Prüfung elektrischer Betriebsmittel: Vorgaben und Praxistipps

Prüfung elektrischer Betriebsmittel: Vorgaben und Praxistipps

Beitrag vom 14.05.2024

Zur Themenwelt Elektrotechnik

Wer darf elektrische Betriebsmittel prüfen und welche Vorgaben sind dabei zu beachten?

Ob Drucker, Bohrmaschine oder Wasserkocher: elektrische Geräte sind allgegenwärtig in Unternehmen. Dabei werden oft gerade die Gefahren, die von den „Kleinen“ ausgehen, unterschätzt. Laut einer Statistik der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) ereignen sich etwa 90 Prozent der Stromunfälle im Bereich der Niederspannung, also bei einer Spannung unter 1.000 Volt. 

Die meisten dieser Unfälle verlaufen glimpflich. Doch in einigen Fällen hat das „Eine-gewischt-bekommen“ ernste gesundheitliche Folgen bis hin zum Tod. Um das zu vermeiden und die Auflagen von Versicherungen zu erfüllen, müssen Unternehmen elektrische Betriebsmittel prüfen. Allerdings unterscheiden sich die vorgeschriebenen Prüfungen je nach Betriebsmittel.   

Hier gehen wir darauf ein, 

  • welche verschiedenen Arten von elektrischen Betriebsmitteln es gibt, 

  • wer sie prüfen darf und 

  • welche Vorgaben bei den Prüfungen zu beachten sind. 

Außerdem erfahren Sie, warum sich Elektrofachkräfte, die Betriebsmittel prüfen, nicht auf die Lektüre von Normen und Vorschriften beschränken sollten. 

 

Was sind elektrische Betriebsmittel? – Definitionen

Die DGUV Vorschrift 3 unterscheidet folgende Arten elektrischer Betriebsmittel: 

Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel

Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel lassen sich während des Betriebs bewegen oder im angeschlossenen Zustand an einen anderen Platz bringen. Dazu gehören zum Beispiel Haushaltsgeräte wie Wasserkocher, aber auch Elektrowerkzeuge. 

Nichtstationäre Anlagen

Nichtstationäre Anlagen werden nach einem Einsatz abgebaut und an einem neuen Einsatzort wieder aufgebaut. Anlagen auf Montagebaustellen gehören in diese Kategorie. 

Stationäre Anlagen

Stationäre Anlagen sind fest mit der Umgebung verbunden. Das trifft zum Beispiel auf Installationen in Gebäuden oder Fahrzeugen zu. 

Ortsfeste elektrische Betriebsmittel

Ortsfeste elektrische Betriebsmittel stehen an Ort und Stelle. Entweder, weil sie fest montiert sind, oder weil sie so schwer sind, dass sie sich nicht einfach bewegen lassen. Beispiele dafür sind Elektroherde, Lampen oder Motoren

Wichtig!

In welche Kategorie elektrische Betriebsmittel fallen, wirkt sich auf die Prüfvorschriften aus. Allerdings ist eine klare Unterscheidung zwischen ortsveränderlich und ortsfest nicht immer einfach, zum Beispiel bei Untertischgeräten, die keinen Stecker besitzen. Dann, so Gerd Lehmann, Elektromeister im Handwerk, ist es Sache der verantwortlichen Elektrofachkraft oder der Elektrofachkraft, die eine zur Prüfung befähigte Person nach TRBS 1203 ist, eine Entscheidung zu fällen. 

Überblick über die drei Schutzklassen für elektrische Betriebsmittel

Für die Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel spielt es auch eine Rolle, welcher Schutzklasse diese angehören: 

Schutzklasse I

Betriebsmittel der Schutzklasse I haben einen Schutzleiteranschluss. Wenn ein Fehler auftritt, zum Beispiel ein Kabelbruch, wird der Stromkreis abgeschaltet. So kann es bei Berührung nicht zu einem elektrischen Schlag kommen. Viele EDV-Geräte gehören in diese Kategorie. 

Schutzklasse II

Betriebsmittel der Schutzklasse II besitzen eine Schutzisolierung, also eine doppelte oder verstärkte Isolation, die für Sicherheit sorgt. Sie benötigen in der Regel keinen Schutzleiter. Dazu gehören viele handgeführte Werkzeuge.

Schutzklasse III

Diese Klasse verwendet Kleinspannungen (≤ 50 V AC; ≤ 120 V DC), die normalerweise nicht gefährlich sind. Typische Beispiele für solche Betriebsmittel sind bestimmte Arten von Lampen oder kleine Netzteile/Trafos.

Je nach Schutzklasse variiert der Ablauf von Wiederholungsprüfungen elektrischer Betriebsmittel nach VDE 0701 oder VDE 0702. Zum Beispiel ist bei Geräten der Schutzklasse I eine Schutzleiterwiderstands- und eine Schutzleiterstrom-Messung sowie gegebenenfalls eine Isolationswiderstands- und Berührungsstrom-Messung erforderlich. 

