8. September 2016
Die Energie der Zukunft ist unendlich vorhanden, beispielsweise als Sonnenlicht. Der weltweit zweitgrößte Solarpark entsteht in Pakistan – gebaut mit chinesischer Hochtechnologie, zertifiziert von TÜV NORD.
Die Luft in Peking lässt es nicht vermuten: China ist der weltweit größte Erzeuger erneuerbarer Energie. 2014 hatte das Reich der Mitte rund 76,6 Milliarden Euro für die Stromherstellung aus Wind, Wasser, Biomasse und Sonnenlicht investiert – fast ein Drittel der weltweiten Investitionen, die bei knapp 250 Milliarden Euro lagen.
Neben sauberer Energie braucht das Land Absatzmärkte für seine Kraftwerke, Windräder und Sonnenkollektoren. Unter dem Titel „One Belt, one Road“ stärkt das Land entlang der 2014 vom chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping initiierten Neuen Seidenstraße seine Handelsbeziehungen – etwa zu Pakistan, das seit Jahren ein großes Energieproblem hat. Dort behindern stundenlange Stromausfälle Industrie und Landwirtschaft. Dabei sind Energiequellen vorhanden – vor allem Sonnenlicht.
© TN ChinaDie Sicherheit der Anschlüsse hat hohe Priorität, da andernfalls die Gefahr besteht, dass es zu Stromschlägen oder Bränden kommt.
Wertvolles Himmelsgold
Seit Oktober 2015 hilft China seinem Nachbarn, dieses Himmelsgold zu nutzen. In der Wüste bei Bahawaplur in der Provinz Punjab im Süden Pakistans baut das chinesische Hightech-Unternehmen Zonergy zurzeit den Quaid-e-Azam-Solarpark. Nach Fertigstellung soll er 900 Megawatt Leistung im Jahr bringen. Die erste 100-Megawatt-Anlage wurde bereits nach drei Monaten fertiggestellt und von TÜV NORD abgenommen. Sie umfasst 400.000 Solarmodule auf einer Fläche von 200 Hektar. Das entspricht einem Areal mit der Breite von einem und einer Länge von zwei Kilometern. Ist der gesamte Solarpark fertig, soll er aus 5,2 Millionen Solarmodulen bestehen, sich also verachtfachen. Dann hat Pakistan seinen ersten Solarpark – und nach Fertigstellung den zweitgrößten der Welt.
Die Qualität des Stroms muss stimmen
„Die Zusammenarbeit begann im Oktober 2015. Im Dezember hatten wir die Sicherheitsprüfung für die erste der neun Solaranlagen bereits abgeschlossen. Aktuell überprüfen wir gerade die Leistungsstärke“, sagt Ting Ting Xu, die Leiterin des Bereichs Photovoltaik bei TÜV NORD in China.
© TN ChinaKevin Zhu (li.) und Alfie Jiang von TÜV NORD China kennen die Herausforderungen des Solarparks in Pakistan.
Das Bauvorhaben ist in vielerlei Hinsicht ein Pilotprojekt. Die Sicherheitsanforderungen sind immens – dass sie eingehalten werden, verantwortet TÜV NORD. Die Prüfungen erfolgen in mehreren Schritten. Zunächst geht es um die Sicherheit, die oberste Priorität hat, wie Ting Ting Xu erklärt: „Wir haben gerade die Endabnahmen ausgeführt, bevor die erste 50-Megawatt-Anlage ans Netz geht.“ Es gibt dort Bereiche mit Hoch- und Mittelspannung, außerdem Relaisschutzgeräte. Das heißt, die Spannung, die das Kraftwerk verlässt, muss an das örtliche Stromnetz angepasst sein. Sind die Installationen fehlerhaft, kann es zu Bränden kommen oder gefährliche Stromschläge geben.
Hinzu kommt: Der in der Wüste erzeugte Strom muss über weite Strecken transportiert werden, bevor er verbraucht wird. Auch deshalb kann es zu Spannungsschwankungen kommen, schlimmstenfalls droht das lokale Stromnetz zu kollabieren. Sowohl die Menge der eingespeisten Energie wie auch ihre Qualität müssen höchsten Standards genügen. „Es ist unerlässlich, dafür Sorge zu tragen, dass die Qualität der erzeugten Energie den Anforderungen der Umgebung entspricht“, erklärt Ting Ting Xu.
© TN ChinaDie Zusammenarbeit zwischen den Ingenieuren von Zonergy und TÜV NORD China funktioniert.
