Die neue TA Luft: Worauf sich Unternehmen jetzt einstellen müssen
Dicke Luft ist nicht nur unangenehm, sie kann auch Mensch und Umwelt schaden. Die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft, kurz TA Luft, soll genau das verhindern.
Seit dem 1. Dezember 2021 gilt sie in einer neuen Fassung. Damit müssen sich viele Unternehmen in Deutschland auf höhere Anforderungen einstellen, spätestens wenn sie neue Anlagen errichten oder bestehende ändern wollen. Wir haben uns mit dem Experten für Immissionsschutz Gerhard Puhlmann vom TÜV NORD Umweltschutz darüber unterhalten,
- worin die zentralen Änderungen in der neuen TA Luft bestehen,
- wer davon betroffen ist und
- wie Immissionsschutzbeauftragte oder Anlagenbetreiber böse Überraschungen vermeiden.
Was ist die TA Luft?
Die TA Luft ist eine Verwaltungsvorschrift. Sie gibt vor, wie Genehmigungs- und Überwachungsbehörden die Vorgaben des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) umsetzen müssen. Dazu enthält sie unter anderem Immissions- und Emissionsgrenzwerte.
Relevant wird sie, wenn eine Anlage, die laut Bundes-Immissionsschutzgesetz eine besondere umweltrechtliche Prüfung bei der Genehmigung benötigt, gebaut oder geändert wird. Dann überprüfen die zuständigen Behörden das Vorhaben auf Basis der TA Luft.
Das heißt: Die TA Luft richtet sich eigentlich an Behörden. Weil diese aber nach ihren Vorgaben Anlagen genehmigen – oder nicht –, ist sie genauso relevant für Anlagenbetreiber. Das letzte Mal geändert wurde die Vorschrift übrigens vor knapp 20 Jahren.
Gliedern lässt sich die TA Luft in 2 Teile:
Für die Überprüfung der Anforderungen der TA Luft Grenzwerte ist ein dreistufiges Verfahren vorgeschrieben:
- In der ersten Stufe wird überprüft, ob Anlagen relevante Mengen an Schadstoffen ausstoßen.
- Ist dies der Fall, muss ermittelt werden, was in der Nachbarschaft ankommt.
- Handelt es sich auch dabei um relevante Mengen, wird die Belastung zusammen mit der Hintergrundbelastung in Relation zu einem Grenzwert gesetzt. Die Hintergrundbelastung entsteht durch Faktoren wie den Verkehr oder andere Betriebe in der Nachbarschaft.
Diese Struktur ist in der neuen TA Luft dieselbe geblieben. Geändert haben sich aber viele Details, angefangen bei Grenzwerten.
Wer ist von der neuen TA Luft betroffen?
Aktuell sind rund 50.000 Anlagen in Deutschland von der TA Luft betroffen. Allerdings, so Gerhard Puhlmann, „merken die meisten von den Änderungen erst einmal nichts“. Denn solange es keine Genehmigungsverfahren gibt, fordern die zuständigen Behörden in der Regel keine Anpassungen der bereits bestehenden Anlagen.
Das ändert sich, sobald Betreiber einen Änderungsantrag einbringen. Dann überprüfen Behörden auch, inwiefern bestehende Anlagen den Anforderungen der neuen TA Luft entsprechen.
Die wichtigsten Änderungen der TA Luft von 2021
Gerhard Puhlmann weist auf folgende Neuerungen der neuen TA Luft hin:
- Erweiterter Anwendungsbereich: In Zukunft gelten besondere Vorgaben der TA Luft auch für einige Anlagen, die bisher nicht betroffen waren. Dazu gehören zum Beispiel Biogasanlagen oder Schredderanlagen.
- Verschärfte Grenzwerte: Viele Grenzwerte der TA Luft haben sich verschärft.
- Aufnahme neuer Stoffe und neue Kategorisierung: Ob Benzopyren oder Dioxine und Furane, einige Stoffe wurden neu in die TA Luft aufgenommen. Andere, zum Beispiel Formaldehyd, wurden in ihrer Gefährdung neu eingestuft.
- Integration der Geruchs-Immissionsrichtlinie: Ein neuer Anhang der TA Luft war vor 20 Jahren schon einmal im Gespräch. Er schreibt vor, wie Behörden erhebliche Belästigungen durch Geruchsemissionen feststellen und beurteilen. Damit wird es künftig relevanter als früher sein, wie es in der Umgebung von Anlagen riecht.
- Häufigere Messungen: Teilweise müssen Emissionen nun jährlich statt nur alle drei Jahre gemessen werden.
Von besonders vielen Änderungen betroffen sind übrigens landwirtschaftliche Betriebe. Vor allem Tierhalter müssen in Zukunft deutlich höhere Auflagen erfüllen. Dies ist allerdings ein Kapitel für sich.
Das sollten Anlagenbetreiber und Immissionsschutzbeauftragte jetzt tun
Auch wenn sie aktuell noch nichts von der neuen TA Luft spüren, rät Gerhard Puhlmann Anlagenbetreibern und Immissionsschutzbeauftragten, sich rechtzeitig über relevante Änderungen zu informieren. Denn spätestens beim nächsten Genehmigungsantrag könnte sich herausstellen, dass bestehende Angaben geltende Grenzwerte nicht einhalten.
Dabei können Verantwortliche in mehreren Schritten vorgehen:
- Der erste Schritt besteht darin, sich mit der neuen Vorschrift zu befassen. Dafür gibt es die TA Luft als kostenlosen Download.
- Dann sollten Betreiber oder Immissionsschutzbeauftragte einen Blick in die bestehende Genehmigung ihrer Anlage und auf die darin enthaltenen Grenzwerte werfen.
- Schließlich können sie diese mit der neuen TA Luft abgleichen. Dabei sollten sie beachten, dass es in der neuen TA Luft eine Reihe neuer Kategorien gibt.
Falls sich herausstellt, dass Anlagen die Anforderungen der TA Luft von 2021 nicht erfüllen, können Betreiber sie, je nach baulichen Gegebenheiten, modernisieren oder mit Filtern nachrüsten. Vielleicht lohnt es sich auch, gleich in einen Ersatz zu investieren.
Schließlich besteht in manchen Fällen die Möglichkeit, mit der Behörde Übergangsregelungen auszuhandeln, zum Beispiel wenn eine Anlage selten benutzt wird. Gerhard Puhlmann betont: „Es gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Gerade wenn ein Fall sehr atypisch ist, lohnt es sich, das Gespräch mit der Behörde zu suchen.“
Die TA Luft erfüllt europäisches Recht
Für Gerhard Puhlmann steht fest: „Die TA Luft ist ambitioniert, aber sie geht kaum über europäisches Recht hinaus.“ Die WHO beispielsweise halte deutlich schärfere Grenzwerte für Luftschadstoffe in der Außenluft für sinnvoll.
Trotzdem sollten sich Anlagenbetreiber beziehungsweise Immissionsschutzbeauftragte frühzeitig mit dem Thema befassen und nicht warten, bis sie einen Genehmigungsantrag für eine Änderung oder einen Neubau eingereicht haben. Dann erleben sie ziemlich sicher keine böse Überraschung.
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