Druckgeräterichtlinie und Betriebssicherheitsverordnung

Druckgeräterichtlinie und Betriebssicherheitsverordnung

Beitrag vom 08.06.2021

Zur Themenwelt Druckgerätesicherheit

Der Urknall – Geburtsstunde der technischen Überwachung in Deutschland

Es muss immer erstmal knallen, bevor sich etwas ändert. So auch am 28.Januar 1865 in der Mannheimer Brauerei „Zum großen Mayerhof“. Um 13 Uhr explodiert ein Kessel, durchschlägt dicke Wände, tötet den Heizer und verletzt mehrere Angestellte schwer. Nach einigen Vorfällen dieser Art, ist dieses Ereignis jenes, das 1866 zur Gründung der „Gesellschaft zur Überwachung und Versicherung von Dampfkesseln“ führte. Fortan sollten dadurch Rahmenbedingungen zur Herstellung von Dampfkesselanlagen und deren regelmäßige Prüfung zum Schutz der Angestellten gesetzt werden.

Heutzutage sollen die Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU und die Betriebssicherheitsverordnung für die EU-konforme Herstellung und sachgemäße Prüfung von Druckgeräten sorgen. Wir haben dazu ein Interview mit Hr. Trispel geführt. Er war jahrelang Kundenbetreuer für Druckgerätehersteller und -betreiber und gibt bis heute Seminare bei der TÜV NORD Akademie zum Thema Druckgeräterichtlinie, Betriebssicherheitsverordnung und CE-Kennzeichnung. Er hat uns erklärt, wie es zur Entstehung der heutigen Richtlinien kam, welche Rahmenbedingungen eingehalten werden müssen und worauf insbesondere bei der Druckgeräteprüfung zu achten ist.

Von der Dampfkesselverordnung bis zum geltenden Recht

Mit der Einführung der Dampfkesselverordnung 1965 gab es in Deutschland erstmalig geltende Richtlinien zur Herstellung und Prüfung von Dampfkesseln, Dampfgefäßen, Druckbehältern und Wärmekraftmaschinen. Dieses rein nationale Regelwerk wurde 1997 durch die europäische Richtlinie über Druckgeräte 97/23/EG abgelöst, wodurch einheitliche Regelungen für den europäischen Binnenmarkt geschaffen wurden. Sie enthielt Regeln für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Druckgeräten, wobei das Ziel darin bestand, den freien Warenverkehr im europäischen Binnenmarkt für Druckgeräte zu ermöglichen – vom Schnellkochtopf über Taucherflaschen, bis hin zu (nicht kerntechnischen) Anlagen. Nach einer erneuten Überarbeitung gilt heute die Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU (DGRL), deren Umsetzung seit 2016 verpflichtend ist. Seitdem gibt es eine klare Trennung für die Hersteller und Betreiber überwachungsbedürftiger Anlagen. Während die Druckgeräterichtlinie die Einstufung für die sichere Herstellung auf dem europäischen Markt geprüfter Druckgeräte nach europäischem Recht festlegt, gilt für alle Betriebe innerhalb Deutschlands, die diese Geräte einsetzen, die sogenannte Betriebssicherheitsverordnung nach deutschem Recht.

Relevante Vorschriften und deren Unterschiede

Die Zuständigkeiten im Bereich der Druckgerätesicherheit lassen sich durch die Druckbehälterrichtlinie und die Betriebssicherheitsverordnung klar in die der Hersteller und die der Betreiber unterteilen.

Sowohl die Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU als auch die Betriebssicherheitsverordnung sind zwei voneinander getrennt zu sehende Vorschrifen, die beide für den nötigen Schutz bei der Arbeit mit Druckgeräten sorgen. Im Prozess von der Herstellung eines Druckgerätes bis zur Inbetriebnahme sind die zu beachtenden Vorschriften klar definiert.

Der Hersteller – Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU

Hersteller von Druckgeräten müssen sich an die Regularien der Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU halten. Sie sind dadurch dazu verpflichtet, und das sagt auch das in Deutschland geltende Produktsicherheitsgesetz, ausschließlich geprüfte Ware auf den europäischen Markt zu bringen. Jedes Produkt muss demzufolge über eine CE-Kennzeichnung, eine Konformitätserklärung des Herstellers sowie eine Betriebsanleitung verfügen. Übrigens auch dann, wenn dieses Produkt aus Nicht-EU-Ländern importiert wird.

