Audits sind selten beliebt
Audits genießen nicht den besten Ruf in Betrieben oder Organisationen. Sie kosten Zeit, binden Ressourcen und ziehen oft Kritik statt Anerkennung nach. Auditor:innen sehen sich häufig mit diesen Vorurteilen konfrontiert. Doch ihre Rolle ist essenziell: Regelmäßige Audits sind für jedes zertifizierte Managementsystem obligatorisch – sei es in den Bereichen Qualität, Medizinprodukte, Umwelt, Energie, Arbeitsschutz- oder Informationssicherheit.
Ein Blick auf den lateinischen Ursprung des Wortes (audire = „zuhören“) kann helfen, ein besseres Verständnis für den tatsächlichen Zweck von Audits zu entwickeln. Um gängige Vorurteile abzubauen und die Vorteile von Audits besser zu verstehen, beantworten wir im Folgenden diese zentralen Fragen:
- Was ist ein Audit?
- Welchen Zweck erfüllt ein Audit und welche Vorteile bringt es mit sich?
- Welche Audit-Arten gibt es?
- Wie unterscheiden sich interne von externen Audits?
- Welche Qualifikationen müssen interne Auditor:innen erfüllen und welche Ausbildung ist erforderlich?
- Wie sieht die Zukunft von Auditor:innen in Zeiten der KI aus und welche technologischen Hilfsmittel stehen ihnen jetzt schon zur Verfügung?
Was ist ein Audit?
Bei einem Audit begutachten qualifizierte Mitarbeitende Prozesse oder Qualitätssysteme meist vor Ort durch Inspektionen oder Prüfungen, um die Einhaltung von Anforderungen sicherzustellen. Eine solche Überprüfung kann sich auf eine gesamte Organisation, spezifischen Funktionen, Prozesse oder Produktionsschritte beziehen. Manche Audits dienen administrativen Zwecken wie der Prüfung von Dokumenten, Risiken, Leistungen oder der Kontrolle von Korrekturmaßnahmen.
Zweck und Vorteile eines Audits
Audits leisten aber mehr als reine Prüfungsarbeit – sie schaffen Mehrwert auf zahlreichen Ebenen. Sie bilden die Grundlage für nachhaltigen Erfolg und stärken Vertrauen und Sicherheit.
Objektivität und Effizienz
Unabhängige Prüfungen vermeiden Interessenkonflikte und fördern objektive Analysen. Sie helfen, Risiken zu mindern, Betriebseffizienz zu steigern und Prozesse zu optimieren.
Verbesserungspotenzial und Risikomanagement
Audits identifizieren Schwachstellen, fördern Produktivitätssteigerungen und senken Kosten. Gleichzeitig unterstützen sie das Management durch systematische Risikobewertungen und konkrete Maßnahmenpläne.
Qualität, Sicherheit und Compliance
Audits vermeiden zukünftige Qualitätsprobleme, gewährleisten Gesundheits- und Sicherheitsstandards und prüfen die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Sie sichern das Vertrauen von Kund:innen und bereiten auf externe Prüfungen vor.
Welche Audit-Arten gibt es?
Zertifizierungsaudit
Unternehmen in risikobehafteten Branchen wie Spielzeug, Druckbehälter, Aufzüge oder medizinische Geräte müssen die Anforderungen der EU erfüllen, um in Europa geschäftlich tätig zu sein. Eine Möglichkeit, dies sicherzustellen, ist die Zertifizierung ihres Managementsystems durch eine externe Prüfungsorganisation, etwa nach ISO 9001.
Kund:innen dürfen von ihren Lieferanten verlangen, Normen wie ISO 9001, ISO 14001 oder ISO 50001 einzuhalten. Zudem können gesetzliche Vorschriften gelten. Ein Audit durch eine unabhängige Drittpartei führt in der Regel zur Ausstellung eines Zertifikats, das bestätigt, dass das Managementsystem den Anforderungen der jeweiligen Norm oder Vorschrift entspricht.
Systemaudit
Diese Arten von Audits können auf Qualitätsmanagement-, Umweltmanagement-, Informationssicherheitsmanagement-, Arbeitsschutzmanagement-, Energiemanagement- oder Compliance-Managementsysteme angewendet werden. Dabei verfolgen sie einen ganzheitlichen Ansatz. Sie werden regelmäßig durchgeführt, wenn ein Unternehmen ein Managementsystem eingeführt hat – beispielsweise ein QM-System nach ISO 9001. Auditor:innen untersuchen, ob diese Systeme internen Unternehmensrichtlinien sowie gesetzlichen und behördlichen Anforderungen gerecht werden.
