Abwärme in Rechenzentren ist zukunftsorientiert
Zwischen 2012 und 2022 ist allein der Strombedarf deutscher Rechenzentren von 11 auf 18 Milliarden Kilowattstunden (kWh) angewachsen, Tendenz steigend. Zwar stammt ein immer größerer Teil davon aus erneuerbaren Quellen, aber in den allermeisten Fällen wird die Energie am Ende als Abwärme an die Umwelt abgegeben – und verpufft dann ungenutzt.
Forscher wie Stefan Holler wollen das ändern. Der Professor an der Fakultät Ressourcenmanagement der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Göttingen beschäftigt sich unter anderem mit der Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren. Wir haben uns mit ihm darüber unterhalten, welches Potenzial damit verbunden ist und warum das Interesse an Abwärmenutzung langsam, aber sicher steigt.
Wie Abwärme in Rechenzentren entsteht und wie sie sich nutzen lässt
Bei den meisten elektrisch betriebenen Maschinen beziehungsweise Geräten dient Strom dazu, etwas anzutreiben und Bewegungen in Gang zu setzen. Anders in Rechenzentren. „Die gesamte elektrische Energie, die Server benötigen, wird in thermische Energie umgewandelt“, so Stefan Holler.
Damit die Rechner durch die Wärme nicht überhitzen und Schaden nehmen, müssen sie laufend gekühlt werden.
Aktuell unterscheidet man zwei Arten von Serverkühlung:
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Die Luftkühlung dominiert noch, kommt aber bei zunehmend leistungsstärkeren Servern an ihre Grenzen.
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Wasserkühlung gilt als die Technik der Zukunft, weil sie deutlich energieeffizienter ist und Betreiber Kosten sparen. Um bestehende Rechenzentren von Luft- auf Wasserkühlung umzurüsten, müssen sie aber großflächig umgebaut werden.
Wie Server gekühlt werden, hat einen Einfluss auf die Abwärmenutzung. In luftgekühlten Systemen entsteht Wärme mit einer Temperatur von etwa 30 Grad Celsius. Diese Niedertemperatur eignet sich beispielsweise für Fußbodenheizungen oder Trockneranlagen. Für das Heizen von Wohn- oder Bürogebäuden muss die Abwärme zuerst mit Wärmepumpen auf mindestens das Doppelte erhitzt werden. Die Abwärme wassergekühlter Serverräume dagegen kommt auf bis zu 60 Grad. „In diesem Fall bietet sich die direkte Nutzung eher an“, so Stefan Holler.
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Warum Abwärmenutzung für Unternehmen immer attraktiver wird
In der Vergangenheit beschäftigten sich Unternehmen wenig mit Möglichkeiten zur Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren. Schließlich war diese oft nicht wirtschaftlich. Außerdem standen für Betreiber von Rechenzentren andere Themen im Fokus. Doch Stefan Holler beobachtet, dass das Interesse seit einiger Zeit steigt.
Das lässt sich auf mehrere Gründe zurückführen:
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Gesetzliche Vorgaben: Der Gesetzgeber verpflichtet Unternehmen zunehmend dazu, Energie einzusparen beziehungsweise möglichst effizient zu nutzen. Der ursprüngliche Entwurf des Energieeffizienzgesetzes sah sogar vor, dass Rechenzentren im Umkreis von fünf Kilometern um ein Wärmenetz gebaut oder in einem Zeitraum von zehn Jahren an ein geplantes Wärmenetz angeschlossen werden müssen. Diese Vorgabe ist im letzten Moment gestrichen worden, doch Stefan Holler ist sicher: „Eine gesetzliche Verpflichtung zur Abwärmenutzung kommt früher oder später.“
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Höhere Wirtschaftlichkeit: Die CO2-Abgabe steigt. Das Gleiche gilt für die Abwärmetemperatur in Verbindung mit Wasserkühlung. Die Vorlauftemperatur von Fernwärmenetzen dagegen sinkt. Alle diese Entwicklungen führen dazu, dass sich durch die Nutzung von Abwärme zunehmend Geld sparen lässt.
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Imagegründe: Schließlich hat Nachhaltigkeit in der Öffentlichkeitsarbeit an Bedeutung gewonnen. Indem sie Maßnahmen für Energieeinsparungen nach außen kommunizieren, können Unternehmen ein positives Image fördern.
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Diese Voraussetzungen sind wichtig
Auch wenn Abwärmenutzung allgemein attraktiver wird, spielen individuelle Faktoren eine zentrale Rolle, allen voran der Standort eines Rechenzentrums. „Es muss eine Wärmesenke vorhanden sein“, betont Stefan Holler. „Wenn ein Rechenzentrum sehr isoliert steht, befindet sich in der Regel kein Wärmenetz in der Nähe.“ Gute Voraussetzungen bestehen zum Beispiel in Frankfurt. Hier plant der mehrheitlich städtische Energieversorger Mainova, die Abwärme von mindestens einem neuen Rechenzentrum ins Fernwärmenetz einzuspeisen.
Aber auch zwischen vorhandenen Wärmenetzen gebe es große Unterschiede. „In einem Neubaugebiet, das aus lauter Niedrigenergiehäusern mit Fußbodenheizung besteht, kann ich ein Wärmenetz mit niedriger Temperatur betreiben und die Abwärme direkt einspeisen. Auf einem Universitätscampus mit Forschungsgebäuden, die vielleicht sogar Dampf benötigen, muss ich sie hoch transponieren.“ Die Größe eines Rechenzentrums ist dagegen nicht immer ausschlaggebend. Beispiele zeigen, dass auch ein kleiner Serverraum in einem Unternehmensgebäude genutzt werden kann, um beispielsweise Büros im gleichen Gebäude zu heizen.
Eine Herausforderung besteht darin, dass in Rechenzentren ganzjährig Abwärme anfällt und sich der Bedarf an dieser Wärme in erster Linie auf den Winter konzentriert. Forscher wie Stefan Holler arbeiten deshalb an Speichertechnologien. Mit diesen soll es in Zukunft vermehrt möglich sein, die Wärme, die im Sommer anfällt, für die kalte Jahreszeit aufzubewahren.
Ausblick in die Zukunft: Mehr Rechenleistung ist gleich mehr Wärme
In den nächsten Jahren und Jahrzehnten wird die Digitalisierung voranschreiten. Damit werden der Strombedarf und die Zahl von Rechenzentren weiter ansteigen, weltweit wie in Deutschland. Für mehr Energieeffizienz im Rechenzentrum werden Betreiber zunehmend auf Wasserkühlung statt auf Luftkühlung setzen.
Für Stefan Holler schaffen diese Entwicklungen langfristig optimale Konditionen, um mit der Energie, die heute noch einfach in die Umgebung abgegeben wird, Gebäude zu heizen. Dass es wahrscheinlich bald verpflichtend wird, diese Möglichkeiten zu nutzen, ist ein weiterer guter Grund für Betreiber von Rechenzentren, sich früh mit dem Thema zu beschäftigen.
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