Unterstützung in mehrfacher Hinsicht
Darüber hinaus prüfen mehrere TÜV NORD-Inspektionen die einzelnen Bauabschnitte und leisten technische Betreuung: Sie überprüfen die Beschaffenheit des verarbeiteten Betons, die Tiefe der Kabelschächte oder die Materialstärke der einzelnen Komponenten. Ting Ting Xu sagt: „Die Lebensdauer der gesamten Anlage ist auf 25 Jahre ausgelegt – entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Qualität der einzelnen Bauabschnitte.“
Der zweite wichtige Aspekt der Prüfungsarbeiten von TÜV NORD zielt auf die Leistungsstärke der Anlagen ab. Ting Ting Xu: „Die Sonnenstrahlen, die auf die Photovoltaikanlage treffen, können nicht komplett in Energie umgewandelt werden. Der Prozess der Energieerzeugung durchläuft zahlreiche Schritte, und bei jedem Schritt entstehen Verluste.“ Um die Effizienz der Anlagen zu erhöhen, müssen die Verluste minimiert werden. Inspektion, Tests und Dokumentationen im Gleichspannungsbereich müssen bestimmten Normen entsprechen. Auf der Baustelle prüft TÜV NORD China Polarität, Isolierung sowie Erdungsanschlüsse und nimmt Betriebsprüfungen der Photovoltaikmodul-Reihen vor. „Sobald wir diese Tests abgeschlossen haben, erarbeiten wir Vorschläge zur Optimierung der Solaranlage. Damit wollen wir der Firma Zonergy helfen, die Profitabilität ihrer Anlage zu erhöhen“, sagt die TÜV NORD Photovoltaik-Spezialistin.
„China arbeitet daran, die Effizienz von Photovoltaik zu verbessern, dieser Trend wird noch lange andauern.“
Pionierarbeit in Pakistan
Zonergy und TÜV NORD leisten gemeinsam Pionierarbeit. TÜV NORD ist nicht nur Partner beim Bau, bei der Installation und Wartung des Solarparks. Die Experten unterstützen das chinesische Hightech-Bauunternehmen auch beim Genehmigungsverfahren bei den pakistanischen Behörden. Die zu erfüllenden Auflagen sind hoch. TÜV NORD verfügt als unabhängiger Dienstleister über die relevanten Informationen aus allen Projektphasen und stellt diese den Behörden zur Verfügung. „Das braucht Zeit, wir müssen uns in die Abläufe einarbeiten. Doch bei den nachfolgenden Projekten wird es schneller gehen“, sagt Ting Ting Xu. Dass es zu weiteren Projekten kommt, davon ist auszugehen. „China arbeitet daran, die Effizienz von Photovoltaik zu verbessern, dieser Trend wird noch lange andauern.“ Anstatt Seide und Gold ist es heute chinesische Hochtechnologie, die durch den Vorderen Orient Richtung Europa transportiert wird.
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DIE NEUE SEIDENSTRASSE
Die 10.000 Kilometer lange Handelsverbindung zwischen China und Europa, auf der über einen Land- und einen Seeweg bis ins 13. Jahrhundert hinein neben Seide auch Gold gehandelt und religiös-kulturelles Gedankengut ausgetauscht wurde, erlebt ihre Renaissance. Im Mai 2014 erhielt ein 5.000 Kilometer langer Abschnitt der Seidenstraße in Asien den Rang eines UNESCO-Weltkulturerbes. Zeitgleich verkündete der chinesische Staatspräsident Xi Jinping den Start des Projekts „Neue Seidenstraße“.
Eine Verbindung zwischen China und Europa
Auch sie verbindet China mit Europa auf dem Land- und dem Seeweg. Sie endet jedoch nicht am Mittelmeer, sondern führt über Moskau, Duisburg und Rotterdam nach Venedig. Dort endet auch der Seeweg, der zudem Nairobi einbezieht.
Der Hintergrund:
China will seine Handelsbeziehungen zu Europa stärken und neue Transportwege für seine Exporte schaffen. Zugleich soll die Versorgung mit Energie sichergesellt werden. Pipelines von Pakistan, Myanmar und Turkmenistan führen Erdgas und Öl nach China, das dann weniger abhängig ist von Öl aus Russland und der Arabischen Halbinsel. Der Solarpark in Pakistan stellt ein Projekt dieser neuen Seidenstraße dar.
SOLARPARK QUAIDE-E-AZAM
Quaid-e-Azam Solar Power Plant
Quaid-e-Azam Solar Park Rd
63100, Pakistan