Prozessaudit
Dieses Audit bewertet, ob Geschäftsprozesse innerhalb vorgegebener Grenzen funktioniert und den festgelegten Standards entsprechen. Dabei werden Vorgänge anhand definierter Anforderungen wie Zeit, Genauigkeit, Temperatur, Druck oder Materialzusammensetzung überprüft. Auditor:innen untersuchen auch Ressourcen wie Ausrüstung, Materialien und Personal, die Prozessumgebung, angewandte Methoden und erfasste Messwerte zur Leistungsmessung. Darüber hinaus bewerten sie, ob die Prozesskontrollen angemessen und wirksam sind. Hierbei steht die kontinuierliche Verbesserung im Vordergrund.
Produktaudit
Auditor:innen prüfen Produkte oder Dienstleistungen auf die Einhaltung festgelegter Qualitätsstandards, Spezifikationen und Kundenanforderungen. Dabei begutachten sie sowohl das Produkt oder die Dienstleistung selbst als auch relevante Dokumentationen. Ein Audit kann vor der Markteinführung, während der Produktion oder nach der Distribution erfolgen. Beobachtungen, Schlussfolgerungen sowie Verbesserungsvorschläge und Korrekturen werden in einem Prüfungsbericht festgehalten, der zur qualitativen Optimierung beiträgt.
Projektaudit
Diese Sonderform bewertet, ob ein Projekt planmäßig verläuft und welche Maßnahmen den Erfolg sichern können. Auditor:innen prüfen, ob Termine, Kosten und die Anforderungen der Kund:innen eingehalten werden, analysieren Risiken und erstellen einen Maßnahmenkatalog für das weitere Vorgehen. Um Objektivität und Effektivität zu gewährleisten, sollten Auditor:innen nicht Teil des untersuchten Projektteams sein.
Interne vs. externe Audits
Neben den unterschiedlichen Audit-Arten lässt sich auch zwischen internen und externen Audits differenzieren. Während interne Audits vor allem der Optimierung eigener Prozesse dienen, spielen externe Audits eine zentrale Rolle bei der Bewertung durch Geschäftspartner:innen oder unabhängige Organisationen.
Interne Audits – Definition und Ziele
Interne Auditor:innen sind meist von der Geschäftsleitung beauftragte Berater:innen oder Mitarbeitende bzw. Teams innerhalb des Unternehmens. Diese sogenannten First Party Audits finden in unterschiedlichen Abteilungen und Niederlassungen statt, häufig als Folge normativer Vorgaben, wie etwa der QM-Norm ISO 9001. Im Umwelt- oder Arbeitsschutzmanagement gibt es Compliance-Audits, die die Wirksamkeit firmeneigener Richtlinien und die Einhaltung rechtlicher Anforderungen prüfen. Dafür werden Audits regelmäßig geplant und in einem Auditprogramm festgelegt.
Ungeplante Audits können ebenfalls erforderlich werden – beispielsweise bei Beschwerden von Kund:innen oder unerwarteten Änderungen in Prozessen. Oft dienen sie auch der Identifizierung von Schwachstellen und Potenzialen zur Steigerung von Effektivität und Effizienz. Dabei wird meist intern ausgewertet, um Prozesse, Managementsysteme, Produkte und Dienstleistungen zu optimieren.
Es gibt noch einen wichtigen Unterschied zu externen Audits, wie Michael Will, QM-Experte und Abteilungsleiter für Projekt- und Qualitätsmanagement bei der DOS-Software GmbH, erklärt. „Im Gegensatz zu den externen dürfen die internen Auditor:innen auch beraten. Ihre Aufgabe ist längst nicht nur, Fehler aufzudecken, sondern vor allem eine Kultur der fortlaufenden Verbesserung zu pflegen.“
Externe Second-Party-Audits
Ein externes Second-Party-Audit wird von Auditor:innen durchgeführt, die in direkter Geschäftsbeziehung zum Unternehmen stehen. Dazu zählen beispielsweise Kund:innen, die die Leistung eines Lieferanten kontrollieren, oder Prüfungen zur Einhaltung von Qualitätssicherheitsmaßnahmen und Vertragskonditionen. Automobilhersteller bewerten beispielsweise, ob ein Zulieferer so mit Informationen umgeht, wie der Branchenstandard TISAX® und die ISO-Norm 27001 es verlangen. Michael Will betont: „Interne Audits und Lieferantenaudits nach den Forderungen der VDS-ISA, dem Prüfkatalog des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), sollten einmal im Jahr durchgeführt werden.“
Externe Third-Party-Audits
Ein externes Third-Party-Audit wird von unabhängigen Organisationen durchgeführt, die keine Geschäftsbeziehung zum geprüften Unternehmen haben. Akkreditierte Auditor:innen oder Zertifizierungsstellen bewerten dabei, ob das Unternehmen die Anforderungen relevanter Normen erfüllt. Eine Zertifizierung des Managementsystems dient nicht nur als Vertrauensbeweis gegenüber Kund:innen, sondern unterstützt Unternehmen auch dabei, neue Märkte zu erschließen, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nachzuweisen oder interne Prozesse kontinuierlich zu verbessern.
