Die Lebensmittelsicherheitskultur als zentrales Element für Lebensmittelsicherheit
Eine gelebte Lebensmittelsicherheitskultur (Englisch: Food Safety Culture) macht das Unternehmen weniger anfällig für Zwischenfälle, die eine Kontamination von Lebensmitteln verursachen könnten. Das Bewusstsein, dass nur die Implementierung einer entsprechenden Sicherheitskultur in lebensmittelverarbeitenden Betrieben einen nachhaltigen Schutz bietet, hat sich nun auch auf höchster politischer Ebene durchgesetzt. Die EU-Kommission hat die Verordnung 852 als rechtliche Grundlage für Lebensmittelsicherheit in der EU überarbeitet.
Die Lebensmittelsicherheitskultur ist damit in der Mitte der Hygieneanforderungen angekommen. Bereits im Februar 2020 hat die Global Food Safety Initiative (GFSI) ihre Benchmarking-Kriterien aktualisiert. Wir haben alle Informationen zum Benchmark hier für Sie bereit gestellt. Die EU zog nun nach und hat die Lebensmittelsicherheitskultur gesetzlich verankert. Die neuen Anforderungen sind in der EU-Verordnung 2021/382 festgehalten, mit der die Anhänge der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 geändert werden.
Wesentlich für die Implementierung der Food Safety Culture im Unternehmen ist dabei die umfassende Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin im Hinblick auf Hygiene, HACCP und weitere Vorschriften, die Voraussetzung für die Umsetzung der Food Safety Culture sind.
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Was ist eine Lebensmittelsicherheitskultur?
Die technische Arbeitsgruppe der GFSI definiert Lebensmittelsicherheitskultur als "gemeinsame Werte, Überzeugungen und Normen, die die Einstellung und das Verhalten in Bezug auf Lebensmittelsicherheit in einer Organisation, in der gesamten Organisation und über die gesamte Organisation hinweg beeinflussen."
Die Definition des BRCGS hingegen lautet "Die am Standort vorherrschenden Einstellungen, Werte und/oder Überzeugungen in Bezug auf die Bedeutung der Produktsicherheit und das Vertrauen in die vom Standort verwendeten Systeme, Prozesse und Verfahren zur Produktsicherheit" (Englisch The attitudes, values and or beliefs which are prevalent at the site, relating to the importance of product safety and the confidence in the prodcut safety systems, proceeses and procedures used by the site).
Derf IFS beschreibt die Lebensmittelsicherheitskultur etwas ausführlicher:
Gemeinsame Werte, Überzeugungen und Normen, die die Einstellung und das Verhalten in Bezug auf die Lebensmittelsicherheit in einer Organisation, in allen Bereichen und in der gesamten Organisation beeinflussen. Elemente der Lebensmittelsicherheitskultur sind die Elemente des Lebensmittelsicherheitsmanagements, die die Geschäftsleitung eines Unternehmens nutzen kann, um die Lebensmittelsicherheitskultur im Unternehmen zu fördern.
Dazu sollten mindestens gehören:
- Kommunikation über Politik und Verantwortlichkeiten im Bereich der Lebensmittelsicherheit
- Schulungen
- Feedback der Mitarbeiter zu Fragen der Lebensmittelsicherheit
- Leistungsmessungen
Was das genau für Sie bedeutet beantworten wir Ihnen in den häufig gestellten Fragen zur Lebensmittelsicherheitskultur weiter unten.
Erklärvideo zur Lebensmittelsicherheitskultur
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Häufige Fragen zur Lebensmittelsicherheitskultur
Wer schreibt eine Lebensmittelsicherheitskultur (Food Safety Culture) vor?
Die Einführung von Anforderungen an die Kultur der Sicherheit von Lebensmitteln (food safety culture) auf EU-Ebene ergibt sich aus dem dem Codex Alimentarius. In diesem werden Lebensmittelstandards gesetzt, die als Referenz für den internationalen Lebensmittelhandel dienen. Er gründet auf den Entscheidungen der Codex Alimentarius Kommission, einem gemeinsamen Gremium der Food and Agriculture Organization (FAO) und der World Health Organization (WHO) der Vereinten Nationen. Alle EU-Mitgliedsstaaten sind Mitglieder der Codex-Alimentarius-Kommission und seit 2003 auch die Europäische Union selbst. In ihrem globalen Standard für allgemeine Grundsätze der Lebensmittelhygiene (CXC 1-1969) der Codex Alimentarius Kommission wurde das Konzept der Lebensmittelsicherheitskultur als allgemeiner Grundsatz schon 2020 eingeführt
Die drei Ziele des Codex Alimentarius sind:
- Verbraucher und ihre Gesundheit schützen
- fairer Praktiken im internationalen Lebensmittelhandel sicherstellen
- Arbeit von internationalen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen im Bereich der Lebensmittelstandards koordinieren
Warum ist eine Lebensmittelsicherheitskultur so wichtig?
