Qualitätsmanagement: Warum jedes Unternehmen davon profitiert
Für die einen ist es eine Selbstverständlichkeit, die anderen scheuen den damit verbundenen Aufwand. Am Thema Qualitätsmanagement (QM) scheiden sich die Geister.
Dabei lohnt sich die Beschäftigung damit für Unternehmen verschiedener Größe und aus unterschiedlichen Branchen. Denn ein Qualitätsmanagementsystem (QM-System oder QMS) nach der DIN EN ISO 9001 hat auch ohne Zertifizierung viele Vorteile, sogar für KMU.
Wir haben uns mit Werner Lobinger, Geschäftsführer und Mitinhaber der VIA Management Consulting GmbH, darüber unterhalten, wie Unternehmen von einem QM profitieren, ob dieses auch Nachteile mit sich bringt und wann es nicht ohne geht.
Warum ist ein Qualitätsmanagement wichtig? – Die Vorteile im Überblick
Um zu illustrieren, warum viele große und international agierende Unternehmen nicht auf ein Qualitätsmanagement verzichten können, greift Werner Lobinger gerne auf das Beispiel einer Supermarktkette zurück:
„Stellen wir uns vor, das Unternehmen will Bio-Äpfel für sein Sortiment kaufen. Dafür reicht es nicht, einen Lieferanten zu fragen und sich mit einer positiven Antwort zu begnügen. Denn schließlich hat die Supermarktkette eine gesetzliche Sorgfaltspflicht. Um dieser nachzukommen, könnte sie die Qualität der Produkte in Form einer Eingangskontrolle überprüfen. Das kostet aber viel Geld und stößt oft an Grenzen. Ob ein Apfel aus Biolandbau stammt, lässt sich ja mit dem Auge nicht erkennen.
In einem solchen Fall hat das Unternehmen nur zwei Möglichkeiten: Entweder es schickt Mitarbeitende zu dem Lieferanten, die sich von der Qualität und Herkunft der Äpfel überzeugen, oder es entscheidet sich für einen Lieferanten mit einem Zertifikat, das ein Dritter überprüft.“
Ein Qualitätsmanagement vereint viele Vorteile, die eng miteinander verbunden sind:
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Erfüllt Auflagen von Partnerunternehmen
Ob Lebensmittel, Medizinprodukte oder Industrie, in zahlreichen Branchen machen Unternehmen ein zertifiziertes Qualitätsmanagement zur Voraussetzung für eine Zusammenarbeit. Manchmal ist es sogar gesetzlich gefordert. -
Sorgt für höhere Kundenzufriedenheit
Ein QM hilft Unternehmen dabei, ihre Produkte und Leistungen mehr an Kund:innen auszurichten. Denn deren Bedürfnisse und Erwartungen sind eine zentrale Bezugsgröße in der ISO 9001. Für viele Behörden, beobachtet Werner Lobinger, ist dieser Aspekt ausschlaggebend für die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems. -
Macht Prozesse effizienter und senkt Kosten
Die ISO 9001 sieht einen prozessorientierten Ansatz vor: Unternehmen müssen Prozesse erfassen, gestalten, ausführen, dokumentieren, messen, überwachen und steuern. Das heißt, sie können mithilfe eines Qualitätsmanagementsystems ihre Prozesse transparent machen, standardisieren und effizienter gestalten. Dies senkt Kosten. Es helfe auch, betont Werner Lobinger, ein funktionierendes Wissensmanagement in Unternehmen zu betreiben, ein Thema, das angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels an Bedeutung gewinne. Überhaupt können Unternehmen ihre Prozesse, sind diese einmal definiert, aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Sie können den Fokus zum Beispiel auf den Energieverbrauch, die Nachhaltigkeit oder die Digitalisierung legen. -
Hilft bei der Modernisierung
Apropos Digitalisierung: Ein Qualitätsmanagementsystem eignet sich hervorragend, um Unternehmen zukunftsfähig zu machen und Prozesse zu digitalisieren, zu automatisieren und/oder nachhaltiger zu gestalten.
