Veranstaltungssicherheit – Wie sieht die neue Normalität aus?
Seit mehr als einem Jahr müssen wir nun schon aufgrund von COVID-19 auf Veranstaltungen jeglicher Art verzichten. Dabei ist es egal, ob es sich um eine private Hochzeit, ein Konzert oder eine Sportveranstaltung handelt. Macht ja auch Sinn! Denn natürlich ist das Infektionsrisiko bei einer Veranstaltung mit vielen Menschen, vor allem in Zeiten einer Pandemie, besonders hoch.
Aber wie wird das in der Zukunft, also nach der Corona-Pandemie, weitergehen? Können wir wieder unbeschwert auf eine Veranstaltung gehen? Wenn ja, wie sieht es mit der Veranstaltungssicherheit aus? Werden die Schutzmaßnahmen, die wir während der Corona Pandemie umsetzen, bestehen bleiben?
Wie es weitergehen kann und auf was Sie als Verantwortliche in Zukunft bei Veranstaltungen achten müssen, haben wir mit unserem Experten Herrn Olaf Jastrob besprochen. Jastrob ist als Fachplaner und Sachverständiger für Veranstaltungs- und Besuchersicherheit international tätig. Sein Büro ist eines der führenden Sachverständigenbüros im Bereich Besucher- und Veranstaltungssicherheit in Deutschland.
Veranstaltungssicherheit in der Zukunft
Eins ist erst einmal unbestritten: Es wird wieder Veranstaltungen geben. Denn das liegt in der menschlichen Natur. Wir müssen zusammen lachen, tanzen, essen, singen und trauern können. Doch diese gemeinsame Zeit wird sich in Zukunft etwas anders gestalten: Mit rechtlichen Vorgaben und mehr privater Eigenverantwortung.
Rechtliche Veränderungen
Zurzeit sind die Vorgaben für Veranstaltungen noch sehr sprunghaft und dynamisch bzw. teilweise gar nicht vorhanden, da sie ständig an die neuen Gegebenheiten der Pandemielage angepasst werden müssen und uns bis jetzt die Erfahrungswerte für die Veranstaltungssicherheit während einer Pandemie fehlen.
Zukünftig wird es aber zumindest rudimentäre Regelungen für Veranstaltungen geben. So wird das Thema Hygiene und damit verbunden das Hygienekonzept bei Veranstaltungen in der Zukunft deutlich umfangreicher werden und neue Dimensionen annehmen. Bis jetzt ist ein Hygienekonzept nur in wenigen Bereichen notwendig, wie beispielsweise in der Gastronomie. Fortan wird das Thema Hygiene jedoch ein fester Bestandteil von Veranstaltungen werden. So wie es jetzt schon bei dem Thema Brandschutz, technischer Sicherheit oder im Bereich der Arbeitssicherheit der Fall ist.
Mehr Eigenverantwortung für jeden von uns
Neben den rechtlichen Vorgaben wird es jedoch auch Veränderungen im Bereich der Eigenverantwortung geben. So geht unser Experte Olaf Jastrob davon aus, dass das Tragen einer Maske zur neuen Normalität gehören wird und man sich selbst häufiger in großen Menschenmassen mit einer Maske schützen wird. Weiterhin werden viele auch bei Krankheitssymptomen eine Maske tragen, um ihre Mitmenschen zu schützen, so Jastrob.
Mit der höheren Eigenverantwortung sowie einem neuen und besseren Verständnis von Hygiene könnte es allerdings auch zu einer Klagewelle kommen. Denn alle, die sich in Zukunft bei einer Veranstaltung mit einer Krankheit anstecken, sind potenzielle Klägerinnen und Kläger. Und dabei muss es sich nicht zwangsweise um COVID-19 handeln.
Wir wissen jetzt, dass die Verantwortlichen einer Veranstaltung uns vor einer Infektion schützen können und auch müssen. Denn in Artikel 2 unseres Grundgesetzes steht, dass jeder Mensch das Recht auf Unversehrtheit hat – auch bei Veranstaltungen.
Möglichkeiten, um sich vor einer solchen Klage gut abzusichern, sind ein Hygienekonzept und geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Richtlinien für Veranstaltungssicherheit der Zukunft
Aufgrund der wechselhaften Entwicklung existieren noch keine nachhaltigen und ganzheitlichen Strategien für die Öffnung von Veranstaltungsräumen. Bevor wir solche Strategien für Veranstaltungsformate der Zukunft zielführend ausarbeiten können, brauchen wir gesetzliche Regelungen, die entweder durch den Gesetzgeber oder durch Gerichtsurteile bestimmt werden. Doch der Deutsche Expertenrat für Besuchersicherheit (DEB) hat bereits heute eine Richtlinie über die Sicherheit bei Veranstaltungen für Organisatoren und Verantwortliche veröffentlicht – die sogenannte VaSi-Ri. In diesen Richtlinien wird insgesamt die Sicherheit für Besucherinnen und Besucher als Richtlinie definiert und das Thema Infektionsschutz wurde bereits mit eingebunden. So gibt es zumindest schon einen ersten Richtwert, an dem sich der Markt orientieren kann.
