Der international anerkannte Qualitäts- und Sicherheitsstandard für Zwischenhändler und Importeure wurde aktualisiert: Die neue Version des IFS Broker kommt mit zusätzlichen Anforderungen – und gilt seit Januar 2020.
Aktuelle Trends in Handel und Brokering
Rohstoffe und Produkte werden über immer komplexere Wege und aus unterschiedlichsten Quellen beschafft. Handelsagenturen, Zwischenhändler und Importunternehmen sind aus diesen globalen Lieferketten nicht wegzudenken. Speziell für sie wurde ein internationaler Qualitätsstandard entwickelt: der International Featured Standard (kurz: IFS) Broker. Er soll die lückenlose Sicherheit von Lebensmitteln, Körperpflege- und Haushaltsprodukten zwischen Herstellern und Einzelhändlern garantieren. Jetzt ist die dritte Auflage des Standards in Kraft. Bis zum 30.06.2020 gibt es eine Übergangsphase, in der sich Unternehmen entweder nach Version 2 oder Version 3 zertifizieren lassen dürfen. Ab 01.07.2020 werden IFS Broker Audits nur noch nach Version 3 durchgeführt. Der neue IFS Broker ist deutlich umfangreicher. Unter anderem beschreibt ein zusätzlicher fünfter Teil die Möglichkeit, Audits auch unangekündigt durchführen zu lassen. Im zweiten Teil, der Liste der Anforderungen, gibt es zahlreiche Änderungen: Fast die Hälfte der bisher 84 Anforderungen wurde aktualisiert, 17 neue sind hinzugekommen. Bestand hat die Anzahl von acht K.-o.-Anforderungen, von denen sich zwei jedoch geändert haben (Nr. 1.2.2 und 2.3.1).
Die wesentlichen Änderungen im Überblick
Neu aufgenommen in die Liste der Anforderungen wurde die sogenannte Produktsicherheitskultur (PSC). Verschiedene Anforderungen sind jetzt konkret benannt, der Fokus liegt auf Sensibilisierung, Kommunikation und kontinuierlicher Verbesserung.
- Die Leitung muss sich in der Qualitätspolitik zur PSC verpflichten (Kap. 1.1.1).
- Die Qualitätsziele wurden als Anforderung aufgenommen (Kap. 1.1.2).
Die Unternehmensleitung muss künftig im Managementreview auch die PSC, die Qualitäts- und Produktsicherheitspolitik und ihre Ziele berücksichtigen.
- Der Begriff „HACCP“ (kurz für: „Hazard Analysis And Critical Control Points“) wurde in der Kapitelüberschrift gestrichen
- Die K.-o.-Anforderung Nr. 2 wurde gekürzt (2.3.1) und teilweise als separater Punkt 2.3.2 aufgenommen.
- Lieferanten der Broker benötigen ein Risikomanagementsystem, bei Lebensmittelproduzenten ist ein HACCP-System gemäß Codex Alimentarius gefordert (2.3.2).
- Die Anforderungen an das Risikomanagement-System wurden genauer formuliert (2.3.3 bis 2.3.9). Zum Beispiel müssen Unternehmen künftig ein Team benennen, Beschreibungen der Broker-Dienstleistungen und Produkte formulieren, ein Fließdiagramm ihrer Broker-Tätigkeiten erstellen und eine Gefahrenanalyse durchführen. Ferner sind Kontrollmaßnahmen und dabei anzuwendende Grenzwerte festzulegen und zu validieren. Die Überwachungsverfahren müssen festgelegt und umgesetzt werden, dies beinhaltet auch Korrekturmaßnahmen und die Berücksichtigung nichtkonformer Produkte. Die regelmäßige Prüfung des Systems auf Aktualität bzw. Anpassung bei Änderungen schließt die Forderungen ab.
- Hier wurde präzisiert, dass sowohl Produkte von Eigenmarken als auch von Kundeneigenmarken nach den Prinzipien der Risikobewertung zu entwickeln sind, einschließlich Lebensmittelbetrug. Für Lebensmittel ist ein HACCP-System nach dem Codex Alimentarius gefordert (4.3.1).
- Außerdem wurde ergänzt, dass vom Kunden festgelegte Produktanforderungen einzuhalten sind (4.3.7) und Aufzeichnungen zur Produktentwicklung (die für Produktsicherheit, -legalität und -qualität relevant sind) vorliegen müssen (4.3.8).
Es wurde präzisiert, für welche Art von Verpackungen die Anforderungen gelten: für die von Importprodukten, Eigenmarken und Kundeneigenmarken, die einen Einfluss auf das Produkt haben können.
Ein neues Kapitel mit fünf Anforderungen widmet sich dem Thema Lebensmittelbetrug:
- Es sind kompetente Verantwortliche zu benennen, die das Management unterstützt (4.7.1).
- Broker müssen künftig für alle eingekauften Produkte einschließlich Verpackungen eine Schwachstellenanalyse („Vulnerability Assessment“) durchführen und dokumentieren. Anhand festgelegter Kriterien sollen sie Risiken wie Austausch, Fehletikettierung, Verfälschung oder Imitation der Produkte ermitteln (4.7.2).
- Auf Basis dieser Schwachstellenanalyse ist ein Plan zu entwickeln, um Lebensmittelbetrug zu bekämpfen und die ermittelten Risiken zu kontrollieren. Kontroll- und Überwachungsmethoden sind festzulegen und anzuwenden (4.7.3).
- Die Schwachstellenanalyse muss mindestens einmal pro Jahr sowie bei wichtigen Veränderungen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden (4.7.4).