Gut zu wissen: Auch bei der richtigen Zuordnung von Schutzklassen ist die Fachkompetenz und Erfahrung der prüfenden Person gefragt. Denn Hersteller sind nicht verpflichtet, Schutzklassen zu kennzeichnen beziehungsweise in der Dokumentation anzugeben. Ausschlaggebend ist immer, welche Schutzmaßnahmen gegeben sind.  

Wann müssen elektrische Betriebsmittel geprüft werden?

Arbeitgeber:innen müssen elektrische Betriebsmittel nach der Betriebssicherheitsverordnung § 14 und der DGUV Vorschrift 3 § 5 prüfen, und zwar: 

  • vor der ersten Inbetriebnahme 

  • nach Änderungen bzw. Instandsetzungen 

  • ​​​allgemein in regelmäßigen Abständen 

Wie groß diese „regelmäßigen Abstände“ sind, legen Arbeitgeber:innen zusammen mit der „zur Prüfung befähigten Person“ auf Grundlage der Gefährdungsurteilung fest. Dabei sollten sie sich an den Richtwerten und Empfehlungen der DGUV V3 und TRBS 1201 orientieren. Die Fristen richten sich nach der Art der Betriebsmittel und dem Einsatzort. 

 Ein paar Beispiele: 

  • Ortsfeste Anlagen und Betriebsmittel in Büros und anderen Betriebsbereichen: 4 Jahre. 

  • Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) in nichtstationären Anlagen: 1 Monat. 

  • Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel im Büro oder in einem vergleichbaren Bereich: mindestens 6 Monate, maximal 2 Jahre. 

  • Ortsveränderliche elektrische Betriebsmittel auf einer Baustelle oder in einer Produktionsstätte: mindestens 3 Monate, maximal 1 Jahr. 

 

Wer darf elektrische Betriebsmittel prüfen?

Wer elektrische Betriebsmittel prüfen darf, steht in der TRBS 1203 und DGUV V3. Aus ihnen folgt: 

  • Eigenverantwortlich elektrische Betriebsmittel prüfen darf die Elektrofachkraft (EFK). Dazu ist im Regelfall eine Ausbildung im elektrotechnischen Bereich notwendig. Außerdem dürfen sich Personen zu einer Elektrofachkraft fortbilden, wenn sie seit mindestens zwei Jahren in einem elektrotechnischen Bereich tätig sind. 

  • Die elektrotechnisch unterwiesene Person (EuP) kann ebenfalls Prüfarbeiten übernehmen, allerdings muss eine Elektrofachkraft diese kontrollieren. Sie hat also nur eine Teilverantwortung. 

Gut zu wissen: Unternehmen können elektrische Betriebsmittel auch durch Mitarbeitende einer Fremdfirma prüfen lassen.  

 

Welche Pflichten haben Arbeitgeber:innen bei der Prüfung elektrischer Betriebsmittel?

Arbeitgeber:innen müssen laut Arbeitsschutzgesetz sicherstellen, dass Mitarbeitende befähigt sind, die ihnen übertragenen elektrotechnischen Aufgaben auszuführen. Das gilt auch für Prüfungen von Betriebsmitteln.  

Wenn sie selbst keine Elektrofachkräfte sind, müssen sie eine Verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK) bestellen, die die Fachverantwortung in dem Bereich übernimmt. Die Verantwortliche Elektrofachkraft übernimmt auch die Sicherheitsunterweisung. Einfach machen lassen ist dagegen keine Option. Denn dann geht schnell etwas schief und Arbeitgeber:innen werden dafür zur Verantwortung gezogen. 

Übrigens müssen sich Arbeitgeber:innen nach § 13 Abs. 1 BetrSichV auch von der Fachkunde von Fremdfirmen überzeugen, wenn sie diese mit der Prüfung elektrischer Betriebsmittel beauftragen. 

Auf dem Laufenden bleiben ist entscheidend für Elektrofachkräfte

Für die Prüfung elektrischer Betriebsmittel existieren viele Vorgaben. In der Praxis jedoch, betont Gerd Lehmann, sei viel Ermessenssache von Elektrofachkräften. Das beginne bei der Entscheidung darüber, in welche Kategorie ein Betriebsmittel fällt.  

Deshalb ist es wichtig für Elektrofachkräfte, sich über aktuelle Diskussionen in ihrem Fachbereich auf dem Laufenden zu halten und sich neben theoretischem Wissen Tipps aus der Fachpraxis zu holen. Zusätzlich zu Schulungen empfiehlt Gerd Lehmann zum Beispiel die regelmäßige Lektüre von Fachzeitschriften. Beides helfe Elektrofachkräften, das zu lernen, was nicht in den Normen stehe. Nur so profitieren Unternehmen von einem sicheren Einsatz elektrischer Betriebsmittel.  

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