Der Betreiber – Betriebssicherheitsverordnung

Für Betreiber von Druckgeräten wird bereits mit der Inbetriebnahme die Betriebssicherheitsverordnung wichtig. Diese ist vergleichbar mit der früheren Dampfkesselverordnung und wirkt auf der Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes. Dem zugrunde liegt die Pflicht eines jeden Arbeitgebenden, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geprüfte Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen und vor auftretenden Gefahren zu schützen. Er muss demnach für jedes angeschaffte Gerät ein Gefahrenpotential ermitteln und entsprechende Vorkehrungen und Maßnahmen ableiten.

Dies gilt nur für Geräte, die einem maximal zulässigen Druck von mehr als 0,5 bar ausgesetzt sind. Alle Geräte, die weniger Druck aushalten müssen, weisen kein bedeutendes Risiko auf.

Gefährdungspotentiale

Im Falle der Druckgeräte gibt es für die Ermittlung und Einordnung des Gefährdungspotentials gesetzlich definierte Grenzwerte, die sich an einem mathematischen Wert orientieren und für das gesamte weitere Vorgehen maßgebend sind. Dieser Wert ist das sogenannte Druckinhaltsprodukt. Errechnet aus dem zulässigen Druck und mit dem Volumen des Behälters multipliziert. Haben Sie beispielsweise einen mit zehn bar betriebenen 50 Liter Druckbehälter, so beträgt das Druckinhaltsprodukt 500 (50x10=500). Abhängig von diesem Wert werden unterschiedliche Gefährdungspotentiale definiert, die für die Inbetriebnahme und Prüfung von Druckgeräten grundlegend sind.

  • Höheres Gefährdungspotential:
    Liegt das Druckinhaltsprodukt des Gerätes über 200, muss es durch eine sachverständige Prüfperson einer Prüforganisation (z. B. TÜV NORD) erstmalig vor Inbetriebnahme geprüft werden. Für die wiederkehrende Prüfung liegt der Grenzwert für höheres Gefährdungspotential über 1000.
  • Geringes Gefährdungspotential:
    Liegt das Druckinhaltsprodukt zwischen 50 und 200, kann das Gerät durch eine befähigte Person (bP) eingerichtet und fortlaufend geprüft werden. Diese bP muss zuvor zumindest durch den Arbeitgebenden festgelegt werden. Bei der wiederkehrenden Prüfung kann die befähigte Person Geräte mit einem Druckinhaltsvolumen von bis zu 1000 prüfen.
  • Wenig Gefährdungspotential:
    Bis zu einem Druckinhaltsprodukt von 50 gibt es keine konkreten Vorgaben zur prüfenden Person. Hier agiert der Arbeitgebende in völliger Eigenverantwortung. Das Gefährdungspotential muss trotzdem durch den Arbeitgebenden ermittelt werden.

Jedes Druckgerät, das in einem Unternehmen in Betrieb genommen wird, muss vor seiner Aufstellung durch eine dafür zuständige Person geprüft werden. Dabei gilt es festzustellen, ob Zusammenschlüsse passen, der Behälter korrekt gegen Überdruck abgesichert ist und die richtigen Sicherheitsventile verwendet wurden. Je nach Gefährdungspotential sind für diese Einschätzungen befähigte Personen oder Sachverständige einer zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) zuständig. Wird anfangs durch eine Prüfperson einer ZÜS geprüft, händigt diese eine Bescheinigung über die Prüfung vor Inbetriebnahme aus.

Ist ein Gerät erfolgreich im Unternehmen installiert, muss es spätestens alle fünf Jahre einer inneren Prüfung und alle zehn Jahre einer Druckprüfung unterzogen werden. Bei der inneren Prüfung wird der Behälter (alle fünf Jahre) drucklos gemacht, damit die Prüfperson in den Behälter hineinschauen, den Korrosionsfortschritt richtig bewerten und Stellen, die undicht werden könnten, ausfindig machen kann. Alle zehn Jahre findet ergänzend dazu eine Druckprüfung statt, wobei der Behälter zu 100 % mit Wasser gefüllt wird und durch eine Druckpumpe 130 % seines zugelassenen Drucks ausgesetzt wird. Hierbei wird auf Verbiegungen, Verformungen oder undichte Stellen geachtet.