- Broker müssen sicherstellen, dass ihre Lieferanten ebenfalls Schwachstellenanalysen für Lebensmittelbetrug durchführen und einen Plan haben, wie sie die Risiken beherrschen (4.7.5).
Die Anforderung zum Verifizieren und Dokumentieren von Korrekturmaßnamen entfällt (5.1.5).
Die Anforderung 5.4.2 wurde neu formuliert, entspricht aber der Vorversion.
Aufgenommen wurde die sogenannte Ursachenanalyse für Nichtkonformitäten (5.7.1).
- Die neue K.-o.-Anforderung Nummer eins ist, dass die Geschäftsleitung für Unternehmenspolitik und -ziele verantwortlich ist und dafür die notwendigen Ressourcen und Investitionen bereitstellt (1.2.2 statt bisher 1.2.3).
- Es besteht jetzt eine Informationspflicht gegenüber der Zertifizierungsstelle im Falle eines Produktrückrufs (binnen von drei Werktagen) sowie bei einer Änderung der Unternehmensbezeichnung oder des Standortes (1.2.7).
Die neue Reihenfolge der Unterkapital lautet: 2.1 Anforderungen an die Dokumentation, 2.2 Lenkung von Aufzeichnungen und 2.3 Risikomanagementsystem. Die Kapitel 2.1 und 2.2 sind inhaltlich nahezu unverändert.
Das Unternehmen soll künftig auf Basis der Arbeitsplatzbeschreibungen eine Übersicht über den Schulungsbedarf seiner Mitarbeiter erstellen (3.2). Die Schulungen müssen dokumentiert (3.3) und die Inhalte regelmäßig überprüft sowie aktualisiert werden (3.4.).
- Die Anforderungen an das Lieferantenmanagement gelten jetzt auch für Dienstleistende (4.4.2 und 4.4.6).
- Die Bewertungskriterien bei Lieferantenzuverlässigkeit und Reklamationen wurden um den Punkt „inkl. Betrug“ ergänzt (4.4.3).
- Lieferanten können künftig auch nach einem anderen von der GFSI anerkannten Standard als dem IFS zertifiziert sein, wenn er den jeweiligen Tätigkeitsbereich abdeckt. Ausnahmen muss der Kunde ausdrücklich zustimmen (4.4.4).
- Beim Test der Rückverfolgbarkeit in beide Richtungen wurde die Formulierung „vom Lieferanten des Brokers bis hin zum Kunden (inkl. Logistikdienstleister und umgekehrt“ ergänzt (4.6.2).
- Neu ist die Anforderung, dass eine vollständige Rückverfolgbarkeit vom letzten Verarbeitungsschritt des Produkts bis zur Auslieferung an den Kunden gewährleistet sein muss (4.6.3).
Die Forderung, die Absicherung der Produktqualität in Dienstleistungsverträgen festzuschreiben, wurde ergänzt um die Klausel „inklusive Produktschutz“ (4.8.1). Dienstleister können künftig statt nach dem IFS Logistik auch nach einem anderen, von der GFSI anerkannten Standard für den jeweiligen Tätigkeitsbereich zertifiziert sein (4.8.2).
Die bisherige Anforderung wurde zweigeteilt, ist aber im Wesentlichen mit der Vorversion identisch.
Statt „fehlerhafte Produkte“ heißt es jetzt „nicht-konforme Produkte“. Aus „bereits verpackte Produkte oder Verpackungsmaterialien“ wurde „Endprodukte (einschließlich Verpackung)“ und aus „Ausnahmen sind schriftlich mit dem Vertragspartner vereinbart“ wurde „liegt eine schriftliche Genehmigung des Markeneigners vor“ (5.6.5).
Die bisherigen Anforderungen gelten jetzt auch für Logistikdienstleister. Außerdem müssen Lieferanten und Logistikdienstleister einen Plan für den Produktschutz haben, mit dem sich die identifizierten Risiken verringern lassen.
Neu: Teil 5 – Unangekündigte Audits
Wie beim IFS Food gibt es jetzt auch beim IFS Broker die Option auf ein unangekündigtes Audit. Die Details sind im neuen Teil 5 des Standards festgelegt:
Vorbereitung
- Der Broker muss das Audit vor einem bestimmten Zeitfenster bei der Zertifizierungsstelle anmelden (1.1).
- Das Audit wird in einem Zeitfenster von 18 Wochen durchgeführt. Es beginnt 16 Wochen vor dem Fälligkeitsdatum (der Jahrestag des Erst-Audits) und endet zwei Wochen danach (1.2).
- Bei der Anmeldung kann man Sperrzeiten festlegen, in denen das Audit nicht stattfinden darf: maximal 10 Tage (aufgeteilt in bis zu 3 Abschnitte) sowie weitere Tage, an denen die Betriebsstätte für die Prüfung nicht zur Verfügung steht (1.2).
- Bei der Anmeldung ist eine Kontaktperson zu benennen (1.3).
- Das unangekündigte Audit dauert so lange wie das angekündigte (1.5). Einen Auditplan vorab gibt es nicht, während des Audits wird ein Entwurf verwendet und wenn nötig angepasst (1.6).
Durchführung, Bericht und Zertifikat
Am Tag des Audits steht die Auditorin oder der Auditor unangekündigt vor der Tür und verlangt nach der Kontaktperson. Nach kurzer Abstimmung beginnt das Audit, der Ablauf ist vergleichbar mit dem des angekündigten Audits – es werden die Anforderungen des IFS Broker Standards Teil 2 auditiert und bewertet. Auch der Bericht und das Zertifikat sind identisch, allerdings ist darin die Option „Unangekündigt“ deutlich vermerkt. Weitere Informationen zum Standard finden Sie hier.
Fachbeitrag Barbara Siebke
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