee schippern lassen. Aber natürlich soll die Wasserstofftechnologie vor allem in größeren Pötten zum Einsatz kommen. Aida Cruises will 2021 den Einsatz von Brennstoffzellen an Bord der „Aida Nova“ testen. Der schwedisch-schweizerische ABB-Konzern plant mit dem französischen Wasserstoffspezialisten Hydrogène de France (HDF) die Entwicklung von Brennstoffzellensystemen für schwere Überseeschiffe – damit auch Container emissionsfrei über den Ozean transportiert werden können. Für die französische Reederei Compagnie Fluviale de Transport (CFT) arbeitet ABB an einem Brennstoffzellensystem, das 2021 ein Schubschiff auf der Rhône antreiben soll. Das von der EU geförderte Projekt soll demonstrieren, „dass ein emissionsfreier Betrieb sowohl machbar als auch wirtschaftlich sinnvoll ist“, sagt Matthieu Blanc, COO bei CFT.
© DOMUSimages/Alexander RudolphAb 2021 testweise mit Brennstoffzellen unterwegs: Kreuzfahrtschiff AIDA Nova.
Noch ist grüner Wasserstoff kostspielig und bislang bloß in geringen Mengen verfügbar. Zusätzlich ist er mit großen Investitionen verbunden. „Das erfordert eine komplette Umstellung der Lieferketten – auch in den Häfen“, gibt Experte Brauner zu bedenken. Mit biobasierten oder synthetischen Kraftstoffen müsste die bisherige Tankinfrastruktur dagegen nicht verändert werden. Die SynFuels werden mit grünem Wasserstoff und CO2 – bestenfalls aus der Umgebungsluft – produziert und können in bisherigen Motoren verbrannt werden. Allerdings kommen sie noch einmal teurer als der grüne Wasserstoff und werden derzeit nur in kleinen Pilotanlagen produziert. Mit größeren Produktionsanlagen sollen in den kommenden Jahren dann auch die Preise sinken.
Für Schifffahrtsexperte Brauner steht dabei fest: Einen optimalen alternativen Antrieb für alle Schiffstypen kann und muss es nicht geben. „Welche Lösung sich für welches Schiff am besten eignet, ist abhängig vom Einsatzzweck und von der Route, auf der es eingesetzt wird“, sagt der Meereskundler und Meteorologe von der Jade Hochschule. Auch für das International Transport Forum (ITF) der OECD liegt die Nachhaltigkeit des Schiffsverkehrs in einem Bündel unterschiedlicher Antriebe und Maßnahmen. Zusammen könnten sie die Seeschifffahrt bis 2035 fast vollständig von fossilen Brennstoffen lösen, so das Ergebnis einer Studie des ITF.
Batteriebetriebene Ausflugsdampfer
Gerade kleine Schiffe, die einmal oder mehrmals pro Tag ihre Heimatstation anlaufen, lassen sich gut batterieelektrisch betreiben, betont Brauner. In Berlin kann man sich seit 2020 im Solarschiff über die Spree schippern lassen. Jeweils 180 Passagiere passen auf die zwei elektrisch betriebenen Ausflugsdampfer namens „Suncat 120“. Auch Spitzbergen, den Oslofjord und die Niagarafälle soll man bald vom Boot aus bewundern können, ohne dabei die atemberaubende Natur vollzuqualmen.
Selbst größere Pendlerschiffe werden bereits mit Batterien betrieben. Vorreiter des E-Antriebs auf dem Wasser sind vor allem skandinavische Reedereien. Seit 2019 transportiert die elektrische „Ellen“ bis zu 198 Passagiere und 31 Autos oder fünf Lkw über die 40 Kilometer lange Strecke zwischen den dänischen Inseln Ærø und Als. Möglich macht das ein gewaltiges Batteriepaket von 4.300 Kilowattstunden. Zum Vergleich: Das derzeit reichweitenstärkste Elektroauto – das Tesla Model S Long Range – hat einen Akku von 100 Kilowattstunden, mit dem es 600 Kilometer weit fährt.
Hybride Fähren und die Wiederentdeckung der Windkraft
Größere Fährschiffe mit längeren Fahrtrouten verfügen dagegen zunehmend über hybride Antriebe: Die Batterien an Bord werden während der Überfahrt durch Dieselgeneratoren aufgeladen. Die Elektromotoren unterstützen den Diesel bei Hafenmanövern und können das Schiff auf kürzeren Fahrtabschnitten auch vollelektrisch antreiben. Die Hybridfähren „Berlin“ und „Copenhagen“ sind seit Ende 2016 zwischen Rostock und der dänischen Stadt Gedser unterwegs. Rund 30 Minuten können die 8.800-Tonnen-Schiffe, die für 1.300 Passagiere und 460 Autos ausgelegt sind, vollelektrisch fahren und so leiser und abgasfrei im Hafen einlaufen. Die „Copenhagen“ soll künftig noch weitere Emissionen einsparen – dank einer Art überdimensionaler Litfaßsäule, die ab Mitte 2020 auf dem Schiff installiert wird (Foto ganz oben).