Welche Qualifikationen sind für interne Audits erforderlich?
Neben Teamfähigkeit und einem guten Zeitmanagement müssen Auditor:innen zahlreiche weitere Kompetenzen mitbringen, um die bevorstehenden Aufgaben erfolgreich zu erfüllen.
- Umfassende Fachkenntnisse über die zu prüfenden Prozesse, Geschäftsfelder oder Branchen sowie alle relevanten Auditkriterien, Verfahren, Normen und Standards. Bei spezifischen Regelwerken sollte sichergestellt werden, dass Auditor:innen die entsprechenden Kompetenzen besitzen.
- Die Fähigkeit, komplexe Daten und Informationen zu interpretieren, Muster und Zusammenhänge zu erkennen und stichhaltige Folgerungen daraus zu ziehen.
- Ein objektiver Blick und kritisches Denkvermögen, um Risiken und Schwächen zu identifizieren sowie praktikable Lösungsansätze zu entwickeln.
- Eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit für gezielte und klare Fragestellungen, aktives Zuhören und eine verständliche und überzeugende Präsentation der Auditergebnisse und Lösungsvorschläge.
Zudem sollte dokumentiert sein, dass Auditor:innen über relevante Erfahrungen, eine angemessene Ausbildung oder gezielte Schulungen verfügen.
Schulungen für interne Auditor:innen
Sofern Zertifizierungsstellen keinen Schulungsnachweis von internen Auditor:innen fordern, ist dieser nicht zwingend vorgeschrieben. Doch auch Kund:innen können Nachweise anfordern. Professionelle Trainings und Lehrgänge sind in jedem Fall empfehlenswert, um ein effektives, strukturiertes und zielgerichtetes Vorgehen sicherzustellen. Dabei können sich Kandidat:innen gezielt auf bestimmte Audit-Arten wie Prozess-, Produkt- oder Systemaudits spezialisieren. In den Schulungen lernen sie unter anderem, Chancen und Risiken zu identifizieren, Audits zu planen, vorzubereiten und durchzuführen, Berichte zu erstellen, Ergebnisse zu bewerten und Auditschlussfolgerungen zu entwickeln. Auch die Maßnahmenverfolgung durch Follow-up-Audits ist Teil der Aus- und Weiterbildung.
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Unsere Seminar-Empfehlungen für Sie
Hier lernen Sie, wie Sie relevante Kennzahlen und -daten Ihres ISMS identifizieren und bewerten können - entsprechend den Anforderungen ISO 19011, ISO/IEC 27001 und TISAX®/VDA-ISA.
In diesem LPA-Training lernen Sie die Layered-Process-Audit-Methode und ihre Anforderungen kennen. Sie wissen, worauf Sie achten müssen und welche Schritte notwendig sind, um ein LPA-System erfolgreich in Ihrem Unternehmen zu implementieren. Als LPA-Expertin oder LPA-Experte stellen Sie sicher, dass die eingesetzten Methoden den Standards der IATF 16949/Kundenanforderungen und ISO 9001 entsprechen und gezielte Prozessoptimierungen durchgeführt werden.
Anhand von beispielhaften Dokumenten trainieren Sie, wie Sie sich auf ein Prozessaudit vorbereiten müssen. Sie führen ein Auditgespräch und kennen die Anforderungen an die Auditberichterstattung. Hierzu werden Ihnen die Grundlagen der Gesprächs- und Fragetechniken vermittelt sowie die Fertigkeit, aus Auditinformationen Auditschlussfolgerungen abzuleiten.
Technologischer Fortschritt und die Zukunft von Auditor:innen
Unabhängig davon, ob sie allein oder im Team arbeiten, können Auditor:innen auf zahlreiche technologische Hilfsmittel zurückgreifen, die ihre Arbeit erleichtern. Software-Komplettlösungen unterstützen bei der Planung, Durchführung, Dokumentation und Berichterstattung von Audits. Zudem gibt es spezialisierte Tools für das Risiko- und Compliance-Management sowie die Verwaltung auditrelevanter Dokumente. Analyse- und Reporting-Programme tragen zur effizienten Verarbeitung großer Datenmengen, zur Identifikation von Risiken und zur klaren Präsentation der Auditergebnisse bei.
Die künstliche Intelligenz kann ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen, indem sie Routineaufgaben wie die automatisierte Dokumentenprüfung oder die Erkennung systematischer Probleme übernimmt und Lösungsvorschläge macht. Dadurch sind Auditor:innen in der Lage, sich besser auf Maßnahmen zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung zu konzentrieren. In hochregulierten Branchen wie der Automobilindustrie und Medizinprodukten hat sich KI bereits bewährt, indem sie Qualitätsmängel frühzeitig erkennt und Maßnahmen unterstützt, um gesetzliche Vorgaben und höchste Standards einzuhalten.
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