"Bürohunde" – Was Sie wissen sollten
Zunehmend wird beobachtet, dass Krankschreibungen auf psychische Belastungen zurückzuführen sind. Die Ursachen sind vielfältiger Natur und können auch durch steigende Leistungserwartungen am Arbeitsplatz verursacht werden.
Beispielhaft beschäftigte sich die Deutsche Angestellten Krankenkasse DAK über den Gesundheitsreport 2019 mit dem Thema von Langzeitarbeitsunfähigen und den Krankheitsursachen. Hier konnte zusammengetragen werden, dass Krankschreibungen auf Grundlage psychischer Belastungen deutlich gestiegen sind (2018: 33,7 Tage; 2019: 35,4 Tage).
Für Arbeitgeber wird deshalb die Frage, wie sie psychischen Belastungen am Arbeitsplatz präventiv vorbeugen können, immer wichtiger. Unter anderem könnte zur Minimierung psychischer Belastungen auch ein Hund beitragen, der von den Mitarbeitenden mit ins Büro genommen werden darf.
In unserem Artikel informieren wir Sie über den potentiellen Nutzen eines Hundes im Büro sowie über wichtige rechtliche Rahmenbedingungen.
Pflichten des Arbeitgebers
Das Ergreifen von Präventionsmaßnahmen zur Gesundheitsförderung von Mitarbeitenden ist für Unternehmen aktueller denn je. Jede Investition, die einer Krankheit oder einem Unfall vorbeugt, spart weitere Kosten und erhält das im Unternehmen vorhandene Wissenspotential. Somit stellen Präventionsmaßnahmen zur Gesundheitsförderung von Mitarbeitenden die Grundlage für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens dar.
Unabhängig von diesen Aspekten sind Arbeitgeber aber auch gesetzlich dazu verpflichtet, vorbeugenden Arbeits- und Gesundheitsschutz zu betreiben.
- Entsprechend Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) §2 (1) ist definiert: „Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne dieses Gesetzes, sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit“.
- §3 des ArbSchG verdeutlicht die Grundpflichten des Arbeitgebers: „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.“
Der "Bürohund" – eine kurze Definition
Der Interessenverein Bundesverband Bürohund eV. definiert einen „Bürohund“ als einen "durch seinen Menschen mitgeführte(n) Hund, der beabsichtigt unter adäquaten Bedingungen, [...] Teil eines Arbeitsteams im Büro [...] ist". Der Verein setzt sich seit 2014 aktiv für das Mitführen von Hunden im Büro in Unternehmen ein. Offiziell besteht der Begriff eines „Bürohundes“ jedoch nicht.
Der Nutzen von Hunden im Büro
Bei der Betrachtung des möglichen Nutzens eines Hundes im Büro wird auf verschiedene Abhandlungen und Beobachtungen zurückgegriffen.
Es wird aufgezeigt, dass die Mensch-Hund-Interaktion einen Einfluss auf weitere Faktoren wie zum Beispiel die Arbeitsleistung und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden haben kann und unterstützend wirken kann.
"Ich kann den positiven Effekt nur bestätigen. Mehrere meiner Coaching-Klienten bringen gelegentlich ihren Hund mit. Das entspannt nicht nur die Coachings spürbar, auch meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen freuen sich jedesmal darauf, wenn wir Hundebesuch bekommen."
Dr. Friedrich Soretz, Organisationsberater und Coach
Noch sind nicht alle Aspekte der Auswirkungen von Hunden im Büro bekannt. Bisherige Betrachtungen konnten bereits folgende Auswirkungen aufzeigen:
- Teilweise Senkung von Stress, mit bedingt durch die Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin und Abbau des Stresshormons Cortisol
- Teilweise Verbesserung des Arbeitsklimas
- Positive Effekte auf die Gemeinschaft und die Beziehungen unter Mitarbeitenden
- Steigerung der Motivation von Mitarbeitenden
Ein weiterer positiver Aspekt für Unternehmer kann im Bereich des Employer Brandings liegen. Befragte Mitarbeitende finden, dass die Zulassung eines Hundes am Arbeitsplatz den Arbeitgeber attraktiver macht.
Bedingungen und Grenzen für Hunde im Büro
Trotz möglicher positiver Auswirkungen, kann nicht einfach jeder Mitarbeitende seinen Hund mit ins Büro bringen.