Tatsächlich handelt es sich bei dem 30 Meter hohen Zylinder um einen sogenannten Flettner-Rotor. Dieses Rotorsegel macht sich den vor 150 Jahren entdeckten Magnus-Effekt zunutze: Bläst der Wind gegen den rotierenden Zylinder, wird die Luft auf der einen Seite beschleunigt – ein Unterdruck entsteht. Auf der anderen Seite des Rotors wird der Luftstrom verlangsamt, und ein Überdruck entsteht. Das Zusammenspiel dieser beiden Kräfte bewirkt wie bei dem Flügel eines Flugzeugs einen Auftrieb: Das Schiff bekommt einen kräftigen Schub, der rund zehnmal stärker ist als die Kraft, die durch ein gleich großes Segel aufgebracht werden könnte. „Dadurch können wir die CO2-Emissionen auf der Route Rostock-Gedser um vier bis fünf Prozent reduzieren“, sagte Scandlines-Chef Søren Poulsgaard Jensen.
„Durch den Flettner-Rotor können wir die CO2-Emissionen auf der Route Rostock-Gedser um vier bis fünf Prozent reduzieren.“
Seit 2014 hat das finnische Start-up Norsepower zwei Fähren und einen Tanker mit solchen Rotorsegeln ausgestattet, die nach Angaben der Betreiber dadurch fünf bis zehn Prozent Kraftstoff einsparen konnten. Treibstoffeinsparungen von bis zu 20 Prozent je nach Route und Einsatzgebiet verspricht gar das französische Unternehmen Airseas. Möglich machen soll das ein riesiger Lenkdrachen, den die Airbus-Ausgründung entwickelt hat. Bei günstigem Wind soll das am Bug befestigte Kitesegel automatisch gesetzt werden – und dazu muss der zuständige Schiffsoffizier nur auf einen Knopf drücken. Airbus hat bereits einen eigenen Frachter mit diesem sogenannten Seawing ausgestattet. Nun will die japanische Reederei K-Line den Lenkdrachen zwei Jahre lang intensiv testen.
Die Idee ist nicht neu: Vor rund 15 Jahren brachte das Hamburger Unternehmen Skysails bereits ein ähnliches System auf den Markt. Durchgesetzt hat sich der Lenkdrachen seinerzeit allerdings nicht – auch weil er sich wegen der niedrigen Treibstoffpreise für die Schifffahrtsbetreiber nicht rechnete. „Solche Systeme müssen natürlich nicht nur effizient, sondern auch einfach zu bedienen sein“, sagt Schifffahrtsexperte Brauner. „Und hier haben Flettner-Rotoren Vorteile gegenüber Lenkdrachen.“ Schließlich muss sich ein Kitesegel erst einmal entfalten und dann vor dem Schiff gehalten werden, während ein Flettner-Rotor bei Knopfdruck bereits für einen Zusatzantrieb sorgt. Die Rotorsegel gelten zudem als wetterfest und wartungsarm, sind aber ihrerseits nicht für jedes Schiff und jede Fahrtroute geeignet. Ihr Aufbau braucht Platz und ihr Einsatz bestenfalls seitliche Winde, um optimale Leistungen zu erzielen und damit möglichst viel Kraftstoff einzusparen.
Tempolimit auf See?
Senken ließen sich der Kraftstoffverbrauch und die damit verbundenen Emissionen auch mit einer vergleichsweise einfachen Maßnahme: geringeres Tempo. Ein Schiff, das zehn Prozent langsamer fährt, benötigt auf seiner Reise schon rund 20 Prozent weniger Treibstoff. Für die Experten des International Transport Forum sind niedrigere Schiffsgeschwindigkeiten deshalb eine sinnvolle Maßnahme für einen umweltfreundlichen Verkehr auf dem Wasser, über die sich bis zu 60 Prozent Energie einsparen ließen. NGOs und Umweltverbände fordern in diesem Sinne bereits seit Jahren ein Tempolimit auf See.
„Im Gegensatz zur Straße wäre ein generelles Tempolimit auf dem Wasser kontraproduktiv.“
Auch für Ralf Brauner von der Jade Hochschule bietet ein geringeres Tempo prinzipiell große Einsparpotenziale. Realisieren ließen sich diese durch eine vorausschauende Logistik: Waren, die nicht so dringend benötigt werden, könnten früher auf die Reise geschickt werden, um in gemütlichem Tempo an ihr Ziel zu kommen. „Im Gegensatz zur Straße wäre ein generelles Tempolimit auf dem Wasser aber kontraproduktiv“, meint Brauner. Denn dann könnten die Schiffe nicht situativ schneller fahren, um hohem Seegang auszuweichen.