Wichtige Rollen und Aufgaben der Veranstaltungssicherheit
Um die Sicherheit gewährleisten zu können, ist eine sogenannte geeignete Sicherheitsorganisation notwendig. Diese entwickelt sich zur folgenden Rollenverteilung mit speziellen, wichtigen Funktionen:
Diese vier Rollen sind für die Gewährleistung der Veranstaltungssicherheit in Zukunft unverzichtbar und werden noch mehr an Bedeutung gewinnen.
Da lohnt sich eine Weiterbildung gleich doppelt: Denn diese Aufgaben werden in Zukunft bestehen bleiben und nicht nur während der aktuellen Pandemie stark gefragt sein.
Größe und Risiko als wichtige Faktoren
Doch für welche Veranstaltungsformate der Zukunft werden diese Aufgaben und Rollen unverzichtbar? Muss ich schon bei einer privaten kleinen Veranstaltung ein passendes Hygienekonzept vorlegen?
Diese Funktionen sollten bei einer Besucherkapazität ab 200 Personen in genehmigten Versammlungsstätten wie Mehrzweckhallen, Sport- und anderen kulturellen Einrichtungen oder temporär genutzten Veranstaltungsräumen vorhanden sein. Dies wird früher oder später Teil der rechtlichen Grundlage für Veranstaltungssicherheit sein. Denn ab einer Besucherzahl von 200 muss eine Risikobeurteilung gemacht werden, zu der in Zukunft auch der Bereich Hygiene fallen wird.
Kleinere Veranstaltungen, also alles unter 200 Teilnehmenden, liegen in der Eigenverantwortung der Veranstaltungsleitung und Funktionen sollten abhängig vom Risiko eingesetzt werden – wir erinnern kurz an die bevorstehende Klagewelle.
Doch was heißt das konkret? Bei Veranstaltungen unter den 200 Teilnehmenden sollte die Veranstaltungsleitung das Risiko der Besuchenden und Mitarbeitenden einschätzen: Eine kleine internationale Tagung, zu der die Teilnehmenden aus der ganzen Welt anreisen, eine Weihnachtsfeier im Seniorenheim oder eine Veranstaltung, die sich primär an schwangere Frauen richtet, hat ein höheres Risiko, da die Besucherinnen und Besucher zur Gruppe der schutzbedürftigen Personen zählen. In solchen Fällen sollte also auch bei weniger als 200 Teilnehmenden ein ausgearbeitetes Hygienekonzept vorliegen.
Hybride Events gewinnen an Bedeutung
Hybride Events sind zum Beispiel Veranstaltungen, die live und mit kleinem Publikum stattfinden und parallel online übertragen werden, sodass mehr Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht werden können. So müssen nicht alle Teilnehmenden in einem Konferenzraum sitzen, sondern können sich bequem per Smartphone, Tablet oder Laptop dazu schalten. Im letzten Jahr gab es einen regelrechten Boom an hybriden Events, der sehr leicht durch die Pandemie und das damit verbundene Veranstaltungsverbot zu erklären ist. Dieses Format wird es für Veranstaltungen sicherlich auch in Zukunft geben, da es viele Vorteile bietet: Beispielsweise eine hohe Reichweite und eine hohe Flexibilität. Aber es wird die Veranstaltungen, auf die wir noch persönlich gehen und auf denen wir uns persönlich Face-to-Face austauschen, auf Dauer nicht ersetzen. Insbesondere nicht im privaten Bereich.
Sie sehen, dass es heute noch nicht möglich ist, ganz konkrete Vorgaben für die Veranstaltungssicherheit der Zukunft zu geben – denn dafür müssen erst einmal rechtliche Vorgaben geschaffen werden.
Dennoch können wir heute schon mit Sicherheit sagen, dass es in Zukunft wieder Veranstaltungen geben wird und dass wir dafür geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen, die dort die Veranstaltungssicherheit gewährleisten können.
Weitere Artikel lesen
- Veranstaltungssicherheit aktuell - FAQ
- Pandemieplanung - Tipps
Unsere Empfehlungen für Sie
Ihr Ansprechpartner
Geschäftsstelle Paderborn
An der Talle 7, 33102 Paderborn
Tel.: +49 521 786-155
Fax: +49 5251 141-224
apetig@tuev-nord.de