Bei einem Druckinhaltsprodukt von bis zu 1000 können wiederkehrende Prüfungen durch eine befähigte Person durchgeführt werden. Liegt der Wert über 1000 muss eine sachverständige Person einer zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) hinzugezogen werden.

Umsetzung der aktuellen Vorschriften im Betrieb

Druckgeräte sind in den unterschiedlichsten Betrieben zu finden. Von der Autowerkstatt, die Reifendruck misst, über Wäschereien mit Dampfkesseln, Lebensmittelhersteller mit Kühlanlagen bis hin zu Anlagen im Versandhandel, der Möbel- oder Getränkeindustrie. Es lassen sich die unterschiedlichsten Druckgeräte finden, die fachgerecht installiert und in regelmäßigen Abständen durch befähigtes Personal oder eine sachverständige Person geprüft werden müssen.

Die volle Verantwortung für die Umsetzung der Betriebssicherheitsverordnung liegt stets in den Händen des Arbeitgebenden. Dieser muss Gefährdungspotentiale feststellen und entsprechend für die Sicherheit seiner Arbeitnehmenden sorgen. Er muss die wiederkehrenden Prüfungen (alle fünf Jahre) durch eine eigens dazu befähigte Person des Unternehmens oder eine sachverständige Person von Prüforganisationen durchführen lassen. Befähigt der Arbeitgebende eine Person seines Unternehmens zur Prüfperson, so ist der Arbeitgebende auch selbst für die Schulung der Mitarbeitenden zuständig. Er kann diesen Mitarbeitenden in Eigenverantwortung mit den Prüfregularien vertraut machen, im Falle eines Schadens wird allerdings der Nachweis eines Zertifikats notwendig sein. Der sichere Weg geht hier also immer über eine Ausbildung zur „Befähigten Person zur Prüfung von Druckbehältern und Rohrleitungen“ (bspw. 4-tägiges TÜV NORD Seminar), verpflichtend ist diese Ausbildung durch die Vorschriften allerdings nicht. Neben dieser, wenn auch nicht verpflichtenden Weiterbildung, muss eine befähigte Person über eine technische Ausbildung und langjährige Berufserfahrung mit Druckgeräten verfügen. Für den Arbeitgebenden wird es außerdem wichtig sein, dass er dieser Person zuverlässig die Betreuung entsprechender Objekte übertragen kann.

Wer haftet bei Schäden?

Sollte es trotz aller Sicherheitsvorkehrungen und Einhaltung der Prüfabstände zu einem Unfall kommen, schlimmstenfalls mit Personenschaden, haftet immer der Arbeitgebende. Er hat damit gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verstoßen und muss sich allumfassend vor der Staatsanwaltschaft für das Vergehen rechtfertigen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss der Arbeitgebende benennen können, wer die prüfende Person oder Instanz war. Bei durch ihn befähigte Personen wird dann auch ein Nachweis gefordert.

Qualifizierung und Weiterbildung zur befähigten Person

Um eine befähigte Person für die Druckgeräteprüfung werden zu können, braucht es vor allem das Vertrauen des Vorgesetzten und die nötige Sachkunde. Diese kann entweder durch den Arbeitgebenden oder eine gezielte Schulung vermittelt werden. Somit ist die befähigte Person, aber vor allem auch der Arbeitgebende, im Falle eines Schadens auf der sicheren Seite. Dazu bietet sich das viertägige Seminar, „Befähigte Person zur Prüfung von Druckbehältern und Rohrleitungen“, abgeschlossen durch eine bestandene Erfolgskontrolle, an. Diese Veranstaltung richtet sich an speziell unterwiesene Personen und Mitarbeitende, die anschließend mit den vorgeschriebenen Überprüfungen von Druckbehältern und Rohrleitungen beauftragt werden können.

Laut Einschätzung unseres Experten ist eine Auffrischungsausbildung nach drei Jahren zu empfehlen. Wenn Sie auch in der Zwischenzeit auf dem Laufenden bleiben möchten, empfiehlt er außerdem, den Newsletter der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) zum Thema Arbeitsrecht zu abonnieren.

Wir möchten noch einmal darauf hinweisen, dass, auch wenn die Ausbildung nicht verpflichtend ist, ein Nachweis dieser Qualifikation im Schadenfall zu erbringen ist.

Wenn Sie sich die komplette Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU durchlesen möchten, können Sie diese jederzeit kostenlos herunterladen. Die Betriebssicherheitsverordnung finden Sie unter anderem auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.