Wellen und Wetter bremsen die Schiffe stark aus und treiben den Kraftstoffverbrauch in die Höhe. Der Schifffahrtsexperte plädiert daher für ein konsequentes Wetterrouting, also eine vorausschauende Fahrweise, die sich an die Witterungsbedingungen anpasst. „Wenn ich einen Tag schneller fahre, um bei Seegang voranzukommen, kann ich danach langsamer fahren oder erreiche den Hafen einen Tag früher, womit sich die Klimabilanz der Reise deutlich verbessert“, erklärt Brauner. Je nach Schiff und Fahrtprofil könne Wetterrouting zwischen fünf und 25 Prozent Emissionen einsparen. „Von vielen Reedereien wird das auch bereits gemacht“, so Brauner. Tatsächlich müssen sich Wetterrouting und eine geringe Fahrgeschwindigkeit gar nicht ausschließen. So bringen die Forscher des ITF auch ein durchschnittliches Tempolimit als Möglichkeit ins Spiel. Dabei dürfte die Durchschnittsgeschwindigkeit auf einer speziellen Route eine bestimmte Obergrenze nicht übersteigen. Das ließe den Kapitänen immer noch genug Luft, um ihr Fahrtempo an das Wetter anzupassen.
Geputzte Schiffe fahren sauberer
Ausgebremst werden Schiffe nicht nur durch Wind, Wellen und Wetter, sondern auch durch den Biotop am Rumpf: Unter Wasser sammeln sich mit der Zeit Muscheln, Algen, Schlamm und andere Ablagerungen an. „Das ist, als hätte man ein aerodynamisches Auto mit aktueller Technologie und würde während der Fahrt einen Regenschirm aus dem Schiebedach halten“, umschreibt Ralf Brauner die Bremswirkung. Der Mehrverbrauch durch einen starken Bewuchs könne bis zu 20 Prozent betragen, rechnet der Experte vor. Ein großes Containerschiff verbrenne so 40 Tonnen Treibstoff mehr als nötig – und das jeden Tag. Saubere Schiffe machen sich also bezahlt – für die Reedereien ebenso wie für die Umwelt. „Hier lässt sich noch eine Menge machen“, konstatiert der Experte.
Landstrom für schwimmende Kleinstädte
Aber nicht nur auf See, auch im Hafen können die Ozeanriesen umweltfreundlicher werden. Bislang lassen die meisten Reedereien dort den Dieselmotor laufen, um ihren Strom zu generieren. Und ein Kreuzfahrtschiff am Kai verbraucht so viel Energie wie eine Kleinstadt. Künftig sollen Schiffe verstärkt über Landstrom mit Elektrizität versorgt werden. Das ist gut für die Umwelt und für die Gesundheit der Bewohner der dicht besiedelten Hafenstädte. „Landstrom hat ein enormes Potenzial, besonders wenn er aus erneuerbaren Quellen stammt“, betont auch Experte Brauner.
© picture allianceSeit 2016 im Einsatz: Landstromanlage im Hamburger Hafen.
In Hamburg können Kreuzfahrtschiffe seit 2016 Energie aus dem Kabel tanken. Ab 2023 will die Hansestadt als erster europäischer Hafen auch die großen Containerschiffe mit umweltfreundlicher Energie versorgen. Aber noch gibt es in Europa nur wenige Landstromanlagen, und viele Reedereien scheuen die Umrüstung der Schiffe, die mit Kosten zwischen 300.000 und zwei Millionen Euro zu Buche schlägt. Und der Strom kostet ebenfalls mehr als die Energie aus dem Dieselgenerator. Die Reederei Color Line hat sich erst nach anfänglichem Zögern dazu durchgerungen, seit Sommer 2019 für ihre beiden Norwegen-Fähren den Landstromanschluss in Kiel zu nutzen. „Das kostet uns pro Monat einen fünfstelligen Betrag“, sagt Dirk Hundertmark, Deutschland-Geschäftsführer von Color Line, über den Preisunterschied zur Dieselnutzung. Um einen Anreiz für die Nutzung von Landstrom zu schaffen, erhalten besonders umweltfreundliche Schiffe in Hamburg einen Rabatt der Liegegebühren von bis zu 3.000 Euro.
Kalifornische Häfen haben bereits vor sechs Jahren Fakten geschaffen: Seither ist dort die Nutzung von Landstrom Pflicht. Ab 2014 mussten zunächst 50 Prozent der jeweiligen Flotte Landstrom im Hafen in Anspruch nehmen, seit diesem Jahr sind es 80 Prozent. China will noch in diesem Jahr die Landstromanschlüsse in den großen Containerhäfen auf fast 500 ausbauen. Ab 2021 gilt dann eine Landstrompflicht in den chinesischen Häfen – zunächst für Kreuzfahrtschiffe, ab 2022 auch für Fähren und Containerschiffe.
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ZUR PERSON
© Ralf Brauner
Ralf Brauner ist Professor für Seefahrt und Logistik an der Jade Hochschule in Elsfleth. Schwerpunktmäßig beschäftigt sich der Schifffahrtsexperte mit maritimer Meteorologie, maritimer Technik und nachhaltiger Schifffahrt.