Das Vorhandensein einer Lebensmittelsicherheitkultur, oder im Englischsprachigen Raum einer Food Safety Culture, bedeutet, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens wissen, dass die Sicherheit der Lebensmittel wichtig und notwendig ist, um im Unternehmen erfolgreich zu sein. Die Food Safety Culture beeinflusst das Verhalten der Mitarbeiter maßgeblich und trägt dazu bei, dass sie sich angemessen verhalten. Lebensmittelsicherheit ist damit integraler Bestandteil der Unternehmenskultur.
Da kulturelle Standards keinen formalen Regeln und geraden Linien folgen, oft über beiläufige Gespräche mitgeteilt und durch Gedanken und Handlungen verstärkt werden, wirken sie unbewusst auf uns ein. Es ist jedoch möglich, über das Unbewusste Einfluss zu nehmen: BRCGS-Umfragen zeigen, dass Unternehmen, die das Food Safety Culture Excellence Module absolvierten, angaben, das Risiko von Zwischenfällen um 84 % reduzieren zu können. Die Schaffung einer Lebensmittelsicherheitskultur ist folglich eine wichtige Aufgabe der technischen Leitung.
Wie kann man eine Kultur der Lebensmittelsicherheit im Unternehmen einführen?
Im Vergleich zu Standards und Gesetzen lässt sich eine Lebensmittelsicherheitskultur nicht einfach implementieren. Sie ist eine spontane und instinktive Entwicklung, die sich in Ritualen, Arbeitsklima und Grundwerten manifestiert.
Um etwas so schwer Greifbares anzuregen, ist es notwendig, erst einmal den aktuellen Status der Lebensmittelsicherheitskultur zu analysieren. Das BRCGS Food Safety Culture Excellence Modul kann hierbei Hilfestellung leisten. Es ist das Ergebnis von über 19 Jahren akademischer Forschung und Industrieerfahrung und basiert auf einem System, das sich mit vier Dimensionen der Lebensmittelsicherheitskultur beschäftigt: Menschen, Prozess, Zweck und Proaktivität. Eine anonyme Online-Umfrage bildet den aktuellen Status der Lebensmittelsicherheitskultur ab und führt zu einem Bericht, der den Zustand der verschiedenen Dimensionen der Lebensmittelsicherheitskultur widerspiegelt. Er enthält auch allgemeine Empfehlungen, wie die Lebensmittelsicherheitskultur verbessert werden kann. Hier erhalten Sie alle Informationen zum BRCGS Food Safety Culture Excellence Modul. [Link zu Artikel zum BRCGS Food Safety Culture Excellence Guide.]
Die GFSI hat ein Positionspapier zur Lebensmittelsicherheitskultur veröffentlicht, das sich mit drei Hauptthemen befasst:
- Die wesentliche Rolle von Führungskräften innerhalb einer Organisation (ein Punkt, der auch bei der Überarbeitung der ISO 9001: 2015 eine wichtige Rolle spielt)
- Faktoren wie Kommunikation, Bildung, Zusammenarbeit und persönliche Verantwortung
- Fähigkeiten wie Anpassungsfähigkeit oder Risikobewusstsein, um Lebensmittelsicherheitspraktiken von der Theorie in die Praxis zu übertragen
Hier können Sie auf die Zusammenfassung des Positionspapiers zugreifen. Das vollständige GFSI-Dokument "A Culture of Food Safety" steht hier zum Download bereit.
Was sind Ziele der Lebensmittelsicherheitskultur?
Das Hauptziel der gelebten Food Safety Culture ist es, den Rahmen zu schaffen, damit Lebensmittel sicher produziert werden können und keine Gefahr für Verbraucher und Verbraucherinnen darstellen. Die Lebensmittelsicherheitskultur wird den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Unternehmen über Schulungen, Informationen und den Fokus und das Vorbild der Führung vermittelt. Prozesse, Handlungsweisen und WErte sind um das Thema Lebensmittelsicherheit ergänzt. Die Food Safety Culture hat somit auch zum Ziel aufmerksame und zufriedene Mitarbeiter im Unternehmen zu haben, die sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren können, in hohem Maße auf die Sicherheit und Qualität der Produktion achten und auch andere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen motivieren, es ihnen nachzutun.
BRCGS Food Version 8 ist der erste GFSI-zertifizierte Standard, der Anforderungen an eine Lebensmittelsicherheitskultur enthält. Schon bald werden andere Standards nachziehen.
Insbesondere in den GFSI anerkannten Standards wird die Aufnahme der Lebensmittelsicherheitskultur bald die Regel sein, da die Global Food Safety Initiative (GFSI) dies bereits in ihren Benchmarking-Anforderungen von 2020 veröffentlicht hat. Hier finden Sie die GFSI Benchmarking Anforderungen. Eines der wichtigsten Elemente der kommenden Überarbeitung ist die Einführung von Anforderungen an die Lebensmittelsicherheitskultur.
Welchen Nutzen bietet eine Lebensmittelsicherheitskultur?