Und die Nachteile eines Qualitätsmanagements? Einige Unternehmen fürchten den Aufwand, den es kostet, einmal festgelegte Prozesse zu ändern, beobachtet Werner Lobinger. Dabei sei dieses Problem oft hausgemacht. Denn die Normen lassen viel Freiraum zur Ausgestaltung.
Auch die Vorstellung von Qualitätsmanagementsystem als Innovationsbremse ist nicht mehr zeitgemäß. Die ISO 9001 sieht vor, dass Unternehmen Entwicklungsprozesse ständig vorantreiben und verbessern. Seit der letzten Revision 2015 gehen die Normforderungen sogar verstärkt auf innovationsfördernde Themen wie die Identifikation von Chancen und Risiken ein, eine Tendenz, die sich voraussichtlich fortsetzen wird.
Zertifizierung ja oder nein? – Wann ein zertifiziertes Qualitätsmanagement Sinn macht
Ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem bringt einen weiteren potenziellen Nachteil mit sich: die durch die Zertifizierung entstehenden Kosten.
Auf der anderen Seite steht ein großer Vorteil: Erst die Zertifizierung weist nach, dass Unternehmen ein QM betreiben, das den Anforderungen der Norm genügt. Für die Supermarktkette im oben genannten Beispiel wäre sie zentral bei der Lieferantensuche. Das Gleiche gilt für Konzerne in der Automobil- oder Medizinbranche.
Für Unternehmen, die sich auf Privatkund:innen konzentrieren, ist dieses Argument weniger ausschlaggebend. Ihnen helfe ein Qualitätsmanagement vor allem, ihre Prozesse zu optimieren, so Werner Lobinger. Den zentralen Vorteil einer Zertifizierung sieht er dann darin, dass eine Überprüfung von außen dazu motiviere, Dinge richtig zu machen. „Das ist wie ein Fitnessstudio-Vertrag, den ich eher nutze, wenn ich mich für Kurse angemeldet habe.“
Qualitätsmanagement wird zunehmend individualisiert
So wie die ISO 9001 eine konsequente Verbesserung von Prozessen fordert, wird die Norm selbst immer wieder überarbeitet.
Die neueste Revision wird wahrscheinlich 2025 vorliegen. Mögliche Änderungen betreffen unter anderem eine stärkere Einbindung der Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung sowie eine Überarbeitung der Risikobetrachtung.
Für Werner Lobinger besteht der größte Trend im Bereich Qualitätsmanagement in seiner Individualisierung durch branchenspezifische Standards. In der Automobilindustrie gibt es die IATF 16949, für die eine Zertifizierung nach ISO 9001 zwingende Voraussetzung ist. In der Medizinproduktebranche dominiert die ISO 13485, die die Anforderungen der ISO 9001 bereits enthält.
Es gibt viele gute Gründe für ein Qualitätsmanagementsystem
Nicht jedes Unternehmen braucht ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem. Aber die Beschäftigung mit der ISO 9001 und einem QM sorgen für eine höhere Kundenzufriedenheit und effizientere Prozesse, geringere Kosten und die leichtere Erfüllung gesetzlicher Vorlagen. Mithilfe der systematischen Betrachtung ihrer Prozesse können Unternehmen sich an neue Anforderungen anpassen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Zusammengefasst verbessern Qualitätsmanagementsysteme die Qualität von Prozessen und Produkten. Davon profitieren alle Unternehmen.
Extra-Tipp: Ein klares Commitment ist zentrale Voraussetzung für ein erfolgreiches Qualitätsmanagement. Das beginnt ganz oben. Nur wenn die Geschäftsführung das Thema bewusst vorantreibt und klar unterstützt, können Qualitätsmanager:innen ihre Aufgaben erfüllen.
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