Die Arbeitsstätte ist vorrangig zur Ausübung definierter Tätigkeiten und Arbeitsabläufe konzipiert und vorrangig für Menschen ausgelegt. Hinzu kommt, dass nicht jeder Mensch ein Hundeliebhaber ist und somit das Risiko besteht, dass der Hund im Büro genau die gegenteiligen Effekte auf die Mitarbeitenden ausübt.
Folgende Rahmenbedingungen sind für einen „Bürohund“ auf jeden Fall erforderlich und sollten vom Hundebesitzer beachtet werden:
- Eine übergeordnete Betrachtung über eine Gefährdungsbeurteilung
- Eine übergeordnete Genehmigung zum Mitbringen durch die Geschäftsleitung (ggf. auch durch den Immobilienbetreiber)
- Das Einverständnis der Kolleginnen und Kollegen
- Die vorab Vereinbarung von „Hunderegeln“
- Nachweise durch den Hundebesitzer (Hundehaftpflichtversicherung, Hundeführschein, ggf. ein Wesenstest des Hundes)
- Der Hund muss gut erzogen sein und darf den betrieblichen Ablauf nicht stören
- Es muss Platz für den Hund sein und er muss auch im Büro entsprechend der Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV) artgerecht untergebracht und versorgt werden
Bürohunde – FAQ
Sind Hunde im Büro erlaubt?
Grundsätzlich sind Hunde im Büro nicht erlaubt. Ausnahmen können sein:
- eine fallbezogene Genehmigung
- eine Erfordernis aus anderen Gründen (z.B. bei Blindenhunden, Therapiehunden, Polizeieinsatzhunden, Rettungshunden)
Wenn eine Erfordernis aus anderen Gründen vorliegt, müssen im Vorfeld die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den Hund mitbringen zu können.
Die Erlaubnis des Arbeitgebers kann jederzeit widerrufen werden.
Welche Gesetze sind für die Mitnahme eines Hundes ins Büro relevant?
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Mitbringen von Hunden ins Büro sind komplex und in hohem Maße vom Einzelfall abhängig. Folgende Gesetze sind zu berücksichtigen:
- Arbeitsschutzgesetz
- Arbeitssicherheitsgesetz
- Arbeitsstättenrichtlinie
- Hygieneverordnung
- Infektionsschutzgesetz
- Tierschutz-Hundeverordnung
- SGB VII
- Schwerbehindertengesetz
Fallbezogen gelten weitere Gesetze, Verordnungen, Richtlinien sowie auch das "Hausrecht".
Wann darf ein Hund mit ins Büro und welche Regeln gilt es zu beachten?
Für die Mitnahme von Hunden ins Büro müssen im Vorfeld viele Rahmenbedingungen geklärt werden.
- Grundsätzlich hat vor einer Genehmigung eine Gefährdungsbeurteilung zu erfolgen, die alle Gefährdungen durch oder mit dem Hund im Arbeitsbetrieb berücksichtigt. Hierzu wirkt das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), hervorgehoben §1, §6, §8.
- Das Einverständnis der weiteren Kolleginnen und Kollegen im Büro liegt vor.
- Die Hundehaftpflichtversicherung ist dem Arbeitgebenden nachgewiesen.
- So gefordert, ist dem Arbeitgeber ein Nachweis der Hundeführeigenschaften über einen Hundeführschein übergeben worden.
- So gefordert, ist dem Arbeitgeber ein Nachweis eines Wesenstests für das Tier übergeben worden.
- Der Platz und die Aufenthaltsbedingungenen sind vorrätig und geklärt.
- Ein Hund muss auch im Büro dem Tierschutz und Tierwohl entsprechend gehalten werden (Dazu zählen ein eigener Platz, Wasser- und Luftversorgung, Bewegung im kleineren Bereich möglich, Auslauf in Zwischenzeiten).
Inwiefern muss der Arbeitsplatz für einen "Bürohund" geeignet sein?
Jeder Arbeitsplatz ist in den möglichen Gefährdungen einzeln zu betrachten. Grobe Richtwerte können sein:
- Berücksichtigung von allen Unternehmen im Haus für mögliche Störungen oder Gefährdungen
- Liegt eine Genehmigung vom Immobilienbesitzer vor, Tiere bzw. Hunde in die Immobilie einzubringen (bei Büro- oder Industriebauten besteht eine Zweckbestimmung über die Genehmigungsverfahren)?