Das Ziel einer Lebensmittelsicherheitskultur ist es, das Bewusstsein und das Verhalten der Mitarbeiter in Bezug auf Lebensmittelsicherheit zu verbessern. Eine Unternehmenskultur, die Wert auf Lebensmittelsicherheit legt, zeigt den Mitarbeitern direkt und indirekt, dass Lebensmittelsicherheit wichtig und notwendig ist, um im Unternehmen erfolgreich zu sein. Dies beeinflusst das Verhalten der Mitarbeiter und trägt dazu bei, dass sie sich angemessen verhalten.
Für weitere Informationen darüber, was eine Kultur der Lebensmittelsicherheit ist und wie sie bewertet und gefördert werden kann, lesen Sie bitte die offiziellen GFSI-Dokumente auf unserer Website, oder klicken Sie hier, um zu lesen, dass BRCGS Food Version 8 der erste GFSI-zertifizierte Standard ist, der Anforderungen an eine Kultur der Lebensmittelsicherheit enthält.
Wie kann man die Lebensmittelsicherheitskultur weiterentwickeln?
1. Gemeinsame Werte, Überzeugungen und Normen (Shared Values, Beliefs and Norms) stärken
Jegliche Kultur setzt das Vorhandensein von Gruppen voraus, die die Werte mit neuen Mitgliedern der Gruppe teilen und durch entsprechende Verhaltensweisen lebbar machen. Dabei benötigt es viel Zeit, um Normen und Vorgaben in die täglich gelebte Praxis zu übersetzen und als selbstverständlich und von allen geteilt zu verankern. Praktizierte Regeln der Kultur sind in vielen Fällen ungeschrieben und manchmal auch unausgesprochen. Dies ist einer von mehreren Gründen, warum Kultur als schwer zu verändern wahrgenommen wird. Eine Änderung im formalen System, verändert nicht gleich die Auffassungen und Verhaltensweisen der betroffenen Menschen. Sofern vorhanden, können Sie auf Ihr bereits bestehendes Managementsystem im Bereich Lebensmittelsicherheit aufsatteln und eine Kultur der Lebensmittelsicherheit etablieren oder ausbauen.
2. Klären, wovon Denkweisen und Verhalten von Mitarbeitern bestimmt werden
Unsere Überzeugungen, Denkweisen und Verhaltensweisen von vielen Faktoren beeinflusst. Dazu zählen die Kultur des Landes, in dem man lebt, die Erziehung und Biographie des Einzelnen, die Arbeitsumgebung und bisherigen Praktiken am Arbeitsplatz. Und natürlich beeinflussen uns auch unsere Abteilung, die Kollegen, unsere Rolle und Funktion, die Arbeitsplatzsicherheit, Gewohnheiten und unserem Wissensstand und Selbstverständnis in Bezug auf unsere Aufgaben.
Beim Versuch eine Kultur der Lebensmittelsicherheit zu etablieren und auch aufrechtzuerhalten und weiter zu entwickeln, ist es wichtig, die allgemeinen Werte und die Mission des Unternehmens zu berücksichtigen. Denn davon wird das Denken der einzelnen Personen beeinflusst. Sind z. B. die Funktionen, Rollen und Erwartungen der einzelnen Personen klar definiert und waren sie an der Definition dieser Rollen beteiligt? Verstehen sie, wie ihre Rollen zum Auftrag oder Zweck der Organisation beitragen? Welches Vorbild ist das Engagement der Führungskräfte für die Lebensmittelsicherheit? Sie sind für die Lebensmittelsicherheitskultur einer jeden Organisation von wesentlicher Bedeutung.
3. Die Kultur der Organisation über die Zeit ändern
Um eine Kultur der Lebensmittelsicherheit zu verwirklichen, muss die Lebensmittelsicherheit in der gesamten Organisation für jedes Mitglied und jede Abteilung in Begriffen und erwartetem Verhalten definiert werden, die für sie relevant und klar sind. Was zum Beispiel vom Einkauf verlangt wird, unterscheidet sich von den Anforderungen an den Bereich Wartung. Der Einkauf sollte verstehen, wie wichtig es ist, Lieferanten auszuwählen, die sowohl wirtschaftlich tragfähig sind als auch die Anforderungen des Unternehmens an die Lebensmittelsicherheit erfüllen, nicht das eine oder das andere. In ähnlicher Weise sollte ein Wartungsleiter auf den Zustand der Anlagen achten, um die Betriebszeit sowie die Lebensmittelsicherheit zu maximieren. Bei kleineren Unternehmen geht der Eigentümer/Betreiber mit gutem Beispiel voran und beeinflusst die Lebensmittelsicherheitskultur maßgeblich. Eine ausgereifte Lebensmittelsicherheitskultur ist eine, in der die Unternehmensvision und -mission bis in die kleinsten Details der Erwartungen an jede Abteilung und Person im gesamten Unternehmen heruntergebrochen wurde.
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