- Der Hund gelangt, ohne Erfordernis von gesondert zu sichernden Bereichen, durch das Haus ins Büro und auch wieder raus
- Der Hund kann im Notfall in Menschenmengen mit evakuiert werden
- Der Ausschluss im Bereich von Personen, die Angst vor Hunden haben oder Allergiker sind
- Die Zustimmung aller liegt vor
- Der Hund hat seinen Platz und kann sich artgerecht aufhalten
- Der Hund stört nicht die Arbeitsabläufe
- Der Hund ist versichert
- Der Hundebesitzer verfügt über einen Hundeführschein
- Das Wesen des Hundes ist für einen längeren Aufenthalt im Büro geeignet
- Es können weitere Gefährdungen durch den Hund ausgeschlossen werden
Inwiefern muss der Hund für einen Aufenthalt im "normalen" Büro geeignet sein?
Der Hund sollte für die Mitnahme ins Büro die folgenden Bedingungen erfüllen:
- Der Hund sollte nicht zu bewegungsintensiven Hunderassen gehören, denn in Büroanlagen mit mehreren Mitarbeitenden ist ein freies eigenständiges Bewegen auch bei Genehmigung zur Mitnahme zu unterbinden.
- Der Hund darf nicht zu den gefährlichen Hunderassen zählen.
- Der Hund muss aus sich heraus ruhig sein sowie den Umgang mit differenten Menschen kennen und ertragen ohne selbst in Stress oder Panik zu geraten.
- Gegebenenfalls ist ein Wesenstest erforderlich.
Zudem sollte der Hund über eine Hundehalterhaftpflichtversicherung verfügen, die Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die durch den versicherten Hund verursacht werden, abdeckt.
Es gibt bereits einen Hund in meinem Unternehmen. Darf auch ich automatisch auch einen Hund mitnehmen?
Auch wenn es im Unternehmen bereits Einzelgenehmigungen gibt, haben Mitarbeitende nicht automatisch einen Anspruch darauf, auch den eigenen Hund mitzubringen. Weder der Wirkbereich des Gleichbehandlungsgesetzes noch der des Gleichstellungsgesetzes bieten eine rechtliche Grundlage für die Mitnahme des Hundes ins Büro.
Weitere Mittel zur Gesunderhaltung der Mitarbeitenden
Sollte es nicht möglich sein, mit einem Einsatz eines Hundes Stresssituationen positiv zu beeinflussen, ist auf andere Mittel zurückzugreifen, um die Grundanforderungen der Gesunderhaltung der Mitarbeitenden umzusetzen. Weitergehende Betrachtungen sollten grundsätzlich zu hohen Krankenständen und deren Ursachen erfolgen.
Die drei entscheidenden Faktoren für eine Mitarbeitendenzufriedenheit sind:
Unabhängig davon, ob ein „Bürohund“ am Arbeitsplatz erlaubt ist oder nicht, sollten sich Führungskräfte deshalb langfristig mit den Themen Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterbindung beschäftigen.
Wir empfehlen weitere Überlegungen zu folgenden Bereichen:
- Extrinsische Motivationsfaktoren und deren Verbesserung (Vergütung, Boni, Einfluss, Anerkennung und Wertschätzung, Arbeitsplatzsicherheit etc.)
- Arbeitsplatz-Kontext (bspw. Rollendefinitionen schärfen, Ausmaß der Bürokratie senken, Hilfsmittel/-tools zur Arbeitserleichterung etc.)
- Aufgabenfelder anpassen (bspw. stressauslösende Aufgaben durch Software automatisieren, stressiges Multitasking verhindern etc.)
- Führungs- und Mitarbeitendenverhalten (bspw. offene Kommunikation, Arbeitszeitenregelungen, Pausenzeiten, soziale Kompetenzen fördern, Einsatz der Mitarbeitenden entsprechend ihrer Stärken und Talente etc.)
- Beziehungen am Arbeitsplatz (bspw. Teamzusammengehörigkeitsgefühl, gelebte/-s Unternehmenswerte/-leitbild etc.)
- Einrichtung und Gestaltung der Unternehmensräume (bspw. Ergonomie, Ablagesysteme, Bilder/Blumen etc.)
- Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Karrierefaktoren (bspw. Möglichkeiten zur Weiterbildung, Gesundheitsprogramme zur physischen/mentalen Gesundheit, Mentorenprogramme etc.)
Für den Erfolg dieser Maßnahmen ist es entscheidend, inwiefern diese Faktoren in das Gesamtkonzept des Unternehmens eingebunden sind.
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